Die geschäftsführende Finanzministerin Heike Taubert (SPD) muss Thüringens Finanzreserven komplett aufbrauchen, um einen ausgeglichenen Haushalt für 2025 vorlegen zu können. Voraussichtlich würden sowohl das Geld aus der Rücklage als auch die restlichen Gelder aus dem Corona- und Energiehilfefonds des Landes gebraucht, um die Ausgaben im kommenden Jahr finanzieren zu können, sagte ein Sprecher von Taubert auf dpa-Anfrage in Erfurt. Wegen der Tarifanhebungen im öffentlichen Dienst, aber auch vom Landtag beschlossene neue Gesetze werde das Haushaltsvolumen voraussichtlich um etwa 250 Millionen auf 13,75 Milliarden Euro steigen. In diesem Jahr hat der vom Landtag beschlossene Thüringer Etat ein Volumen von rund 13,5 Milliarden Euro.
Der CDU-Haushaltspolitiker Maik Kowalleck sagte, man erwarte mehr Anstrengungen der geschäftsführenden Landesregierung, «ein Milliardenloch im Jahr 2026 zu vermeiden». Ein Gegensteuern sei geboten. «In einer schwierigen wirtschaftlichen Lage ist es jetzt die oberste Aufgabe, einen vernünftigen Haushalt ohne Defizit vorzulegen, um zukünftige Handlungsspielräume zu erhalten und echte Zukunftsinvestitionen zu ermöglichen.»
Entscheidung am 15. Oktober
Am Freitag ging der Haushaltsentwurf von Taubert nach Angaben ihres Sprechers an die Fachministerien, die Zeit für eine erneute Stellungnahme hätten. Mitte Oktober wolle das Kabinett dann über das Zahlenwerk final entscheiden, das danach an den Anfang September neu gewählten Landtag zur Beratung und Entscheidung gehe. Weil noch keine neue Regierung im Amt ist, übernimmt Rot-Rot-Grün nochmals die Verantwortung für den Haushaltsentwurf. «Sonst vergeht zu viel Zeit», so der Sprecher des Finanzministeriums. Es solle sichergestellt werden, «dass das Land nicht haushaltslos ins Jahr 2025 geht beziehungsweise eine haushaltslose Zeit möglichst knapp ausfällt», erklärte die Staatskanzlei.
Angesichts der schwachen Konjunktur und vieler finanzieller Verpflichtungen sei der Finanzspielraum des Landes bereits in diesem Jahr gesunken. 2025 setze sich das fort, so der Ministeriumssprecher. Nach seinen Angaben sind in der Rücklage des Landes - eine Art Finanzpolster für schlechte Zeiten - derzeit noch etwa 550 Millionen Euro. In dem Corona- und Energiehilfsfonds, dessen Laufzeit ohnehin zum Jahresende ende, seien es noch knapp 260 Millionen Euro.
Haushalt enthält ungedeckte 165 Millionen Euro
Aber auch das reiche nicht, um die zusätzlichen Verpflichtungen, unter anderem durch das verbesserte Kindergartengesetz und das neue Ehrenamtsgesetz, komplett zu finanzieren. Der Haushaltsentwurf von Taubert werde voraussichtlich eine Finanzierungslücke von 165 Millionen Euro enthalten. Diese sogenannte globale Minderausgabe müsse, wenn der Landtag zustimmt, von der neuen Regierung im Verlauf des kommenden Jahres geschlossen werden. Dabei handelt es sich um einen Betrag, der quasi bisher nicht durch Einnahmen gedeckt ist.
«Generell bestehen im kommenden Jahr mehr Unsicherheiten. Das betrifft die weitere wirtschaftliche Entwicklung, aber auch die Höhe der Steuereinnahmen», so der Ministeriumssprecher. Mehr Klarheit werde die November-Steuerschätzung für Bund, Länder und Kommunen bringen.
Ministerien sollen Reserve bilden
Für das laufende Jahr hatte die rot-rot-grüne Regierung Vorkehrungen getroffen, damit der Haushalt nicht aus dem Lot gerät. Zahlungszusagen für das kommende Jahr in bestimmten Förderprogrammen wurden auf den Prüfstand gestellt. Dabei handelt es sich um sogenannte Verpflichtungsermächtigungen, also Zahlungszusagen für einen späteren Zeitpunkt. Als Reaktion auf sinkende Steuereinnahmen in diesem Jahr müssen die Ministerien nach bisherigen Angaben etwa 70 Millionen Euro mehr einsparen als ohnehin geplant.
Sie sollen ihre Ausgaben um 0,5 Prozent herunterfahren und eine sogenannte Bewirtschaftungsreserve bilden. Der diesjährige Landeshaushalt enthält bereits eine Finanzierungslücke von 156 Millionen Euro, die die Ministerien ebenfalls durch geringere Ausgaben schließen müssen. Die Mai-Steuerschätzung hatte Thüringen geringere Einnahmen von 112 Millionen Euro als erwartet in Aussicht gestellt.