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Trainer Hrubesch: Nicht nur Gute-Laune-Onkel

Wegen der Aussicht auf Olympia hatte Horst Hrubesch noch einmal die DFB-Frauen übernommen. Seine Mission aber gestaltet sich schwierig.
Horst Hrubesch
Christian Wück

Horst Hrubesch spricht schon mal von «alle Mann», wenn er seine Spielerinnen meint. «Alle Frauen», wie er dann flugs hinterher schiebt. «Entschuldigung.» Eigentlich redet der 73-Jährige immer von «meinen Mädels». Natürlich gendert er nicht, dafür rückt er seiner Nebenfrau gerne mal den Stuhl zurecht. Alte Schule eben. Das Vertrauen der deutschen Fußballerinnen in Hrubesch ist groß, seine Schrullen nehmen sie mit einem Lächeln hin. Hauptsache, das wird was bei Olympia. 

Olympia, das hat den Europameister von 1980 auf seine alten Tage wieder gepackt. «Das kannst du nicht erklären, das musst du erleben», sagte er immer wieder über die Atmosphäre bei den Spielen. Das HSV-Idol will unbedingt noch einmal ins Athletendorf, dafür könnte schon das Erreichen des Viertelfinales reichen, das für den Sieger der deutschen Vorrundengruppe in Paris ausgetragen wird. Auch das Endspiel findet in der Metropole statt. Im Finale stand Hrubesch schon 2016 in Rio mit der deutschen Männer-Auswahl, die im Elfmeterschießen an Brasilien scheiterte. 

Die letzte Mission wird keine leichte

«Wir wollen gewinnen, wir wollen was mitnehmen», betonte Hrubesch vor der Auftaktpartie des Frauen-Nationalteams am Donnerstag (19.00 Uhr/ZDF) gegen Australien in Marseille. «Dass es schwer wird, wissen wir auch. Vor einem viertel Jahr haben wir noch um Olympia gezittert. Wir werden uns so teuer wie möglich verkaufen und wir wollen gucken, dass wir bis an die Medaillen rankommen.» 

Das 0:3 in Island im vorletzten Härtetest, der Ausfall der so wichtigen Mittelfeldspielerin Lena Oberdorf wegen einer schweren Knieverletzung: Kapitänin Alexandra Popp und Co. sind nicht nur voller Vorfreude und mit purer Zuversicht zum ersten Spiel nach Marseille gereist. Die wohl letzte DFB-Mission von Hrubesch ist eine überaus anspruchsvolle.

Ein Mann der klaren Ansagen

Der Chefcoach selbst weiß das am besten. Hrubesch gilt zwar als Menschenfänger, aber er will nicht nur den Gute-Laune-Onkel bei den DFB-Frauen spielen. Klare Ansagen wie nach dem Island -Spiel («einfach schlecht») und auch personelle Entscheidungen sprechen für sich: Langjährige Nationalspielerinnen wie Lina Magull und Lena Lattwein hat er außen vor gelassen. Und im Tor muss Stammkeeperin Merle Frohms fürchten, dass Ann-Katrin Berger in Frankreich den Vorzug erhält.

Hrubesch fordere, dass die Spielerinnen ihr Können zu einhundert Prozent abrufen - «kontinuierlich», sagte Abwehrchefin Marina Hegering im «Kicker»-Interview. Menschlich sei er top: «Er reißt uns mit, ist für jeden Spaß zu haben und sehr authentisch. Aber er ist auch mal sauer, wenn etwas nicht so gut gelaufen ist.»

Sehr klar, sehr einfach, sehr unkompliziert 

Im Nachhinein sind sie beim DFB heilfroh, dass Hrubesch das so gut hinbekommen hat als Interims-Bundestrainer nach dem Abgang von Martina Voss-Tecklenburg. «Das war damals eine gute Fügung mit ihm. Er hatte den richtigen Zugriff, die richtige Art in einer sehr schwierigen Situation nach einer komplizierten Weltmeisterschaft», sagte DFB-Direktorin Nia Künzer der dpa. «Er ist sehr klar, sehr einfach, sehr unkompliziert. Er kommuniziert, was er will, was er erwartet. Das war der richtige Weg.»

Durch die Erfolgserlebnisse sei auch das Selbstbewusstsein wieder gekommen, sagte die Ex-Weltmeisterin: «Er bringt eine unglaubliche Erfahrung mit – und er genießt es auch, mit jungen Menschen zusammen zu sein.» 

Nachfolger Wück schaut zu

Hrubeschs Abgang nach den Sommerspielen war von Anfang an beschlossene Sache. In Frankreich wird sein Nachfolger Christian Wück bereits auf der Tribüne sitzen. «Er kann sich alle Spiele anschauen, das hat er bisher auch getan. Aber wir unterhalten uns dann, wenn das Turnier vorbei ist», sagte Hrubesch der «SportBild».

Thomas Nörenberg, seit über 20 Jahren immer wieder Assistent und Vertrauter von Hrubesch, bezeichnet den Noch-Bundestrainer als «bodenständig und ehrlich.»   

Hrubesch hat jedenfalls «riesig Spaß» mit seinen «Mädels»: «Ich muss einfach mal Danke sagen, wie sie mir mich mitgenommen haben, wie sie mich aufgenommen habe und wie sie mit mir umgegangen sind», meinte er kürzlich. Ein bisschen Abschiedsschmerz klang da schon durch. Nach Olympia kehrt er als Nachwuchskoordinator zum HSV zurück. Zur Frauen-EM 2025 in der Schweiz will er mit seiner Frau im Camper fahren. 

Redaktionshinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, die Frauen-EM findet 2024 in der Schweiz statt, sie findet aber erst 2025 statt.

© dpa ⁄ Ulrike John, dpa
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