Die Zahl der Drogentoten in Deutschland ist auf ein Rekordhoch gestiegen. Wegen des Konsums illegaler Substanzen starben im vergangenen Jahr 2227 Menschen und damit 237 mehr als 2022, wie der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert (SPD) am Mittwoch in Berlin mitteilte. Dies sei die höchste bisher je registrierte Zahl.
Einen starken Anstieg gab es bei Kokain und Crack. Häufigste Todesursache waren weiterhin Fälle in Zusammenhang mit Heroin. Immer mehr Konsumenten nehmen vermischt mehrere Drogen. Blienert forderte eine bundesweit stärkere Vorbeugungsarbeit und ein Eindämmen auch von Alkohol und Tabak.
Zahlen haben sich in zehn Jahren verdoppelt
Die Zahlen seien erschreckend und lägen nun etwa doppelt so hoch wie vor zehn Jahren, sagte der Beauftragte der Bundesregierung bei einem Besuch in einem Drogenkonsumraum in Berlin. «Es ist vieles erhältlich, was stark wirkt, was tödlich wirkt und was in vielen Bereichen im Mischkonsum ganz schnell zu Todesfällen führen kann.» Dabei wisse man durch Erfahrungen aus der Praxis, «dass viele Substanzen billiger sind als manches Glas Bier». Gebraucht würden «ganz konkrete Fortschritte bei der Prävention und soziale Hilfe vor Ort».
Unter den 2024 erfassten 2227 Drogentoten waren 1844 Männer und 383 Frauen. Das Durchschnittsalter stieg weiter leicht auf gut 41 Jahre. Dabei seien es meist nicht Erstkonsumierende, die im ersten Jahr sterben, erläuterte Blienert. «Das kann passieren durch Überkonsum, durch Unwissenheit.» In der Regel seien es aber Menschen, die viele Jahre im Hilfesystem älter werden konnten. Hinter den Zahlen verberge sich unendliches Leid für Betroffene, ihre Familien und das Umfeld.
Kokain
Deutlich mehr Menschen starben in Zusammenhang mit Kokain und Crack. Die Zahl der Toten stieg nach den Daten der Landeskriminalämter im vergangenen Jahr auf 610 nach 507 im Jahr zuvor. Hintergrund sei auch, dass in europäischen Häfen große Mengen Kokain gefunden würden. Diese «Schwemme» habe Auswirkungen auf das Angebot, sagte Blienert. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte: «Wir haben den Kampf gegen die internationalen Drogenkartelle deshalb noch stärker forciert.» Bei Crystal Meth (Metamphetamin) stieg die Zahl der Toten auf 122 nach zuvor 47.
Heroin
Häufigste Ursache für Todesfälle waren weiterhin Heroin und Morphin. Die Zahl der Toten ging nun aber leicht von 749 auf 712 zurück. Bezogen auf alle Substanzen gibt es generell eine hohe Dunkelziffer, wie der Beauftragte deutlich machte. «Ich befürchte, dass es in der Realität noch mehr Drogentodesfälle gibt – wir haben viel zu wenige toxikologische Gutachten und Obduktionen.» Obduziert wurden in den Ländern 2023 demnach 1167 Tote, es gab 882 Gutachten.
Mischkonsum
Zu einem immer größeren Problem wird der Konsum verschiedener illegaler Substanzen nebeneinander. Bei 1479 der 2227 Drogentoten gab es nun einen solchen Mischkonsum, das waren 34 Prozent mehr als 2022. Teils gebe es einen «Abriss» in der Unterstützung, sagte Blienert. Konsumenten besorgten sich dann auch auf dem Schwarzmarkt Stoffe, von denen man nicht wisse, was drin ist.
Hilfen
Blienert forderte Drogenkonsumräume, wo sie nötig sind. Derzeit gibt es den Angaben zufolge bundesweit 31 solche Einrichtungen für weniger riskanten Konsum unter kontrollierten Bedingungen - nicht in allen Ländern. In den Blick sollen auch spezielle Angebote zu Crack, zumal «Konsumvorgänge» da teils relativ wenig kosteten. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen warnte, dass viele öffentlich finanzierte Beratungsstellen ihre Kosten nicht decken könnten. Blienert betonte, «dass jeder investierte Euro in der Suchthilfe mehrfach gesellschaftlich wieder zurückkommt».
Legale Drogen
«Wenn wir über 2227 Tote durch den Konsum illegaler Drogen reden, müssen wir gleichzeitig auch über 150.000 Tote durch den Konsum von Tabak und Alkohol reden», sagte der Beauftragte. Für Tabak und Alkohol müssten endlich Einschränkungen beim Sponsoring und Marketing kommen. Abgeschafft gehöre auch, dass Kinder ab 14 Jahren in Begleitung Erwachsener Alkohol trinken dürfen. Dass die teilweise Legalisierung von Cannabis zu einer deutlichen Veränderung bei den Drogentoten insgesamt führt, erwartet Blienert nicht. Man könne nun aber mehr in Prävention und Jugendschutz einsteigen und den Schwarzmarkt zurückdrängen.