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Nagelsmann geheimnisvoll: Keine Tipps für Italiener

Vor K.o.-Duellen wird taktiert. Julian Nagelsmann gibt vor dem Italien-Rückspiel wenig Einblicke. Der knappe Sieg der Nationalmannschaft in Mailand kann nämlich trügerisch sein.
Pressekonferenz Deutschland
Italien - Deutschland
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Fokussiert, konzentriert und bei Fragen zu Personal und Taktik ziemlich zugeknöpft: Julian Nagelsmann zog sich den Reißverschluss seines schwarzen DFB-Strickpullis bis ganz nach oben. Die Geste passte. Wenig soll vor Teil II des großen Kräftemessens mit Italien nach draußen dringen. Nur die Mailand-Matchwinner Leon Goretzka und Tim Kleindienst bekamen vom Bundestrainer ein öffentliches Startplatz-Versprechen. 

Azzurri-Kollege Luciano Spalletti solle ruhig ein bisschen grübeln, über die deutsche Spielidee. Nagelsmann warnte ausdrücklich davor, nach dem süßen 2:1-Sieg in San Siro das Viertelfinal-Rückspiel der Nations League am Sonntag (20.45 Uhr/RTL) im Dortmunder Fußball-Stimmungstempel als Formalie zu betrachten. «Wir tun gut daran, mit 0:0 zu starten», sagte er bei der Pressekonferenz vor der Partie in Dortmund. 

Der Vorsprung soll nicht zum psychologischen Ballast werden. Nach ein paar TV-Interviews am Spielfeldrand wurden im noch leeren und leisen Stadion die letzten taktischen Winkelzüge ohne Beobachter eingeübt. 

Final Four und WM-Ticket als Ziele

Es steht nicht weniger auf dem Spiel als der Einzug ins Final-Four-Turnier des UEFA-Wettbewerbs im Juni, das ein Jahr nach der EM zu einem weiteren Heim-Spektakel in München und Stuttgart werden soll. Vor allem will Nagelsmann aber auch das gute Gefühl festigen, auf dem Weg zur WM 2026 andere große Fußball-Nationen besiegen zu können. 

Nagelsmanns Spieler haben die Aufgabe begriffen. «Man sollte jetzt nicht in einen Verwaltungsmodus schalten. Es ist auch zu gefährlich, auf Verwaltung zu spielen», sagte Kleindienst. 

Eine reine Bewahrung des knappen Vorsprungs als Status quo könnte gegen die Italiener gefährlich werden, weiß der Gladbacher Stürmer, der mit seinem Ausgleichstor in Mailand maßgeblichen Anteil an der guten Ausgangslage hat. 

«Wir spielen jetzt in Deutschland, mit unseren Fans im Rücken. Das sollte man am Ende auch auf dem Platz spüren», forderte der Mittelstürmer wie der Bundestrainer eine proaktive, aggressive Einstellung. 

Nagelsmann hat sich selbst Aufgaben gegeben für das zweite Italien-Duell innerhalb von 72 Stunden. «Ich habe ein paar Ideen im Kopf», sagte er. Änderungen werde es geben in der Startelf. Wie viele? Das blieb offen. Wer? Das blieb offen. Innenverteidiger Nico Schlotterbeck, der in Mailand das Spiel stabilisierte, dürfte auf dem Zettel dick vermerkt sein. Angreifer Jonathan Burkardt ist angeschlagen und droht somit auszufallen. 

Der Respekt vor den Italienern ist ungebrochen. Deren Trainer Spalletti werde auch Anpassungen vornehmen, meinte Nagelsmann. Das Taktieren gehört vor einem K.o.-Spiel dazu. Zu einer Änderung ist der Italiener gezwungen. Arsenal-Profi Riccardo Calafiori fällt als Innenverteidiger mit einer Knieprellung aus - eine Schwächung des Kontrahenten.

Die zeitlich knappe Konstellation mit Hin- und Rückspiel binnen drei Tagen hat es für die DFB-Elf seit den Playoffs für die WM 2002 nicht mehr gegeben. Damals wurde die Ukraine nach einem 0:0 in Kiew daheim durch einen Tore-Doppelpack von Michael Ballack mit 4:1 besiegt. Spielort damals wie heute: Dortmund. 

Die mystische Verklärung des stimmungsgewaltigen Spielortes ist mit Datenmaterial belastbar. In diesem Jahrtausend gab es im westfälischen Fußball-Tempel in zwölf Spielen neun Siege, inklusive Sommermärchenfunke 2006 gegen Polen mit dem späten 1:0-Siegtor durch Oliver Neuville und dem Abschiedskracher-Tor von Lukas Podolski 2017 zum 1:0 gegen England. 

Völler als Historiker

In der Abteilung Statistik & Historie fühlt sich Nagelsmann im Gegensatz zu DFB-Sportdirektor Rudi Völler, der sehr gerne «von früher erzählt», wie Abwehrchef Antonio Rüdiger berichtete, nicht zu Hause. Mit Verweis auf sein relativ junges Alter erklärte er einem italienischen Journalisten, dass für ihn die Aktualität maßgeblich sei, nicht die traditionsreiche deutsch-italienische Fußball-Geschichte. 

Dortmund-Kratzer durch Italien

Auch der Fakt, dass ausgerechnet Italien im dramatischen WM-Halbfinale 2006 mit dem 2:0 nach Verlängerung der Dortmund-Bilanz einen schmerzhaften Kratzer verpasste, ist für den Bundestrainer im Hier und Jetzt irrelevant. «Das Spiel morgen ist wichtiger als die Statistik», sagte Nagelsmann. 

Jetzt geht es eben um die Jahresperspektive und über das Nations-League-Finale hinaus schon um die WM. Wird Italien ausgeschaltet, geht es von September bis November in einer Vierergruppe mit der Slowakei, Nordirland und Luxemburg um das Amerika-Ticket - ein verlockend schneller Weg.

© dpa ⁄ Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa
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