Die Fahrt dauerte der Polizei zufolge rund eine Stunde, und in dieser Zeit ereignen sich im Main-Tauber-Kreis Szenen wie aus einem Actionfilm. Ein Mann bringt am Silvesternachmittag einen Bagger in seine Gewalt, verwüstet damit Gebäude, zerstört Fahrzeuge, liefert sich kilometerweit eine Verfolgungsjagd mit der Polizei. Drei Beamte werden dabei verletzt. Schließlich schießt die Polizei auf den Baggerfahrer. Der Mann stirbt noch vor Ort.
Es ist gegen 13.30 Uhr in der kleinen fränkischen Stadt Grünsfeld im Nordosten Baden-Württembergs, als der Mann nach Polizeiangaben auf dem Gelände einer Baufirma einen Bagger in seine Gewalt bringt und damit Gebäude und Fahrzeuge auf dem Gelände beschädigt. Wie er sich Zugang zum Bagger verschafft hat, ist noch unklar. Er habe das komplette Bauinventar dort zerstört, berichtet eine Sprecherin.
Wilde Verfolgungsjagd
Um 13.35 Uhr ruft ein Zeuge schließlich die Polizei. Streifenwagen fahren vor, versuchen den Mann mit dem Bagger zu stoppen. Doch der gibt Gas, fährt auf die Bundesstraße Richtung Tauberbischofsheim, der Ort liegt ein paar Kilometer entfernt. Eine Verfolgungsjagd zwischen dem Bagger und den Einsatzkräften beginnt.
Dabei seien die Streifenwagen dem Bagger hinterhergefahren, hätten sich ihm aber nicht in den Weg gestellt, berichtet eine Polizeisprecherin am Abend der dpa. «Einem Bagger einen Streifenwagen in den Weg zu stellen - da können sie sich selber vorstellen, wie sinnvoll das ist.» Mindestens vier Streifenwagen seien beschädigt worden, wie viele zivile Wagen, ist offen.
Die Polizei bittet Zeugen und Geschädigte, sich zu melden. Die Ermittler haben ein Hinweisgeber-Onlineportal eingerichtet, über das Bilder und Videodateien von dem Geschehen hochgeladen werden können.
Erfolglose Reanimation
Der Mann sei mit dem Bagger die ganze Fahrt auf der Straße unterwegs gewesen und schließlich abgebogen auf das Gelände eines Autohauses, sagte eine Sprecherin. Gegen 14.22 Uhr, so heißt es nach ersten Angaben der Polizei, beenden Schüsse die Fahrt. In einer späteren Mitteilung ist davon die Rede, dass es gegen 14.45 Uhr zu dem polizeilichen Schusswaffengebrauch kam.
«Während der Verfolgung gaben mehrere Polizeibeamte Schüsse auf das Fahrzeug ab, um dieses zu stoppen, nachdem Lautsprecherdurchsagen erfolglos geblieben waren. Als der Mann seine Fahrt vom Autohaus erneut fortsetzen wollte, gaben die Beamten letztendlich auch Schüsse auf ihn ab», heißt es am späteren Abend in einer Mitteilung der Ermittler.
Der Mann wird an Ort und Stelle reanimiert, stirbt aber trotzdem an seinen Verletzungen. Wie viele Schüsse fallen, konnte eine Sprecherin nicht beantworten. Das Landeskriminalamt Baden-Württemberg ermittelt zum Schusswaffengebrauch der Beamten. Es bestehe keine Gefahr mehr für die Bevölkerung, sagte eine Sprecherin nach dem Vorfall.
Auf Videos, die im Netz kursieren, ist ein gelber Bagger zu sehen, der durch Tauberbischofsheim fährt, an einer Tankstelle vorbei, Schüsse sind zu hören. Auf einem weiteren Video sieht man, wie der Bagger sich immer wieder um die eigene Achse dreht, Beamte umkreisen das Gefährt und feuern Schüsse ab.
Der Hintergrund der Tat ist unklar. Die Polizei schreibt auf X zunächst von einer «mutmaßlichen Amokfahrt», spricht von einem «Amokfahrer». In einer ersten Pressemitteilung, die etwas später veröffentlicht wird, ist davon nicht mehr die Rede.
Der Mann, so viel weiß man schon, ist ein 38-jähriger Deutscher. Ob der Baggerfahrer etwas mit der Baufirma zu tun hat, auf deren Gelände er zunächst wütete, war zunächst unklar. Die Polizei geht derzeit nicht von einem politischen Hintergrund aus. Ob eine psychische Erkrankung hinter dem Vorfall steckt, konnte eine Sprecherin zunächst nicht sagen. Die Spurensicherung vor Ort sei in vollem Gange, sagte eine Sprecherin am Abend.
Polizeigewerkschaft: Extrem dynamische und gefährliche Situation
Drei Polizisten sind leicht verletzt worden. Zuvor hatte die Polizei von einer schwer verletzten Beamtin berichtet. Eine Beamtin sei bei dem Vorfall eingeklemmt worden, sie habe aber zwischenzeitlich das Krankenhaus verlassen können. Zwei weitere männliche Beamte seien ebenfalls verletzt worden, einer habe eine Schnittverletzung an der Faust, der andere ein Knalltrauma erlitten. Alle drei Beamten sind demnach dienstunfähig.
Die Gewerkschaft der Polizei lobte den Einsatz der Beamten vor Ort. «Die eingesetzten Kräfte haben in einer extrem dynamischen und gefährlichen Situation professionell gehandelt und damit Schlimmeres verhindert», sagte der stellvertretende Landesvorsitzende der GdP in Baden-Württemberg, Thomas Mohr. «Es ist tragisch, dass am Ende ein Menschenleben zu beklagen ist, doch die Polizei hatte die Verantwortung, weitere Opfer zu verhindern und die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.»