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Wahl im Iran: Duell zwischen Reformer und Hardliner

Der Iran steuert auf eine spannende Stichwahl zu. Die Politik der vergangenen Jahre hat das Vertrauen in die Regierung jedoch zerstört. Könnte ein moderater Präsident überhaupt etwas ändern?
Präsidentenwahl im Iran
Präsidentenwahl im Iran
Präsidentenwahl im Iran

Nach einer historisch schlechten Wahlbeteiligung im Iran gehen der moderate Präsidentschaftskandidat Massud Peseschkian und der Hardliner Said Dschalili in eine Stichwahl. Vor der Abstimmung am kommenden Freitag beginnt zunächst eine kurze Wahlkampfphase mit zwei TV-Duellen am Montag und Dienstag. Der unterlegene Parlamentspräsident Mohammed Bagher Ghalibaf, ebenfalls ein Konservativer, sprach Dschalili bereits seine Unterstützung zu.

Rund 61 Millionen Wählerinnen und Wähler waren am Freitag aufgerufen, einen neuen Regierungschef zu wählen. Von insgesamt 80 Bewerbern hatte der sogenannte Wächterrat, ein mächtiges islamisches Kontrollgremium, nur sechs als Kandidaten zugelassen. Zwei von ihnen zogen sich zurück. Die Wahlbehörde zählte insgesamt knapp mehr als 24 Millionen abgegebene Stimmen. Damit liegt die Wahlbeteiligung bei historisch schlechten 40 Prozent. 

Reformkandidat setzt auf bürgerliche Positionen

Peseschkian ist 69 Jahre alt und stammt aus dem Nordwesten. Im Wahlkampf warb der bisher eher unscheinbare Politiker für neues Vertrauen zwischen Regierung und Volk, das nach gescheiterten Reformversuchen, politischer Repression und einer Wirtschaftskrise von der Politik maßlos enttäuscht ist. Peseschkian wurde als einziger gemäßigter Politiker zugelassen. Wie viele Politiker des Reformlagers forderte er eine Verbesserung der Beziehungen zum Westen. 

Im Wahlkampf kritisierte der Politiker die Kopftuchpolitik und warb mit bürgerlichen Positionen für Stimmen. Gleichzeitig bekundete Peseschkian seine Loyalität für Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei, die mächtigen Revolutionsgarden und lobte den Angriff mit Drohnen und Raketen auf Israel. In den TV-Debatten bezeichnete er sich selbst als wertkonservativen Politiker, der Reformen für notwendig hält. 

Systemtreuer Kandidat Dschalili nur auf dem zweiten Platz

Der zweitplatzierte Dschalili gehörte früh zum engsten Machtzirkel und arbeitete im Büro des Religionsführers Chamenei. Unter dem umstrittenen früheren Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad war Dschalili Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen. Er genießt breite Unterstützung von radikalen und loyalen Systemanhängern. 

Der promovierte Politikwissenschaftler kommt aus der nordöstlichen Millionenmetropole und Pilgerstadt Maschhad. Im Iran-Irak-Krieg (1980-88) wurde der erzkonservative Mann an der Front verwundet und verlor einen Teil seines rechten Beins. Nach dem Krieg lehrte er in der Hauptstadt Teheran, bevor er eine Karriere im Außenministerium begann. Dschalili gilt als eiserner Verfechter der Ideologie der Islamischen Revolution im Iran.

Moderate Regierung hätte nur begrenzten Spielraum

Ein moderater Präsident hätte begrenzte Möglichkeiten, in der Regierung zu gestalten, sagt der Politikwissenschaftler Tareq Sydiq von der Marburger Universität. «Mit einem von Hardlinern dominierten Parlament, mit einem Obersten Religionsführer, der immer wieder signalisiert hat, dass eine zu moderate Politik eigentlich gar nicht erwünscht ist - da würde ich keinen großen Handlungsspielraum erwarten», erklärt der Iran-Experte. «Das beeinflusst natürlich auch den ansonsten geringen Enthusiasmus für diese Wahl.» Denn: Ein moderater Präsident dürfte seine Wahlversprechen kaum einhalten können.

Seit Jahren sei der Enthusiasmus für Wahlen gedrückt, sagt der Experte weiter. Er führt vor allem die verheerende Bilanz der vergangenen Regierungen, die Proteste und deren gewaltsame Unterdrückung sowie die politischen Repressionen gegen die Kopftuchverstöße an. «Das alles wird die Stimmung eher drücken, sowohl was politische als auch soziale Rechte angeht», sagt Sydiq. Die Erwartungen an eine Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Lage durch die Wahl dürften gering sein. Die Stimmung sei vor allem von «Ernüchterung und Hoffnungslosigkeit» geprägt.

Bekannter Sänger meldet sich zu Wort

Gut 60 Prozent der Wahlberechtigten blieben der Abstimmung fern. Auch der prominente Sänger Scherwin Hadschipur, der für seine Protesthymne «Baraye» mit einem Grammy ausgezeichnet worden war, wies in den sozialen Medien darauf hin. «Vor allem müssen wir die Stimme derjenigen hören, die nicht zur Wahl gegangen sind», schrieb er. Im März war der Sänger für seinen Song, der während der Aufstände im Herbst 2022 veröffentlicht wurde, nach eigenen Angaben zu drei Jahren und acht Monaten Haft verurteilt worden.

© dpa ⁄ Arne Bänsch, dpa
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