Es gibt nicht wenige Musiker, die genervt bei Interviews reagieren, wenn sie auf ihre einstigen Hits angesprochen werden. Vor allem dann, wenn diese Jahrzehnte zurückliegen. Auch Crowded House bescherten der Welt Ohrwürmer wie «Weather With You» (1991) oder «Don’t Dream It’s Over» (1986), die bis heute in den Klassik-Rock-Radios weltweit gespielt werden.
Letzterer Song sorgte auch in den USA für Furore. Aber Frontmann, Gitarrist und Songwriter Neil Finn (66) erinnert sich gerne, wie er 2021 in einem Interview mit dem «Rolling Stone» verriet: «Ich denke einfach, dass es eine wunderbare Sache ist, einen Song zu haben, der so weit gereist ist. Die andere Sache, für die ich wirklich dankbar bin, ist, dass ich den Song immer noch mag.»
Seit dem Debütalbum 1986 hat sich Crowded House immer wieder Beatles-Vergleichen stellen müssen, was mitunter sicherlich auf ihre musikalische Bandbreite zurückzuführen ist, die sich aus Folk-, Pop- und Rock-Elementen speist – gepaart mit poetischen Texten und eingängigen Melodien. Und auch beim neuen achten Album «Gravity Stairs» (31. Mai) drängt sich einmal mehr schon beim ersten Song («Magic Piano») der Vergleich auf.
Ein melancholischer Song mit sanfter Melodie, üppigen Arrangements und harmonischer Komplexität begleitet von feinster Lyrik («These are the dark forces now/Making shadows dance on the stairway/Who's that joker with the crooked smile?»). Schon bei ihrem – zumindest von Kritikern als Meisterwerk gefeierten – Album «Woodface» (1991) haben sich genau diese Zutaten bewährt.
Über das Älterwerden und die eigene Sterblichkeit
Und nun hauen Crowded House nur drei Jahre nach ihrer Comeback-Platte «Dreamers Are Waiting» ein Werk mit elf Songs raus, das gleich mehrere Highlights enthält («Some Greater Plan (for Claire)», «The Howl», «Night Song»). Musikalisch und thematisch ein eher ernstes Album, das Finn bereits mit dem Titel («Gravity Stairs» - «schwere Treppe») kenntlich macht: «Es ist eine Metapher auf das Älterwerden und das Bewusstsein über die eigene Sterblichkeit und Körperlichkeit», sagte Finn im Vorfeld der Veröffentlichung.
«Die Dinge werden etwas schwieriger und es ist mehr Entschlossenheit erforderlich, an die Spitze zu gelangen, aber es besteht immer noch der gleiche Drang, sie zu erklimmen», so der 66-jährige Neuseeländer. Ein leichtes Plateau bringt der hymnische Song «Oh Hi» in der Mitte des Albums – die erste Single. Der federleichte Gitarren-Song ist inspiriert von Finns Engagement für eine gemeinnützige Organisation, die sich auf den Bau von Schulen in abgelegenen Teilen Kenias und Tansanias konzentriert.
Auch Finns Söhne sind wieder dabei
Auch die Söhne von Neil Finn – Liam und Elroy – haben übrigens wie bereits beim letzten Album an «Gravity Stairs» mitgearbeitet und sind – neben Nick Seymour und Mitchell Froom - offizielle Mitglieder der fünfköpfigen Band.
«Manche Songs werden die Menschen möglicherweise nicht als sehr eingängig empfinden oder klassisch», sagte Finn vor einiger Zeit dem australischen «Rolling Stone» in Bezug auf das neue Album. «Aber dabei sollte man bedenken, dass niemand daran geglaubt hat, dass wir so schnell im Radio landen würden, als wir Capitol unsere erste Platte übergaben», so der 66-Jährige weiter.
Das klingt schon fast entschuldigend, wofür es jedoch überhaupt keinen Grund gibt. Vielleicht enthält das Album keinen Radio-Ohrwurm, aber es ist eine Platte, an der sicherlich auch Paul McCartney seine Freude hätte. Seine Begeisterung für den brillanten Songwriter Neil Finn («Ich liebe seine Lieder») hat er jedenfalls bereits mehr als einmal öffentlich bekundet.