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Nach Tod von Raisi: Iran wählt neuen Präsidenten

Im Iran haben zwei Hardliner und ein moderater Bewerber gute Chancen auf das Präsidentenamt. So oder so wird der Einfluss des Wahlgewinners begrenzt sein.
Ali Chamenei
Irans Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei gibt bei der Eröffnung der Präsidentenwahl seinen Stimmzettel ab. © Vahid Salemi/AP

Nach dem Tod von Präsident Ebrahim Raisi wählt der Iran einen Nachfolger. Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei eröffnete die Wahl traditionell mit seiner Stimmabgabe im Zentrum der Hauptstadt Teheran. Die Präsidentenwahl steht im Zeichen einer schweren Wirtschaftskrise, Spannungen mit dem Westen und Frust über die Staatsmacht und Regierung, vor allem in der jüngeren Bevölkerung. Mit ersten Ergebnissen wird am Samstag gerechnet. 

Rund 61 Millionen Wählerinnen und Wähler waren in der Islamischen Republik dazu aufgerufen, einen neuen Regierungschef zu wählen. Die Wahllokale waren regulär bis 18.00 Uhr Ortszeit (6.30 bis 16.30 Uhr MESZ) geöffnet. Die Wahlbehörde verlängerte die Möglichkeit der Stimmabgabe am Abend bis 24.00 Uhr Ortszeit (22.30 Uhr MESZ). Die Wahl folgt auf den Tod Raisis, der im Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war. Wenn keiner der Bewerber mehr als 50 Prozent der Stimmen gewinnt, geht es für die beiden stärksten Kandidaten am 5. Juli in eine Stichwahl.

Der sogenannte Wächterrat, ein mächtiges islamisches Kontrollgremium, hatte nur sechs Kandidaten für die Wahl zugelassen. Zwei Bewerber zogen sich jedoch zurück. Die sogenannten Fundamentalisten - loyale und erzkonservative Anhänger des Systems - sind am stärksten vertreten. Unter ihnen brennt ein Machtkampf zwischen dem amtierenden Parlamentspräsidenten Mohammed Bagher Ghalibaf und dem Hardliner Said Dschalili. Als wichtigster Herausforderer gilt der moderate Politiker Massud Peseschkian.

Konservatives Lager gespalten - Hoffnung bei Reformpolitikern

Ghalibaf, früherer General der mächtigen Revolutionsgarden, gilt als konservativer Machtpolitiker. Dschalili vertritt radikalere Positionen. Er gehörte früh zum engsten Machtzirkel und arbeitete im Büro des Religionsführers Ajatollah Ali Chamenei. Unter dem umstrittenen früheren Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad war Dschalili Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen. Bis zuletzt hatten Regierungsanhänger und Fundamentalisten gehofft, sich auf einen Spitzenkandidaten einigen zu können. 

Als gefährlichster Herausforderer gilt der moderate Politiker und frühere Gesundheitsminister Massud Peseschkian. Im Wahlkampf kritisierte der Politiker die Kopftuchpolitik und warb mit bürgerlichen Positionen für Stimmen. Gleichzeitig bekundete Peseschkian seine Loyalität für Chamenei, die mächtigen Revolutionsgarden und lobte den Angriff mit Drohnen und Raketen auf Israel als Stolz der iranischen Nation. Nach seiner Stimmabgabe sagte er: «Wir werden versuchen, mit allen Ländern freundschaftliche Beziehungen zu pflegen, außer mit Israel.»

Bei einer hohen Wahlbeteiligung dürften Peseschkians Chancen gar nicht schlecht sein. Insbesondere, wenn es in die Stichwahl geht und sich das iranische Volk zwischen einem Konservativen und Reformer entscheiden müsste. Der Präsident hat im Iran als Regierungsoberhaupt nur eingeschränkte Macht. Staatsoberhaupt ist der 85 Jahre alte Religionsführer Chamenei, der in allen strategischen Belangen das letzte Wort hat.

Wenig Hoffnung auf große innenpolitische Änderungen

Den Glauben an große innenpolitische Veränderungen haben die meisten Landesbewohner, vor allem junge Menschen, verloren. Der Tod der jungen Kurdin Jina Masa Amini im Herbst 2022 entfachte landesweite Proteste gegen das islamische Herrschaftssystem. Die Wahlbeteiligung bei der diesjährigen Parlamentswahl erreichte ein Rekordtief von rund 40 Prozent. Bei Präsidentenwahlen gehen traditionell jedoch mehr Menschen wählen. Einige Aktivisten sowie die inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi riefen zum Boykott der Wahl aufgerufen.

Im Wahlkampf debattierten die Kandidaten vor allem über Wege, die enorme Wirtschaftskrise im Land zu bewältigen. Der Iran ist wegen seines umstrittenen Atomprogramms mit internationalen Sanktionen belegt und vom weltweiten Finanzsystem weitgehend abgeschnitten. Das Land benötigt Investitionen in Milliardenhöhe. Daneben diskutierten die Bewerber über innenpolitische Themen, Kulturpolitik und den Umgang mit dem Westen.

Irans politisches System vereint seit der Revolution von 1979 republikanische und auch theokratische Züge. Freie Wahlen gibt es jedoch nicht: Das Kontrollgremium des Wächterrats prüft Kandidaten stets auf ihre Eignung. Eine grundsätzliche Kritik am System wird nicht geduldet, wie die Niederschlagung von Protesten in den vergangenen Jahren zeigte.

© dpa
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