In der deutschen Wirtschaft mehren sich die Krisensignale. Die Industrie verbucht deutlich weniger Neugeschäft und einen stärkeren Auftragsrückgang als erwartet. Und auch vom Privatkonsum sind aktuell kaum Wachstumsimpulse zu erwarten. Die Stimmung im Einzelhandel und unter Verbrauchern hat sich weiter verschlechtert. Wirtschaftsminister Robert Habeck nannte die wirtschaftliche Lage nicht zufriedenstellend.
In der Industrie ist nach zwei Anstiegen in Folge der Auftragseingang im August unerwartet deutlich gesunken. Die Zahl der Bestellungen fiel im Monatsvergleich um 5,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Wenn die Großaufträge herausgerechnet werden, haben die Unternehmen 3,4 Prozent weniger Bestellungen erhalten.
Allerdings wurde der Auftragseingang im Vormonat Juli nach oben revidiert. Er ist demnach um 3,9 Prozent im Monatsvergleich gestiegen, nachdem zuvor nur ein Anstieg um 2,9 Prozent gemeldet worden war.
Analysten hatten einen Dämpfer beim Auftragseingang erwartet, nach den Anstiegen im Juni und Juli. Sie waren im Schnitt aber nur von einem Rückgang um 2,0 Prozent im Monatsvergleich ausgegangen.
Sinkende Erlöse in der Autoindustrie
Die Absatzschwäche der deutschen Autobauer hat sich im ersten Halbjahr auf die Umsätze der Branche niedergeschlagen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gingen die Erlöse des wichtigsten deutschen Industriezweigs im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nominal, also nicht bereinigt um Preiseffekte, um 4,7 Prozent auf 269,5 Milliarden Euro zurück. Im Vorjahreszeitraum hatten Autohersteller auch wegen gestiegener Preise mit 282,6 Milliarden Euro nominal noch einen Rekordumsatz verbucht.
Geschäftsklima-Index für den Einzelhandel sinkt
Im deutschen Einzelhandel hat sich die Stimmung nach Angaben des Ifo-Instituts weiter verschlechtert. Vor allem Auto- und Möbelhändler sehen ihre Geschäftslage laut der September-Erhebung der Münchner Wirtschaftswissenschaftler ungünstig. Der Geschäftsklima-Index für den Einzelhandel insgesamt sank von minus 23,1 Punkten im August auf minus 25,6, wie das Ifo-Institut mitteilte.
«Verbraucherinnen und Verbraucher sind verunsichert, was das wirtschaftspolitische Umfeld angeht», sagte Ökonom Patrick Höppner. «Das lässt für das restliche Jahr 2024 keine dynamische Entwicklung bei den privaten Konsumausgaben mehr erwarten.» Dementsprechend deutet die monatliche Umfrage darauf hin, dass die Preise im Einzelhandel in den kommenden Monaten nicht allzu stark steigen werden.
Einzelhandelsverband: Verbraucherstimmung setzt Abwärtstrend fort
Der Einzelhandelsverband HDE verweist darauf, dass sich die seit Monaten anhaltende Abwärtsbewegung der Verbraucherstimmung im Oktober fortgesetzt habe. Das aktuelle Konsumbarometer sei den vierten Monat in Folge zurückgegangen. In den letzten Monaten des Jahres werde vom privaten Konsum voraussichtlich kein Wachstumsimpuls ausgehen.
Da die Anschaffungsneigung der Verbraucherinnen und Verbraucher im Vergleich zum Vormonat steige, ist aus Sicht des Handelsverbands Deutschland (HDE) in den kommenden Wochen und Monaten mit einer minimalen Konsumausweitung zu rechnen. Gleichzeitig planten die Verbraucher aber, ihre Sparanstrengungen zu intensivieren.
Bundesregierung korrigiert Wachstumsprognose nach unten
Habeck sagte in Berlin, kurzfristig würde ein Impuls für Investition helfen. Genau das plane die Bundesregierung mit der «Wachstumsinitiative». Es wäre das Wichtigste, nun Bremsen zu lösen. Daten würden permanent korrigiert - «leider jetzt nach unten». Der Grünen-Politiker bestätigte damit, dass die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose nach unten schraubt.
Die Ampel-Koalition erwartet auch für dieses Jahr eine sinkende Wirtschaftsleistung, wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtet. Ursprünglich hatte Habeck für 2024 mit einem leichten Plus des Bruttoinlandsprodukts von 0,3 Prozent gerechnet - nun werde ein Minus von 0,2 Prozent erwartet. Habeck will die neue Prognose am Mittwoch in Berlin vorstellen.
Studie: Arbeitslosigkeit wird in allen Bundesländern steigen
Folgen wird die Entwicklung einer Prognose zufolge auch für den Arbeitsmarkt haben. Die Arbeitslosigkeit wird demnach im kommenden Jahr in allen Bundesländern zunehmen. In Ostdeutschland dürfte die Arbeitslosenquote 2025 um 0,2 Prozentpunkte auf 7,6 Prozent steigen, in Westdeutschland um 0,1 Prozentpunkte auf 5,7 Prozent, wie aus der Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg hervorgeht. Die Beschäftigung wird demnach im Westen um 0,6 Prozent wachsen, in Ostdeutschland wird sie stagnieren. Das wirtschaftliche Umfeld bleibe unsicher, teilte der IAB-Experte Rüdiger Wapler mit. «Eine schnellere Erholung des Konsums und ein stärkerer Außenhandel dürften positive Effekte bringen. Eskalieren Handelskonflikte oder nehmen die geopolitischen Spannungen weiter zu, könnte sich die Entwicklung in den regionalen Arbeitsmärkten verschlechtern.»