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Empfang mit Alphörnern: Schweizer «Europameister der Herzen»

Zurück in der Schweiz. Die Nati-Helden sind in der Heimat. Dort werden sie bejubelt und gefeiert. Aber wie geht es weiter nach einer EM, bei der die Mannschaft einen positiven Eindruck hinterlassen hat?
Empfang
Die Schweizer Nationalmannschaft wurde am Flughafen in Zürich mit Alphörnern empfangen. © Ennio Leanza/KEYSTONE/dpa

Ein paar hundert Fans jubelten und feierten ihre Nati-Helden, ein Alphorn-Ensemble spielte auf.

Schon auf dem Charterflug von St. Petersburg nach Zürich dürfte den Schweizer Nationalspielern hoch über den Wolken trotz Müdigkeit nach den EM-Strapazen mit zwei Elfmeter-Dramen binnen einer Woche endgültig klar geworden sein, welche Botschaft Bundespräsident Guy Parmelin per Twitter an die Mannschaft gerichtet hatte: «Bravo für die schöne Reise. Ihr habt uns zum Träumen gebracht.»

Es waren Remo Freuler, der im Viertelfinale gegen Spanien in der 77. Minute eine nicht unumstrittene Rote Karte gesehen hatte, und Top-Vorbereiter Steven Zuber, die die Mannschaft anführten, als sie den Flieger auf dem Rollfeld teilweise schwer bepackt über einen Roten Teppich verließen. Bei aller Enttäuschung aber vor allem mit einem dauerhaften Gefühl, etwas Größeres geleistet zu haben.

Gladbach-Keeper Sommer stolz

«Worte können nicht beschreiben, wie stolz ich bin, Teil dieser Schweizer Nati zu sein und darauf, was wir zusammen auf dieser epischen Reise erlebt haben», schrieb Torwart Yann Sommer mit etwas Abstand zum bitteren Aus trotz erneuter Glanztaten des Keepers von Borussia Mönchengladbach. «Er hätte die Auszeichnung als wertvollster Spieler verdient gehabt», betonte Spaniens Keeper Unai Simón, der indes zum «Star of the Match» in St. Petersburg gekürt worden war.

Vier Tage nach dem Elfmeterschießen gegen den Weltmeister Frankreich hatten sich fast 50 Minuten lang nur noch zehn Schweizer erneut in die Entscheidung vom Punkt gerettet - und 1:3 verloren. «Unsere Herzen sind größer als elf Meter!», schrieb die Boulevardzeitung «Blick» am Samstag.

Es waren Schweizer Kämpferherzen, die es überhaupt soweit gebracht hatten. 1:3 zurückgelegen gegen Frankreich, 0:1 gegen Spanien - und das komplett ohne den gesperrten Kapitän Granit Xhaka und den nach gut 20 Minuten verletzten Breel Embolo. Das unglückliche Eigentor von Gladbach Denis Zakaria, dazu der am Boden zerstörte Augsburger Ruben Vargas, der den letzten Schweizer Elfmeter über das spanische Tor schoss. Keine Vorwürfe, keine Schuldzuweisungen. «Meine Spieler waren die Helden des Abends. Wir hätten es verdient gehabt, ins Halbfinale einzuziehen», betonte Petkovic.

Presse euphorisch

Diskussionen um Friseure und gefärbte Haare, Diskussionen über Identifikation und Integration - passé. Nebenschauplätze - vergessen. «Diese Mannschaft hat ein ganzes Land mit purem Stolz und Freude erfüllt. Von jung bis alt, von links bis rechts. Für ein paar Stunden gab es in dieser Woche nur noch Nati-Euphorie», hieß es bei «20 Minuten». «Nichts hat die Eidgenossenschaft in jüngster Zeit derart aufgewühlt wie dieser größte Erfolg einer Schweizer Nati seit 67 Jahren», betonte der «Blick» nach dem ersten Viertelfinale einer Schweizer Mannschaft bei einer EM oder WM seit 1954.

«Die Leistungen in den vergangenen zwei Wochen sind das Beste, was der Schweizer Fußball seit Jahrzehnten erlebt hat. Sie haben die Mannschaft und die Bevölkerung zusammengebracht, wie das lange nicht mehr der Fall gewesen ist», schrieb der «Tages-Anzeiger». Eine Mannschaft schweißt eine Nation zusammen. «Keiner hat sich mehr gekümmert, wer welchen Hintergrund hat, wer Secondo ist oder 'Schweizer-Schweizer', wie das Granit Xhaka einmal formuliert hat», ergänzte der «Tages-Anzeiger».

Nicht nur bei Tennis-Superstar Roger Federer hat die Schweizer Mannschaft mit ihren EM-Auftritten die Lust auf mehr entfacht. «Ich kann die Fußball-WM kaum erwarten», schrieb er bei Twitter.

Zukunft des Trainers offen

Wie es mit Trainer Petkovic weitergeht, ist allerdings offen. Zenit St. Petersburg soll Interesse haben. Auf eine entsprechende Nachfrage bekundete er nach dem EM-Aus nur, dass es sich um eine schöne Stadt handle. Fenerbahce Istanbul, ein weiterer potenzieller Interessent, habe einen Trainer. Und statt eines Bekenntnisses rettete sich Petkovic am Samstagmittag in einen Witz. «Ich habe immer gesagt, wenn jemand Beziehungen hat, kann er sich bei mir melden. Dann kriegt er meine Mailadresse und am Ende eine Provision», sagte er zu Journalisten: «Die einen kriegen 20 Prozent, die anderen weniger.»

Klar ist aber auch, dass diese Mannschaft Hoffnungen geschürt hat, sich dauerhaft in den oberen Regionen des europäischen Fußballs zu etablieren. «Ich habe viele Nachrichten aus aller Welt bekommen. Wir werden besser und sympathischer wahrgenommen. Aber von diesem Punkt aus will man unbedingt weitere Schritte nach vorne machen», sagte Petkovic: «Diese Mannschaft hat das Potenzial, sich weiter zu verbessern.»

© dpa ⁄ Jens Marx und Holger Schmidt, dpa
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