Handwerkspräsident Jörg Dittrich hat sich frustriert über die Arbeit der Koalition gezeigt - und die Ampel zu entscheidenden Weichenstellungen für mehr Wachstum aufgefordert. «Insgesamt fehlt das Zutrauen, dass die Bundesregierung entschieden eingreift und die nötigen Schritte geht, um Deutschland wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Das ist unbedingt notwendig.»
In der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP laufen Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2025. Mehrere Ressorts wollen Sparvorgaben von Finanzminister Christian Lindner (FDP) nicht einhalten. Ein Kabinettsbeschluss wird im Juli angestrebt. Die Koalition plant außerdem ein «Dynamisierungspaket», um das Wachstum anzukurbeln.
Dittrich: Trainingslager nötig
«Das immer wiederkehrende Gezerre und ständige Hin und Her ist ermüdend und zu einem gewissen Grad auch frustrierend», sagte der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks mit Blick auf die Ampel. «Wir sind nicht genügend wettbewerbsfähig, und da reicht es nicht, sich einen neuen Trainingsanzug zu kaufen. Da müssen wir ins Trainingslager.»
Es müssten mehr private Investitionen angereizt werden. Die Steuer- und Abgabenlast müsse sinken. Die Stromsteuer müsse für alle Verbraucher, und damit auch für alle Betriebe, auf das EU-Mindestmaß gesenkt werden. Bürokratie müsse abgebaut werden.
«Weniger Zettel, mehr Wirtschaft auf jeden Fall. Wieder mehr Zutrauen in Betriebe und Beschäftigte.»
Politik soll große Themen anpacken
Die Politik traue sich nicht, die großen Themen anzupacken, so Dittrich. Der wirtschaftspolitische Kompass müsse neu ausgerichtet werden. «Als die drei größten Problemfelder nennen Handwerkerinnen und Handwerker die hohe Steuer- und Abgabenlast, die Bürokratie und die Fachkräftesicherung», sagte der Handwerkspräsident.
«Damit sind die Handlungsaufträge für die Politik klar: Betriebe wie Beschäftigte müssen entlastet werden, damit sie wieder Spielraum für Investitionen haben. Der Bürokratieabbau darf nicht nur auf dem Papier stehen, sondern muss im Betriebsalltag spürbar werden.» Für die Fachkräftesicherung sei es zentral, dass die Politik endlich die «Bildungswende» umsetze und Gleichwertigkeit schaffe: «Damit für junge Menschen greifbar wird, dass das Handwerk ihnen die Chance auf eine Karriere mit Sinn, Sicherheit und Zukunft bietet.»
Handwerk: Sozialabgaben müssen runter
Es werde außerdem immer dringlicher, dass über eine grundlegende Reform der Sozialversicherungssysteme gesprochen werde. «Die Belastungen für Betriebe wie für Beschäftigte laufen schlicht aus dem Ruder.» Beim Thema Sozialabgaben mauere die Politik aber regelrecht, weder Regierung noch Opposition trauten sich daran. «Seit Jahren warnen wir davor, dass die Beiträge außer Kontrolle geraten, wenn wir die Finanzierung der Sozialversicherungssysteme nicht grundlegend reformieren und dabei den Faktor Lohn entlasten.»
Gerade das lohnintensive Handwerk sei gegenüber Wirtschaftsbereichen benachteiligt, in denen die Personalkosten keinen so hohen Anteil haben. «Aktuell geschieht genau das, was wir befürchtet haben: Das Überschreiten der 40-Prozent-Marke im letzten Jahr war ein Dammbruch. Seither steigen die Sozialbeiträge in schwindelerregender Geschwindigkeit. Bereits in zehn Jahren sollen die Sozialabgaben fast die 50-Prozent-Marke erreicht haben.»