Dass Rauchen gesundheitsschädlich ist und potenziell tödlich, ist allgemein bekannt. «Es gibt kaum eine Erkrankung, die nicht negativ mit Zigarettenrauch korreliert», sagt Ulrich Laufs vom wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung und Direktor der Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig. Doch obwohl Zigaretten nachweislich Tumore, Schlaganfälle und Herzinfarkte verursachen, fällt der Rauchstopp vielen Menschen schwer.
Eine Studie zeigt, dass sich der Verzicht auf Zigaretten auch nach der Diagnose einer stabilen koronaren Herzkrankheit noch lohnt - und das Risiko für schwere Herz-Kreislauf-Ereignisse wie Infarkte erheblich senkt. «Eine stabile koronare Herzkrankheit entsteht, wenn die Herzkranzgefäße durch Kalkablagerungen verengt sind», erklärt Laufs. Stabil bedeute in dem Zusammenhang, dass noch keine lebensbedrohlichen Herz-Kreislauf-Vorfälle durch einen Verschluss von Blutgefäßen verursacht wurden, etwa Herzinfarkte oder Schlaganfälle.
In der Untersuchung fanden Forscher heraus, dass sich das Risiko für solch gefährliche Ereignisse in einem Zeitraum von fünf Jahren fast halbierte (44 Prozent), wenn Patienten nach der Diagnose mit dem Rauchen aufhörten. Dagegen zeigte sich bei Rauchern, die ihren Zigarettenkonsum lediglich reduziert hatten, kein deutlicher Risikounterschied im Vergleich zu denen, die diese Gewohnheit beibehielten.
Wenn nicht nach einer Diagnose - wann dann?
Besonders wichtig sei das erste Jahr nach der Diagnose, sagt Studienautor Jules Mesnier vom Hospital Bichat-Claude Bernard in Paris. Von jenen Teilnehmern, die nach der Diagnose das Rauchen stoppten, wurden 73 Prozent in diesem Zeitraum abstinent und senkten so ihr Risiko für Herzinfarkte und andere schwerwiegende Herz-Kreislauf-Vorfälle deutlich.
Dass fast drei Viertel jener Patienten, die nach der Diagnose nicht mehr weiterrauchten, das Laster gleich im ersten Jahr ablegten, ist für den Kardiologen Harm Wienbergen vom Klinikum Links der Weser in Bremen eine logische Konsequenz: «Nach so einer lebensbedrohlichen Schockdiagnose ist die Motivation, mit dem Rauchen aufzuhören, besonders hoch.»
Patienten sollten vor allem zur Zeit der Diagnose bei der Herausforderung, mit dem Rauchen aufzuhören, unterstützt werden. Ihnen zu sagen, dass sie ihr Risiko für ein «schweres Ereignis oder den Tod um die Hälfte senken können», sei eine starke Botschaft, betont Mesnier.
Obwohl Ex-Raucher im Vergleich zu aktiven Rauchern schnell eine deutliche Reduzierung ihres Risikos für Herzinfarkte und andere kardiovaskuläre Ereignisse erzielten - das Risiko-Niveau von Nichtrauchern erreichten sie der Studie zufolge auch Jahre später nicht.
Doch für jene Patienten, die der Zigarette treu blieben, stieg das Risiko für gravierende Vorfälle mit jedem weiteren Jahr im Mittel um acht Prozent. «Ein Herzinfarkt kann zu lebenslanger Herzschwäche und Herzklappenfehlern führen, weil das Herz in seiner ganzen Funktion geschädigt wird», sagt Wienbergen.
Und wer aufhört zu rauchen - oder gar nicht erst anfängt -, tue nicht nur seinem Herzen etwas Gutes, ergänzt er. Nichtrauchen senke nicht nur das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall, sondern unter anderem auch für Demenz und Diabetes.
Experte: Nichtraucher-Umfeld hilft beim Aufhören
Damit Raucher, ob herzkrank oder nicht, ihren Tabakkonsum beenden, sollte das unmittelbare Umfeld aus Nichtrauchern bestehen, empfiehlt Laufs: «Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand es schafft, mit dem Rauchen aufzuhören, korreliert damit, ob in seinem Umfeld geraucht wird.» Für manche Patienten komme auch eine medikamentöse Unterstützung oder eine Nikotinersatztherapie infrage.
«Ich sage meinen Patienten gerne, dass es nie zu früh oder zu spät ist, um mit dem Rauchen aufzuhören», betont Mesnier. «Aber je früher ein Patient das stoppt, desto besser ist es für das Herz-Kreislauf-Risiko.»
Die Studie, die auf dem diesjährigen Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) Ende August in London präsentiert wurde, wertete Daten von 32.378 Patienten aus, die im Durchschnitt 6,5 Jahre nach der Diagnose einer koronaren Herzkrankheit aufgenommen wurden. Von ihnen hatten rund 13.400 Teilnehmer (41,3 Prozent) nie geraucht, fast 15.000 (46,2 Prozent) waren ehemalige Raucher, und etwa 4.000 (12,5 Prozent) rauchten weiter.