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Streit mit Musk: Richter verfügt Sperrung von X in Brasilien

Ein umstrittener Bundesrichter in Brasilien will die Sperrung von Accounts auf X wegen Hassrede und Fake News durchsetzen. Besitzer Elon Musk weigert sich. Jetzt soll der Dienst blockiert werden.
Alexandre de Moraes
Online-Plattform X
Elon Musk

Ein Richter in Brasilien hat nach einem monatelangen Streit mit Tech-Milliardär Elon Musk die Sperrung von dessen Online-Plattform X angeordnet. Die Nationale Telekommunikationsbehörde solle die Anweisung binnen 24 Stunden umsetzen, ordnete Richter Alexandre de Moraes vom Obersten Bundesgericht an. Er wirft dem Twitter-Nachfolgedienst X vor, ungenügend gegen die Verbreitung von Hassrede und Fake News vorzugehen. Musk seinerseits verweist auf die Redefreiheit und bezeichnete den Richter als «bösen Diktator».

Bereits in der Nacht zum Samstag (Ortszeit) berichteten dem Nachrichtenportal G1 zufolge zahlreiche Nutzer der Mobilfunkanbieter Vivo, Claro und Oi, dass sie keinen Zugang zu ihren X-Konten mehr hätten. Nach Angaben der Internetseite Downdetector, die Unterbrechungen von Onlinediensten überwacht, stieg die Zahl der Nutzer, die Probleme beim Zugang zu X meldeten, nach Mitternacht sprunghaft an. 

Der Konflikt war zuletzt eskaliert. Der Richter verlangte von X die Sperrung von Konten rechtsgerichteter Aktivisten, die Verschwörungstheorien und Falschinformationen verbreiteten. Musk bezeichnete die Forderung als gesetzwidrig, die Online-Plattform kam der Aufforderung nicht nach - und zahlte auch die verhängte Geldstrafe nicht.

«X ist die am meisten genutzte Nachrichtenquelle in Brasilien. Es ist das, was die Leute wollen», schrieb X-Eigentümer Musk auf der Plattform. Und mit Bezug auf den Bösewicht aus der Harry-Potter-Reihe: «Jetzt zerstört der Tyrann Voldemort das Recht der Menschen auf freie Meinungsäußerung.»

Sperrung nach verstrichenem Ultimatum

Musk ließ das Büro in Brasilien Mitte August mit der Begründung schließen, er befürchte eine Festnahme der damaligen Repräsentantin. Moraes stellte X diese Woche ein Ultimatum: Entweder wird innerhalb von 24 Stunden ein Rechtsvertreter ernannt - oder die Plattform wird gesperrt. Musk ließ die Frist verstreichen. 

Stattdessen machte er Stimmung gegen Moraes bei X, wo er 196 Millionen Follower hat. Unter anderem veröffentlichte Musk ein mutmaßlich per KI erstelltes Bild, das einen dem Richter ähnlich aussehenden Mann hinter Gittern zeigt. Eines Tages werde das die Wirklichkeit sein, «denk an meine Worte», mahnte er Moraes.

Musk ist vor allem dank der Beteiligung an dem von ihm geführten Elektroauto-Hersteller Tesla der reichste Mensch der Welt. Der Finanzdienst Bloomberg schätzt sein Vermögen auf 239 Milliarden US-Dollar.

Doch keine Strafe für Nutzer mit VPN

Der Richter verfügte am Freitag zunächst auch, dass Nutzern, die die Sperre mit technischen Lösungen wie VPN-Diensten umgehen, eine Strafe von 50.000 brasilianischen Real (rund 8.000 Euro) pro Tag droht. Wenige Stunden später wurde dies nach Kritik wieder zurückgenommen. VPN-Tunnel können es so aussehen lassen, als wäre ein Nutzer in einem anderen Land. Sie sind ein gängiges Mittel, um Online-Sperren zu umgehen.

Auch die anfängliche Anweisung an Google und Apple, die X-App binnen fünf Tagen aus ihren Download-Stores zu entfernen und ihre Nutzung zu blockieren, wurde aufgehoben. Dadurch sollten «Unannehmlichkeiten für andere Unternehmen» vermieden werden, begründete Moraes.

Musk verweist auf Redefreiheit

Musk, der der amerikanischen Rechten angehört und ein lauter Unterstützer von Ex-Präsident Donald Trump ist, gibt sich stets als Verteidiger der Meinungsfreiheit. Er wirft dem Richter Zensur vor. «Alexandre de Moraes ist ein böser Diktator, der sich als Richter verkleidet», schrieb Musk auf X. Zugleich ging X unter seiner Regie zum Beispiel in Indien auf Forderungen der Regierung ein, einige Accounts und Inhalte zu blockieren.

 

Die US-Botschaft in Brasilien teilte mit, dass sie den Fall beobachtet. «Die US-Botschaft verfolgt die Situation zwischen dem Obersten Gerichtshof und Plattform X», hieß es in einer Mitteilung. «Wir betonen, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung ein Grundpfeiler einer gesunden Demokratie ist.» 

X wurde zuletzt in Brasilien allerdings auch zur Mobilisierung für demokratiefeindliche Aktionen genutzt. Sogenannte digitale Milizen aus dem Umfeld des rechten Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro verbreiten in sozialen Netzwerken Fake News und Hassreden.

Einige der Accounts, deren Sperrung Moraes von X forderte, stellten die Rechtmäßigkeit von Bolsonaros Wahlniederlage infrage und zeigten Sympathie für dessen Anhänger, die damals das Parlamentsgebäude und das Oberste Gericht gestürmt hatten.

Wegen Behinderung der Justiz und Anstiftung zu Straftaten hatte Moraes im April bereits ein Ermittlungsverfahren gegen Musk selbst eingeleitet. «Die sozialen Netzwerke sind kein rechtsfreier Raum», schrieb der Bundesrichter damals in seiner Ermittlungsanordnung.

Einnahmen aus dem Ausland für X von zunehmender Bedeutung 

Da die Werbeerlöse im Heimatmarkt USA nach dem Rechtsruck der Plattform unter Musk sinken, sind Auslandsmärkte wie Brasilien mit mehr als 200 Millionen Einwohnern für die Finanzen von X wichtiger geworden. Medienberichten zufolge kommt X in dem lateinamerikanischen Land auf rund 20 Millionen Nutzer.

 

 

© dpa
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