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Aufstieg im Osten: AfD und BSW saugen den Protest auf

Die Landtagswahlen im Osten haben gezeigt: Mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht hat sich eine neue Partei etabliert, die der AfD richtig weh tut. Was heißt das für die nächste Bundestagswahl?
Nach der Landtagswahl in Brandenburg - AfD
Nach der Landtagswahl in Brandenburg - AfD
Nach der Landtagswahl in Brandenburg - BWS

Mit AfD und BSW mischen zwei populistische Parteien die politische Landschaft in Deutschland auf und haben dabei doch ganz unterschiedliche Rollen. Während die AfD nicht aus ihrer Isolation herausfindet, ist beim Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bislang nicht ganz klar, wo die Reise hingeht. 

Das Konzept der «Brandmauer» gegen die AfD werde dauerhaft nicht funktionieren, prophezeit die AfD-Parteivorsitzende, Alice Weidel. Doch Anzeichen dafür, dass sich an der ablehnenden Haltung der anderen Parteien gegenüber ihrer in Teilen rechtsextremistischen Partei perspektivisch etwas ändern wird, gibt es bislang nicht. 

Weder in Thüringen noch in Sachsen oder in Brandenburg besteht für die AfD nach den jüngsten Landtagswahlen eine Aussicht auf eine Beteiligung an einer Regierung. Zwar haben sich in diesen drei Bundesländern jeweils rund 30 Prozent der Wähler für die AfD entschieden, deren Nachwuchs Lieder über Abschiebungen singt und sich «im Widerstand» wähnt. Doch auch wenn sich die anderen Parteien teils enorm verbiegen müssen, um ohne sie eine Koalition zu bilden - auf die AfD geht bisher niemand zu. 

AfD-Spitzenkandidat: BSW wird für «nicht ganz so krass» gehalten

Dass die strikte Ablehnung durch die etablierten Parteien nicht für das BSW gilt, sorgt in der AfD-Spitze für Frust. Das BSW werde gewählt von Leuten, «die den Kanal voll haben von CDU, SPD, Linken, Grünen», sagt Hans-Christoph Berndt. Mit ihm als Spitzenkandidaten war die AfD bei der Landtagswahl in Brandenburg am Sonntag mit 29,2 Prozent auf dem zweiten Platz hinter der SPD von Ministerpräsident Dietmar Woidke gelandet. Berndt, der im Wahlkampf einen Ausschluss von Asylbewerbern von Volksfesten forderte, analysiert, die BSW-Wähler glaubten: «Das BSW ist eine Alternative, die ist nicht ganz so krass, kann man wählen, ändert sich doch was.» Er hofft, dass die BSW-Wähler bald merken würden, dass sich mit dem BSW doch nichts ändere - «dann wird der Zauber ganz schnell verfliegen». 

Tatsächlich vertritt das BSW in der Migrationspolitik und in Bezug auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine ähnliche Positionen wie die AfD. Parteigründerin Sahra Wagenknecht forderte zum Beispiel zuletzt Maßnahmen zur Senkung der Asylzahlen, die sie selbst als «sehr radikal» bezeichnete: Sie verlangt eine Regel, «dass nur diejenigen in Deutschland noch ein Asylverfahren und auch Anspruch auf Leistungen haben, die nicht aus einem sicheren Drittstaat einreisen - und die Beweispflicht liegt beim Antragsteller». Bedeuten würde das: fast niemand mehr. Da dürfte die AfD glatt mitgehen.

BSW setzt einen anderen Ton - und grenzt sich gegen die AfD ab

Doch ist der Ton beim BSW ein anderer. Die frühere Linke Wagenknecht verwahrt sich gegen «Rassismus», sie gibt sich auch als Fürsprecherin der «gut integrierten» Zugewanderten. Und das BSW grenzt sich gegen die AfD ab. Die Co-Vorsitzende Amira Mohamed Ali bekräftigte am Montag, das BSW verstehe sich als «seriöses Angebot» an Wähler, die potenziell die AfD aus Frust wählen. Man wolle Leute von der AfD zurückgewinnen. «Es muss das Ziel sein, diese Partei zu schwächen», sagt Mohamed Ali.

In Thüringen und Brandenburg, aber auch in Sachsen geht bei der Mehrheitsfindung in den neuen Landtagen fast nichts mehr ohne die Wagenknecht-Partei. Dafür stellt sie Bedingungen, die für die potenziellen Partner CDU und SPD schwer zu schlucken sind: Die jeweilige Landesregierung soll sich für einen Kurswechsel in der Außenpolitik einsetzen. 

Scheitert eine Landeskoalition an der Außenpolitik?

Das betrifft vor allem die Ukraine. Das BSW lehnt Waffenlieferungen an Kiew ab und will die Ukraine zu Verhandlungen mit Russland drängen. Es betrifft aber auch den Plan, US-Mittelstreckenraketen in Deutschland zu stationieren. Auch da setzt das BSW ein striktes Nein. In beiden Punkten sind sowohl CDU als auch SPD anderer Meinung. Die Frage ist: Können die Koalitionen auf Landesebene wirklich an außenpolitischen Fragen scheitern, die gar nicht in Erfurt, Dresden oder Potsdam entschieden werden? Die Ansagen des BSW sind forsch, lassen aber auch Spielraum. 

Die Forderungen müssten «im Koalitionsvertrag einen Widerhall finden», sagt Mohamed Ali. Präziser wird sie nicht. Sie lässt sich auch nicht dazu ein, ob bei den ersten Gesprächen in Thüringen und Sachsen eine Annäherung zwischen BSW und CDU erreicht wurde. Es sei zu früh, das zu sagen. «Aber ausgeschlossen ist das nicht», sagt sie. Bisher gab es in den beiden Ländern nur Vorgespräche. Nun steht man an der Schwelle zu Sondierungen - was wiederum eine Vorstufe zu Koalitionsgesprächen wäre. Kurzum: Alles ist noch sehr vorläufig. 

Strategische Fragen für BSW und AfD

Für das BSW stellt sich dabei auch immer die Frage, ob die Partei mit einer Regierungsbeteiligung - und dem Aufprall in der harten Realität - gewinnt oder ob sie nicht doch mit bissigen Kommentaren von der Seitenlinie besser fährt als Vorbereitung für das eigentliche große Ziel: den Einzug in den Bundestag 2025 und das Mitmischen auf Bundesebene.

Für die AfD stellen sich ähnliche strategische Fragen. Führende Funktionäre der AfD sind zwar überzeugt, die AfD könne den Osten als Sprungbrett für einen bundesweiten Aufstieg nutzen. Und auch Co-Parteichefin Weidel meint mit Blick auf die nächste Bundestagswahl, die AfD müsse jetzt «Kurs halten». 

Doch einige der Narrative, mit den die Rechtspopulisten zurzeit im Osten erfolgreich auf Stimmenfang gehen, verfangen im Westen weniger stark. Das liegt vor allem am anderen Blick auf Russland. Es hat aber auch damit zu tun, dass die Einwanderung von Menschen, die mit Zuwanderern aus der sogenannten Gastarbeitergeneration am Band gestanden oder die Schulbank gedrückt haben, nicht so negativ besetzt ist wie im Osten, wo es zu DDR-Zeiten zwar die verordnete Völkerfreundschaft gab, aber weniger persönliche Begegnungen mit Menschen aus anderen Teilen der Welt.

© dpa ⁄ Anne-Beatrice Clasmann und Verena Schmitt-Roschmann, dpa
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