Zwischen all den Freudentänzen und den vielen Umarmungen musste sich Svenja Brunckhorst immer mal wieder die Tränen aus dem Gesicht wischen. «Ich bin im Halbfinale der Olympischen Spiele. Hätte mir das vorher jemand gesagt, dann weiß ich nicht, was ich darauf gegeben hätte», sagte die 3x3-Basketballerin in Paris nach einem Erfolg, den eigentlich niemand für möglich gehalten hatte: «Natürlich werde ich da etwas emotional.»
Sechs von sieben Spielen gewannen die deutschen Frauen in der abgewandelten Form des Streetballs auf dem Place de la Concorde, zogen im Feld der besten Teams der Welt ohne Umweg als Gruppenerster in die K.-o.-Runde ein. Gewinnen sie am Montag nur noch eine Begegnung, fahren Brunckhorst, Sonja Greinacher, Elisa Mevius und Marie Reichert mit einer Medaille nach Hause.
Im Halbfinale (18.30 Uhr) wartet zunächst Kanada, bei einem Finaleinzug geht es gegen Favorit USA oder Spanien. Alle drei Teams haben gegen die deutsche Auswahl im Turnierverlauf schon verloren. Teilweise sogar recht deutlich. «Wir haben sechs Spiele gewonnen, aber das bedeutet jetzt gar nichts mehr», sagte Reichert: «Jedes Team wird jetzt alles geben.»
Letztes großes Turnier für Brunckhorst
«Jetzt heißt es: Wir wollen uns belohnen», sagte Brunckhorst nach dem 18:15 im finalen Gruppenspiel gegen Spanien. Danach schauten sich die deutschen Frauen ungläubig an und fielen sich dann in die Arme. «Ich habe einen emotionalen Zusammenbruch gehabt, weil ich einfach nicht fassen kann, dass wir uns jetzt als erste Mannschaft mit sechs Siegen qualifiziert haben», sagte Brunckhorst. Die 32-Jährige beendet nach Olympia ihre Karriere, arbeitet dann nur noch als Managerin für Frauen- und Mädchenbasketball bei Meister Alba Berlin. Sie will ihren Sport noch populärer machen. «Wir haben 3x3 bestmöglich präsentiert und alles jetzt ist die Kirsche obendrauf», sagte sie.
Viele Jahre war sie Kapitänin der Hallen-Nationalmannschaft, die lange ein Schattendasein fristete. Frauen-Basketball im gewöhnlichen Format mit jeweils fünf Spielerinnen auf dem Feld wurde belächelt, nennenswerte deutsche Erfolge gab es kaum. Für Paris qualifizierte sich das Team mit den Schwestern Satou und Nyara Sabally nach einer starken EM im Vorjahr schließlich fast wie aus dem Nichts. Auch im 3x3 löste Deutschland ebenfalls mit Anführerin Brunckhorst das Ticket. Greinacher und Brunckhorst hätten am liebsten in beiden Auswahlen in Paris gespielt, das ließ der Deutsche Basketball Bund aber nicht zu.
Vertrauen als Schlüssel zum Erfolg
Der Ärger darüber ist verflogen. «Es ist Wahnsinn, wir können so stolz sein auf dieses Turnier», sagte Brunckhorst. Gemeinsam mit ihren Teamkolleginnen lernte sie in den vergangenen Jahren eine neue Disziplin. 3x3 mit nur drei Spielerinnen auf dem Halbfeld ist viel intensiver als Basketball in der Halle. «Es geht so schnell, das ist die Schönheit an diesem Spiel», sagte Brunckhorst. Es wird enorm viel geworfen, in zehn Minuten Spielzeit ist jede Aktion wichtig. Das populäre Format gehört seit 2021 in Tokio zum Olympia-Programm, damals konnte sich noch kein deutsches Team qualifizieren.
Brunckhorst, Greinacher, Mevius und Reichert könnten dem Deutschen Basketball Bund nun die erste Olympia-Medaille in Paris bescheren, aber vielleicht nicht die einzige. Auch die Hallen-Teams der Männer um NBA-Star Dennis Schröder und die Frauen haben noch die Chance, mit Edelmetall nach Hause zu fahren. Beide stehen im Viertelfinale.
«Ich habe lange nicht mehr in so einer Mannschaft gespielt, wo man sich so blind vertraut», sagte Brunckhorst derweil über die 3x3-Erfolge und versuchte den Grund für die Siegesserie zu beschreiben: «Jeder hat den gleichen Einfluss in Angriff und Verteidigung. Besser geht es nicht. Wir vertrauen uns einfach.»