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Vorschläge zu Asylverfahren in Drittstaaten im Dezember

Die Union will Asylverfahren außerhalb der EU unbedingt ausprobieren. Der Kanzler ist skeptisch. Das Ergebnis ist nun ein weiter Prüfauftrag.
Ministerpräsidentenkonferenz
Die Bundesregierung will die Prüfung von Asylverfahren in Ländern außerhalb der Europäischen Union fortsetzen und bis Dezember konkrete Ergebnisse vorlegen. © Hannes P. Albert/dpa

Die Bundesregierung will die Machbarkeit von Asylverfahren in Ländern außerhalb der Europäischen Union prüfen und bis zum Dezember Ergebnisse vorlegen. Das sagte Kanzler Olaf Scholz (SPD) den Ministerpräsidenten der Länder gestern nach mehrstündigen Beratungen in Berlin zu.

Es sei «fest vereinbart» worden, dass die Bundesregierung dazu inhaltliche Vorschläge mache, erklärte der SPD-Politiker. «Wenn wir das nächste Mal mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten zusammenkommen, wird das der Fall sein.» Die nächste reguläre Sitzung ist für den 12. Dezember geplant.

Gleichzeitig dämpfte Scholz die Erwartungen an eine Drittstaaten-Regelung und schätzte, dass die Zahl der Asylbewerber in Deutschland dadurch nur um wenige Tausend gesenkt würde. Die Ministerpräsidenten der Länder hatten Scholz vorher aufgefordert, «konkrete Modelle» für Asylverfahren in sogenannten Drittstaaten oder Transitländern vorzulegen.

Ruanda und Albanien: Zwei Modelle gibt es schon

Die Union dringt seit langem auf eine Regelung, nach der Migranten entweder schon auf ihrem Weg nach Europa in Transitstaaten Asylverfahren durchlaufen oder nach Ankunft in Deutschland in Drittstaaten außerhalb der EU geschickt werden.

Italien hat ein solches Modell mit Albanien für Bootsflüchtlinge vereinbart, die im Mittelmeer aufgegriffen werden. Großbritannien will Asylbewerber nach Ruanda bringen, die dann auch dort bleiben sollen, wenn ihnen bei der Prüfung ein Schutzstatus gewährt wird.

Scholz sieht beide Modelle skeptisch. Ein Modell wie von Italien vorgesehen komme angesichts der anderen geografischen Lage für Deutschlands so nicht infrage. Das Gleiche gelte für das britische Modell. Bei diesen Ländern gehe es außerdem nur um 3000 beziehungsweise 6000 Betroffene. Mit der Größenordnung, die Deutschland bewältigen müsse, habe das «nur ein bisschen was zu tun».

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte auf Bitten der Länder zu den rechtlichen und praktischen Voraussetzungen Stellungnahmen von Experten eingeholt, die mit den Ministerpräsidenten diskutiert wurden. Im gemeinsamen Beschlusspapier des Bund-Länder-Gipfels heißt es nun vorsichtig: «Die Bundesregierung wertet nun die im Nachgang eingereichten Stellungnahmen der Sachverständigen aus und wird hieraus Schlussfolgerungen ziehen.»

Rhein: «So schnell wie möglich und so viel wie möglich»

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU), wertete den Beschluss trotzdem als «Meilenstein» auf dem Weg zu einem praktikablen Modell. «Wir werden jetzt nicht bei Gutachten stehenbleiben, das begrüße ich sehr.» Auf die Frage, in welchem Umfang und wann er hier Entlastung erwartet, sagte Rhein: «So schnell wie möglich und so viel wie möglich.»

Die SPD-Länder zeigten sich wie Scholz skeptisch, dass man mit einer solchen Regelung die irreguläre Einwanderung deutlich bremsen kann. «Dass das eine Lösung unserer strukturellen Probleme sein wird, das glaube ich nicht», sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. Die rot-rot-grünen Regierungen Thüringens und Bremens distanzierten sich in einer Protokollerklärung sogar deutlich.

Die gemeinsame europäische Asylpolitik müsse die Rechtsstaatlichkeit der Verfahren und Humanität sicherstellen, heißt es darin. «Die Verlagerung von Asylverfahren in Transit- und Drittstaaten entspricht diesen Anforderungen nicht.» Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sprach von einer «Scheinlösung».

Bayern und Sachsen (beide unionsregiert) gingen dagegen die Beschlüsse nicht weit genug. Sie legten einen Fünf-Punkte-Plan vor, der unter anderem die Forderung nach einem «Sofort-Arrest» für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder enthält, die nicht abgeschoben werden können.

Bezahlkarte: Nicht mehr als 50 Euro Bargeld im Monat

Bei der geplanten Bezahlkarte für Asylbewerber einigten sich die Länder untereinander darauf, die Auszahlung von Bargeld auf 50 Euro pro Monat zu begrenzen. Rhein sprach von einem wichtigen Zeichen. Die Bezahlkarte solle ab dem Sommer an den Start gehen, wenn die Ausschreibung für den Dienstleister beendet sein wird. 14 von 16 Bundesländern hatten sich Ende Januar auf ein gemeinsames Vergabeverfahren für die Bezahlkarte geeinigt.

Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege. Bremen und Thüringen schlugen allerdings in einer Protokollerklärung statt monatlich 50 Euro bar einen «Bargeldkorridor von 50 bis 120 Euro» wegen unterschiedlicher regionaler Voraussetzungen vor. Rheinland-Pfalz wandte sich vor diesem Hintergrund gegen «eine starre Festlegung» auf 50 Euro.

Grenzkontrollen stoßen bei Ministerpräsidenten auf Zustimmung

Die Länderchefs begrüßten die im Oktober eingeführten zusätzlichen Kontrollen an der Grenze zu Tschechien, Polen und der Schweiz. In dem gemeinsamen Beschluss mit dem Bund heißt es, die Bundespolizei nutze die Binnengrenzkontrollen schon jetzt dazu, Flüchtlinge, die aus einem anderen EU-Mitgliedstaat einreisten, entsprechend den rechtlichen Möglichkeiten zurückzuweisen. Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs seien der Auffassung, dass die EU-Rückführungsrichtlinie bei einer Neufassung so abgefasst werden sollte, dass Zurückweisungen weiter «in einer praktikablen Weise erfolgen können».

Einigkeit bei Abschiebung nach Afghanistan und Syrien

Einigkeit gab es bei der geplanten Abschiebungen von Schwerkriminellen nach Syrien und Afghanistan. Die Länder begrüßten die entsprechende Ankündigung von Scholz als Reaktion auf die tödliche Messerattacke eines Afghanen in Mannheim. «Bei einer konkreten Umsetzung wird ein enges Zusammenwirken zwischen Bund und Ländern erforderlich sein», heißt es im Beschlusspapier. Es bleibt aber weiterhin offen, wie die Bundesregierung die Abschiebungen praktisch hinbekommen will. Im Fall von Afghanistan geht das nur über Verhandlungen mit der Taliban-Regierung oder Vereinbarungen mit den Nachbarländern.

Keine Einigung zur Pflichtversicherung

Der Forderung der Länder nach einer bundesweit geltenden Pflichtversicherung gegen Hochwasser- und andere Elementarschäden gab die Bundesregierung unterdessen nicht nach. «Die aus dem Länderkreis geforderte Pflichtversicherung würde das Wohnen in Deutschland teurer machen, eine große Bürokratie nach sich ziehen und den Staat nicht aus der finanziellen Haftung nehmen», begründete der federführend zuständige Bundesjustizminister, Marco Buschmann (FDP), am Donnerstagabend die ablehnende Haltung der Regierung. Es solle weitere Gespräche geben.

Nach den Vorstellungen der Länder sollen die Unternehmen jedem Hauseigentümer, der sich gegen Elementarschäden versichern will, einen Vertrag anbieten müssen. Bisher finden Hausbesitzer für Gebäude in stark hochwassergefährdeten Gebieten teils keine Versicherung, die das hohe Risiko übernehmen will. Nur etwa die Hälfte der privaten Gebäude in Deutschland ist elementarversichert.

Scholz sieht Fortschritte: «Wir machen Deutschland schneller»

Fortschritte sah Scholz in der Zusammenarbeit von Bund und Ländern für schnellere Genehmigungsverfahren. Inzwischen seien 80 Prozent der Vorhaben aus dem Deutschlandpakt für Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung umgesetzt oder in Umsetzung, sagte er nach dem Treffen. «Wir machen Deutschland schneller».

© dpa
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