Die von Polizisten in Schwalmstadt tödlich verletzte Frau hat keine scharfe Waffe getragen. Das teilten die Staatsanwaltschaft Marburg und das hessische Landeskriminalamt (LKA) am Freitag gemeinsam mit. «Nach den bislang durchgeführten Ermittlungen handelt es sich bei der von der Frau geführten Waffe nicht um eine 'scharfe' Waffe, sie sieht einer solchen jedoch zum Verwechseln ähnlich», erklärten die Ermittler. Ob die 20-Jährige tatsächlich Schüsse abgegeben habe und um welche Art Waffe es sich handelt, werde derzeit durch Sachverständige des LKA in Wiesbaden untersucht.
Die Frau habe keine Waffe mit Munition verwendet, wie sie etwa von der Polizei getragen werde, erläuterte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Es könne sich um eine Schreckschusspistole oder Softair-Waffe handeln. Auch könne derzeit nicht mit hundertprozentiger Sicherheit gesagt werden, ob die Frau auf die Beamten geschossen habe. «Fest steht, dass sie eine Waffe gezogen und diese auf die Beamten gerichtet hat», so der Sprecher.
Am Donnerstag hatten die Ermittler zunächst mitgeteilt, die Frau habe nach bisherigen Erkenntnissen eine Schusswaffe gezogen und auf die Polizeikräfte geschossen. Diese hätten sodann von ihrer Schusswaffe Gebrauch gemacht und die Frau verletzt. Sie war trotz sofortiger Erste-Hilfe-Maßnahmen noch im Rettungswagen gestorben. Die Polizisten blieben unverletzt. Hinweise auf einen politischen, terroristischen oder ähnlichen Hintergrund gebe es nicht.
Verdacht der Trunkenheit am Steuer in der Nacht vor der Tat
Wie die weiteren Ermittlungen ergeben hätten, sei die Frau schon in der Nacht auf Donnerstag wegen des Verdachts der Trunkenheit im Verkehr sowie des unerlaubten Entfernens vom Unfallort aufgefallen, teilten Staatsanwaltschaft und LKA nun mit. Polizeibeamte der Polizeistation Schwalmstadt hätten sie zur Polizeistation gebracht. Dort sei ihr Blut entnommen worden. «Nach Abschluss der Maßnahmen wurde sie wieder entlassen.»
Gegen 6.00 Uhr am Donnerstagmorgen sei die Frau zur Polizeistation Schwalmstadt zurückgekehrt und mit einem Auto auf den dortigen Hof gefahren. Sie sei zunächst im Fahrzeug sitzen geblieben. «Als sich drei Polizeibeamte und eine Polizeibeamtin dem Fahrzeug näherten, stieg sie aus dem Fahrzeug aus und richtete wenige Sekunden später eine Schusswaffe auf die Beamten», so die Ermittler. Daraufhin sei es zum polizeilichen Schusswaffengebrauch gekommen.
Von mindestens zwei Kugeln getroffen
Die Leiche der deutschen Staatsangehörigen, die laut Mitteilung zuletzt ohne festen Wohnsitz war, wurde demnach noch am Donnerstagabend obduziert. Dabei sei festgestellt worden, dass sie durch mindestens zwei Kugeln getroffen wurde. «Todesursächlich war eine Verletzung innerer Organe einhergehend mit einem hohen Blutverlust.»
Die Frau ist den Angaben zufolge bereits mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten, insbesondere wegen Delikten im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr. Zu ihren Motiven und den näheren Hintergründen könnten derzeit noch keine weiteren Angaben gemacht werden, hieß es am Freitag.
Gegen die vier Polizeibeamten sei - wie bei solchen Sachverhalten üblich - ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Totschlags eingeleitet worden. «Die genauen Umstände des Einsatzes sowie die weiteren Hintergründe werden derzeit durch das Hessische Landeskriminalamt ermittelt.»