Zuschussbetrieb oder Jobmotor: Der defizitäre und umstrittene Regionalflughafen Kassel-Calden sorgt nach Aussagen des grünen Oberbürgermeisters Sven Schoeller erneut für Wirbel und Diskussionen.
Schoeller, Kasseler Stadtoberhaupt und stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafen GmbH, hatte nach Protesten der «Letzten Generation» in einem Gespräch mit der Klimagruppe Ende vergangener Woche den Sinn weiterer Subventionen für den Airport in Frage gestellt. Man glaube an die Zukunft des benachbarten Gewerbeparks, aber anders als das Land glaube man nicht an die Wirtschaftlichkeit des Flughafens. Dafür erntet der Grünen-Politiker Kritik.
Kasseler OB sieht auch in den kommenden Jahren Verluste
«Das Dogma, die anhaltende Subventionierung des Urlaubsflugbetriebes nicht hinterfragen zu dürfen, führt zu einem Reputationsschaden für den gesamten Wirtschaftsstandort, weil jeder von außen die Lage klar erkennen kann», sagte Schoeller. Man könnte den Gesellschaftszweck der Entwicklung eines nachhaltigen Gewerbegebiets aus der Flughafen GmbH herauslösen und in eine eigenständige GmbH überführen. Das Land könne bei Interesse dann die Anteile der Stadt am Flugbetrieb kaufen.
«Bei dieser Konstellation hätten alle gewonnen: Wir, die wir der Meinung sind, dass der Flugbetrieb auch in den kommenden Jahren Verluste bringen wird, entlasten unsere Haushalte. Und das Land Hessen, das der Meinung ist, dass der Flugbetrieb demnächst profitabel werden wird, kann die seiner Ansicht nach anfallenden Profite ganz für sich alleine verwenden», sagte Schoeller.
Proteste gegen Flughafen
Die Klimagruppe «Letzte Generation» protestiert immer wieder gegen den Flughafen, der zwischen den Airports Frankfurt und Hannover und nur rund 50 Kilometer Luftlinie vom Regionalflughafen Paderborn entfernt 2013 eröffnet wurde. Zuletzt pflanzten Mitglieder der Klimagruppe symbolisch Bäume auf dem Rollfeld und zwangen damit ein Privatflugzeug zum Durchstarten.
Der 271 Millionen Euro teure Airport ist seit der Eröffnung defizitär. 2023 betrug das Defizit rund fünf Millionen Euro. Anfangs wurden Passagierzahlen von 500.000 bis 600.000 bis zum Jahr 2020 prognostiziert. Im vergangenen Jahr waren es 115.000. Größter Gesellschafter ist das Land mit 68 Prozent, Stadt und Landkreis Kassel halten je 14,5 und die Gemeinde Calden 3 Prozent.
Kopfschütteln bei den Partnern
Nach den Äußerungen des Oberbürgermeisters hagelte es Kritik. «Die aktuellen Äußerungen des Kasseler Oberbürgermeisters haben nicht nur mich irritiert. Kunden, Reisebüros und Fluggesellschaften können sich jedoch sicher sein, dass der Flughafen weiter von einer breiten Mehrheit getragen und unterstützt wird», sagte der Aufsichtsratsvorsitzende, Finanzstaatssekretär Uwe Becker. Volkswirtschaftlich sei der Flughafen ein Gewinn. «Betriebswirtschaftliche Kosten nehmen wir dafür in Kauf.» Die schwarz-rote Landesregierung hatte sich schon im Koalitionsvertrag klar zum Airport bekannt.
«Der Flughafen ist ein Treiber der wirtschaftlichen Entwicklung im Landkreis Kassel.
Mehr als 1.300 Arbeitsplätze sind bereits entstanden, weitere Einstellungen und
Unternehmensansiedlungen sowie -erweiterungen im neuen Gewerbepark stehen
bevor», sagte Landrat Andreas Siebert (SPD). Der parteilose Bürgermeister von Calden, Maik Mackewitz, sagte, die Gemeinde und die Region stünden zu dem Projekt Flughafen und
Gewerbepark Kassel Airport.