Sie wurden 1939 entfernt und teilweise in Kisten nach dem Großbrand der Pariser Notre-Dame vor fünf Jahren wiederentdeckt. Glasfenster, die jahrelang für Polemik sorgten. Denn sie galten mit ihrer Farblichkeit und Darstellung als zu modern. Im Zentrum für Glasmalerei in Troyes (Cité du Vitrail) im Nordosten Frankreichs ist ein Teil der Werke nach über 80 Jahren nun erstmals zu sehen - bis zum 5. Januar 2025 unter dem Titel «Notre-Dame de Paris: Der Glasmalerei-Streit».
Sie sind in kräftigen Farben gehalten und figurativ und erinnern in ihrem Stil an den Kubismus: Arbeiten von zwölf Glaskünstlern, wie die Fensterrose von André Rinuy oder das überhöhte Spitzbogenfenster von Jean Hébert-Stevens, das den heiligen Martin stark schematisiert darstellt. Sie sollten vor über 80 Jahren die schlichten, überwiegend in Grau, Weiß und Schwarz gehaltenen Grisaille-Malereien ersetzen.
Das Projekt löste über mehrere Jahre hinweg heftige Debatten über zeitgenössische Kunst in historischen Denkmälern aus. Eine Debatte, die mehr als 80 Jahre später wieder hochaktuell geworden ist. Am 8. Dezember 2023 kündigte der französische Präsident Emmanuel Macron die Installation zeitgenössischer Glasfenster in der Notre-Dame ein. Seitdem ist eine Petition gegen das Projekt im Umlauf.
Das umstrittene, in Troyes illustrierte Projekt war 1935 entstanden, wie Nicolas Dohrmann, Generalkurator für Kulturerbe und Direktor der Cité du Vitrail, der Deutschen Presse-Agentur sagte. Es sei von Anfang an auf Kritik gestoßen, doch sei es vor allem ab dem Zeitpunkt, an dem sie ab Dezember 1938 angebracht worden seien, zu einem Aufschrei gekommen. Im Jahr 1939 wurden sie entfernt, unter anderem auch um sie vor dem Krieg zu schützen.
Nur einer der Glasmacher-Meister, Jacques Le Chevallier, wagte es, seine modernen Werke 1956 erneut zu installieren. Jedoch nur für kurze Zeit. Wieder gab es Anfeindungen. Le Chevallier gab auf und entwarf später schlichte Grisaille-Werke. Sie haben den Großbrand im April 2019 überstanden.