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U-Ausschuss zu Rauswurf von Staatssekretärin

Der Rauswurf der hessischen Staatssekretärin Messari-Becker sorgt seit Monaten für Schlagzeilen. Nun schwingt die Opposition das scharfe Schwert eines Untersuchungsausschusses.
Hessens Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori
Lamia Messari-Becker

In der Affäre um den Rauswurf der parteilosen Staatssekretärin Lamia Messari-Becker aus dem hessischen Wirtschaftsministerium haben die Oppositionsfraktionen von Grünen und FDP einen Untersuchungsausschuss auf den Weg gebracht. Sie begründeten das mit einer Versetzung Messari-Beckers in den einstweiligen Ruhestand auf eine Art und Weise, die an «Rufmord» grenze. Es gebe immer noch zu viele offene Fragen in dieser seit Juli schwelenden «Entlassungsaffäre» - diese müssten geklärt werden.

Die Grünen fassten nach eigenen Angaben einstimmig und die Freidemokraten mehrheitlich ihren jeweiligen Beschluss für einen Einsetzungsantrag. Aber auch alle FDP-Abgeordneten unterschrieben ihn laut einer Sprecherin. Mit insgesamt 30 von 133 Parlamentariern im Wiesbadener Landtag haben Grüne und FDP grundsätzlich genug Stimmen, um einen Untersuchungsausschuss durchzusetzen. Bei einer namentlichen Abstimmung im Landtag mehrere Stunden später gab es 47 Ja-Stimmen, keine Nein-Stimme und 72 Enthaltungen. «Der Untersuchungsausschuss ist damit eingesetzt», sagte Parlamentspräsidentin Astrid Wallmann (CDU). 

Angebliches Fehlverhalten

Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori (SPD) hatte sich im Juli von der Bauphysik-Professorin Messari-Becker laut eigener Pressemitteilung wegen eines außerdienstlichen «Fehlverhaltens» getrennt, ohne bislang öffentlich einen Grund dafür anzugeben. Kritikern zufolge beschädigte er so unfair ihren Ruf, ohne dass sie sich wehren könne.

Nun sagte Mansoori im Landtag, er hätte seine «streitbare Pressemitteilung» anders formulieren können. «Wäre es womöglich sogar besser gewesen, sie knapper zu halten? Aus heutiger Sicht ja. Bedauere ich den Fortgang? Ja.»

Hintergrund ist, dass ein Verweis auf ein zerrüttetes Vertrauensverhältnis gereicht hätte: Mit diesem allgemeinen Hinweis können Staatssekretäre generell ohne weitere Begründung verabschiedet werden. Mansoori sagte allerdings auch, eine anders formulierte Erklärung hätte an seiner Entscheidung nichts geändert, sich von Messari-Becker zu trennen.

Mansoori: «Harte Entscheidung»

Medienberichten zufolge warf der Wirtschaftsminister Messari-Becker vor, in einem Elterngespräch an der Schule eines ihrer Kinder mit der Position als Staatssekretärin Druck für eine bessere Schulnote ausgeübt zu haben. Messari-Becker wies die Vorwürfe vehement als unzutreffend zurück und legte Widerspruch gegen ihre Entlassung in den einstweiligen Ruhestand ein. Der Deutschen Presse-Agentur teilte sie kürzlich mit: «Die Schädigung meines Rufes und die Belastung für meine Familie dauern indes an.» Messari-Becker war vom weltbekannten Thinktank Club of Rome als Mitglied aufgenommen worden.

Ihre Rechtsanwälte kritisierten es als nicht nachvollziehbar, dass sich Mansoori im Landtag erneut nicht glaubhaft von seinen früheren Äußerungen distanziert und sich nicht bei seiner einstigen Staatssekretärin entschuldigt habe. «Ein Untersuchungsausschuss kann in jedem Fall der Aufklärung dienen. Sofern das Parlament dies wünscht, wird Frau Prof. Dr. Lamia Messari-Becker konstruktiv mit dem Untersuchungsausschuss zusammenarbeiten», ergänzten ihre Anwälte.

Im Landtag hatte Mansoori zuvor gesagt, ihn habe ein «Sachverhalt über das Auftreten» der Wissenschaftlerin erreicht. In mehreren Gesprächen mit Messari-Becker sei das Vertrauen in eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr herzustellen gewesen. Er habe «eine harte Entscheidung» getroffen.

Vorausgegangen war laut Mansoori «eine längere Entwicklung mit Differenzen über die Amtsführung in meinem Ministerium». Die Entscheidung zur Trennung sei nicht wegen eines einzelnen Sachverhalts gefallen. Der Wirtschaftsminister ergänzte: «Sehr wohl stellte der Sachverhalt aber den entscheidungserheblichen Schlusspunkt der Entwicklung dar» - trotz seiner fachlichen Wertschätzung für Messari-Becker.

Rätselhafte Dokumentation

Grünen-Fraktionschef Mathias Wagner erinnerte an Mansooris Aussage im Wirtschaftsausschuss, er könne sein gestörtes Vertrauen zu Messari-Becker dokumentieren. Immer noch unbeantwortet ist laut Wagner die Frage, wer diese Dokumentation erstellt habe. Etwa Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums, indem sie Material gegen ihre eigene Staatssekretärin gesammelt hätten? «Haben Mitarbeitende des Ministeriums gar vorbei an jedem Dienstweg Kontakt zur Schule des Kindes von Frau Messari-Becker aufgenommen?»

Mit Blick auf Messari-Beckers Elterngespräch hatte Bildungsminister Armin Schwarz (CDU) im Kultuspolitischen Ausschuss von einem «Sachverhaltsbericht» eines Schulleiters gesprochen, dieses Schreiben aber als schulrechtlich irrelevant eingestuft. Staatskanzleichef Benedikt Kuhn wurde nach eigenen Worten über den Bericht informiert. Daraufhin habe er Mansoori einen Hinweis «über eine Diskussion im Zusammenhang mit der Staatssekretärin» gegeben.

Sammeln von Informationen?

Im Einsetzungsantrag von Grünen und FDP finden sich unter anderem Fragen zum angeblichen Fehlverhalten von Messari-Becker, zur Bedeutung des Schulleiter-Berichts und zur Kommunikation zwischen Schulleitung, Bildungsministerium, Staatskanzlei und Wirtschaftsministerium. Der Antrag fragt auch nach einem möglichen Sammeln von Informationen zulasten der Staatssekretärin - womöglich auch noch nach ihrem Rauswurf, «um für die Entlassung nachträglich Gründe zu konstruieren».

Die Staatskanzlei von CDU-Ministerpräsident Boris Rhein hatte sich kürzlich vom Vorwurf eines «Fehlverhaltens» von Messari-Becker distanziert. Diesen Begriff habe sie sich nie «zu eigen gemacht» - er stamme aus der Pressemitteilung des SPD-Ministers Mansoori vom Juli in «dessen alleiniger Zuständigkeit und Verantwortung».

AfD unterstützt Untersuchungsausschuss

AfD-Fraktionsvize Andreas Lichert erklärte: «Die AfD hat als erste einen Untersuchungsausschuss als Aufklärungsinstrument ins Spiel gebracht, deswegen unterstützen wir ihn ausdrücklich.» Im Landtag habe sich gezeigt, «dass auf einem anderen Wege keine Aufklärung zu erreichen ist», und «dass ein mögliches Fehlverhalten nur Anlass, aber nicht Ursache der Entlassung war». Im politischen Wiesbaden heißt es, dass Messari-Becker einst auch mit ihrem Amtskollegen, SPD-Wirtschaftsstaatssekretär Umut Sönmez, aneinandergeraten sein könnte.

In Hessen wird es somit künftig voraussichtlich zwei Untersuchungsausschüsse des Landtags geben. Der andere soll auf Betreiben der AfD-Fraktion die hessische Corona-Politik aufarbeiten, ist allerdings aus rechtlichen Gründen vorerst ins Stocken gekommen.

© dpa ⁄ Jens Albes, dpa
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