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Kauf von Tennet-Stromnetz gescheitert

Lange wurde über den Verkauf eines Stromnetzes an den Bund verhandelt, nun gibt es eine Entscheidung. Sie ist ein Rückschlag für die Bundesregierung. Wie geht es nun weiter?
Höchstspannungsleitungen
Strommasten in Klixbüll neben dem Tennet-Umspannwerk Klixbüll/Süd. © Christian Charisius/dpa

Der Ausbau der Stromnetze in Deutschland kostet viele Milliarden - der niederländische Netzbetreiber Tennet wollte deswegen sein deutsches Stromnetz an den Bund verkaufen. Die Verhandlungen darüber aber sind nun gescheitert. Die Bundesregierung habe mitgeteilt, dass sie die geplante Transaktion aufgrund von Haushaltsproblemen nicht durchführen könne, teilte Tennet mit. 

Die Bundesregierung ist mitten in schwierigen Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2025 sowie die mittelfristige Finanzplanung, es müssen Milliardenlöcher gestopft werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zeigte sich enttäuscht über das Scheitern der Verhandlungen mit Tennet.

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Gesucht wird nun nach einem «Plan B». Dabei könnte es auch um eine Minderheitsbeteiligung des Bundes an Tennet gehen. Tennet ist einer von vier Betreibern der deutschen Übertragungsnetze, der «Stromautobahnen».

Alternativen werden ausgelotet

Die Verhandlungen zwischen der Tennet Holding und der staatlichen Förderbank KfW im Auftrag der Bundesrepublik über einen vollständigen Verkauf von Tennet Deutschland seien ergebnislos beendet worden, teilte Tennet mit. Der niederländische Finanzminister Steven van Weyenberg zeigte sich enttäuscht. Für den niederländischen Staat entstehe nun eine Haushaltslücke von rund 1,6 Milliarden Euro, heißt es in einem Schreiben des Ministers ans Parlament in Den Haag. 

Der niederländische Staat ist Eigentümer der Tennet-Muttergesellschaft. Den Niederlanden waren die Kosten des Netzausbaus in Deutschland zu teuer geworden. Tennet hatte daher den Wunsch nach einer Übernahme seines deutschen Übertragungsnetzes durch den Bund publik gemacht. 

Es würden nun verschiedene Alternativen für den Verkauf des deutschen Stromnetzes des niederländischen Betreibers geprüft, sagte Finanzminister van Weyenberg. «Die Vorbereitungen dafür sind in vollem Gange.» Tennet bereite «konkrete Optionen für einen (teilweise) privaten Verkauf oder einen Gang an die Börse von Tennet Deutschland» vor. Die deutsche Regierung habe mitgeteilt, diese alternativen Szenarien zu unterstützen. 

Tennet halte in der Zwischenzeit an seinen umfangreichen Investitionsplänen in beiden Ländern fest und werde dabei vom niederländischen Staat unterstützt. Dieser habe Tennet kürzlich ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 25 Milliarden Euro für die Jahre 2024 und 2025 gewährt.

Deutsche Netz AG?

Der Tennet-Erwerb sollte ein wesentlicher Schritt sein auf dem Weg zu einer deutschen «Netz AG», bei der der Bund Anteile an allen deutschen Übertragungsnetzbetreibern halten und mehr Kontrolle über den Stromnetzausbau erlangen könnte. 

Habeck sagte am Rande einer Ostasien-Reise in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul, er bedauere, dass es nicht gelungen sei, die vier Übertragungsnetzbetreiber Tennet, 50Hertz, Amprion und TransnetBW in einer Gesellschaft zusammenzufassen. Dies hätte den Strom in Deutschland am Ende günstiger gemacht, weil man Synergien etwa bei der Beschaffung hätte herstellen können. 

Es wäre wichtig gewesen, Verzögerungen beim Netzausbau zu vermeiden, sagte Habeck. «Nun ist der Weg, der eigentlich geplant war, nicht möglich gewesen zu gehen. Das heißt aber nicht, dass andere Wege nicht gefunden werden sollten.» Es gehe weiter darum, die Übertragungsnetzbetreiber zusammenzufassen und kapitalstark auszustatten. «Nun müssen wir halt noch mal von vorne nachdenken.»

Wirtschafts-Staatssekretär Philipp Nimmermann sagte, die Bundesregierung habe weiterhin Interesse an einer strategischen Minderheitsbeteiligung an Tennet Deutschland im Rahmen eines Konsortiums. 

Aus Kreisen des Finanzministeriums hieß es mit Blick auf Kritik etwa des DGB, ein Kauf von Tennet sei nicht an der Schuldenbremse gescheitert. Finanzielle Transaktionen wie Unternehmenskäufe wären generell von der Schuldenbremse ausgenommen. Entscheidend sei der Klärungsbedarf, wie ein vollständiger und dauerhafter Staatsbesitz verhindert werde. Aus ordnungspolitischen Gründen werde nur eine Minderheitsbeteiligung des Bundes angestrebt.

Der FDP-Energiepolitiker Lukas Köhler sagte, eine Übernahme von Tennet um jeden Preis wäre weder sinnvoll noch notwendig gewesen. Die gescheiterten Verhandlungen mit Tennet zeigten, dass die finanziellen Mittel des Staates endlich seien. «In Deutschland ist genügend privates Kapital vorhanden, um den Ausbau der Stromnetze zu finanzieren. Gerade Investitionen in Übertragungsnetze können über lange Zeiträume eine sichere Rendite bei geringem Risiko bieten. Ein staatlicher Einstieg hingegen würde die private Investitionsbereitschaft hemmen und sollte daher immer nur die Ultima Ratio sein.»

Mitte Mai hatte der niederländische Finanzminister van Weyenberg ans Parlament geschrieben, Deutschland schließe die Haushaltsverhandlungen um den 1. Juli herum ab. Vor diesem Datum müsse eine Einigung erzielt werden über einen marktkonformen Preis. Hinter den Kulissen war die Rede von einem Kaufpreis in Höhe von rund 20 Milliarden Euro.

Bund schon an zwei Betreibern beteiligt

Über die KfW ist der Bund mit 20 Prozent am Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz beteiligt. Der Bund ist zudem über die KfW mit 24,95 Prozent beim Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW eingestiegen - der Hauptanteilseigner ist der EnBW-Konzern. 

In dessen Aufsichtsrat ist auch Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz. Der Grünen-Politiker nannte die gescheiterte Tennet-Transaktion einen herben Rückschlag und sagte. «Ich halte die Idee einer konsolidierten deutschen Netz AG angesichts der gigantischen planerischen, baulichen und finanziellen Dimension beim Netzausbau für den richtigen Weg. Eine Sperrminorität sollte beim Staat liegen, der Großteil über private Investoren mobilisiert werden.»

Hohe Kosten für Netzausbau

Tennet hatte den deutschen Teil seines Netzes 2010 von Eon übernommen und betreibt das Netz in der flächenmäßig größten von vier Zonen. Das Gebiet reicht von der Nordsee bis zur österreichischen Grenze. 

Im Zuge der Energiewende müssen tausende Kilometer neue Stromleitungen gebaut werden, damit der vor allem im Norden produzierte Windstrom in große Verbrauchszentren im Süden gelangen kann. Die Bundesnetzagentur geht für den gesamten Ausbau der Strom-Übertragungsnetze bis 2045 von Gesamt-Investitionen in Höhe von rund 320 Milliarden Euro aus. Die Kosten für den Netzausbau werden über die Netzentgelte auf alle Stromkunden umgelegt.

Ein Sprecher der Bundesnetzagentur sagte: «Wir sehen, dass Tennet seine Netze weiter in erheblichem Umfang ausbauen will und wird. Die Investitionsbedingungen sind attraktiv, und wir gehen davon aus, dass Tennet alternative Investoren finden wird.» 

© dpa ⁄ Andreas Hoenig, Annette Birschel und Martina Herzog, dpa
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