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Bundesregierung prüft Asylverfahren in Drittstaaten weiter

In der Migrationspolitik sollen Möglichkeiten für Asylprüfungen außerhalb der EU und Abschiebungen ausgelotet werden. Beim Treffen des Kanzlers mit den Landeschefs gibt es Annäherung - aber auch Uneinigkeit.
Ministerpräsidentenkonferenz
Die Bundesregierung will die Prüfung von Asylverfahren in Ländern außerhalb der Europäischen Union fortsetzen und bis Dezember konkrete Ergebnisse vorlegen. © Hannes P Albert/dpa

Die Bundesregierung will die Prüfung von Asylverfahren in Ländern außerhalb der Europäischen Union fortsetzen und dazu bis Dezember konkrete Ergebnisse vorlegen. Das ist das Ergebnis eines Treffens von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Regierungschefs der Länder in Berlin.

Der Kanzler sagte nach dem neuerlichen Spitzentreffen: «Es ist fest vereinbart, dass wir den Prozess fortführen und in diesen Fragen auch weiter berichten werden.» Gleichzeitig dämpfte Scholz mögliche Erwartungen.

Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte zu den rechtlichen und praktischen Voraussetzungen für Asylprüfungen in Drittstaaten Stellungnahmen von Experten eingeholt. Zur Frage, welche Möglichkeiten es gibt, sagte Scholz: «Ich glaube, das ist zu früh.»

Modell Italien - Albanien?

Ein Modell wie von Italien vorgesehen, mit einer Verlagerung der Asylverfahren für Bootsmigranten nach Albanien, komme angesichts der anderen geografischen Lage für Deutschlands so nicht infrage, sagte Scholz. Das Gleiche gelte für das britische Modell, wo Flüchtlinge nach Ruanda geflogen werden sollen. Bei diesen Ländern gehe es um 3000 beziehungsweise 6000 Betroffene. Mit der Größenordnung, die Deutschland bewältigen müsse, habe das «nur ein bisschen was zu tun».

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Boris Rhein (CDU), sagte: «Wir werden jetzt nicht bei Gutachten stehenbleiben, das begrüße ich sehr.» Auf Initiative der Union hatten sich die Ministerpräsidenten vor ihrem Treffen mit Scholz auf einen Beschluss geeinigt, in dem die Bundesregierung dazu aufgefordert wird, «konkrete Modelle» für Asylverfahren in Drittstaaten oder Transitländern vorzulegen.

Die SPD-Seite zeigte sich trotzdem skeptisch, dass man mit einer solchen Regelung die irreguläre Einwanderung deutlich bremsen kann. «Dass das eine Lösung unserer strukturellen Probleme sein wird, das glaube ich nicht», sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil.

Scholz sagte, die Bundesregierung werde zudem die Abschiebungen von Schwerkriminellen und «Gefährdern» auch nach Afghanistan und Syrien vorantreiben. Die Bundesinnenministerin habe dazu schon Gespräche aufgenommen, man sei dort «auf einem guten Weg».

Bayern und Sachsen (beide unionsregiert) waren bereits die Länder-Beschlüsse nicht weit genug gegangen. Sie legten einen Fünf-Punkte-Plan vor, der unter anderem die Forderung nach einem «Sofort-Arrest» für ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder enthält, die nicht abgeschoben werden können. Die Union dringt seit langem auf eine Regelung, nach der Migranten entweder schon auf ihrem Weg nach Europa in Transitstaaten Asylverfahren durchlaufen oder nach Ankunft in Deutschland in Drittstaaten außerhalb der EU geschickt werden.

Thüringen und Bremen zeigten sich in einer Protokollerklärung unzufrieden mit den neuen Absprachen. Darin stellen sie infrage, ob eine Verlagerung von Asylverfahren die Anforderungen an Rechtsstaatlichkeit und Humanität erfüllt.

Bezahlkarte: Nicht mehr als 50 Euro Bargeld im Monat

Bei der geplanten Bezahlkarte für Asylbewerber einigten sich die Länder darauf, die Auszahlung von Bargeld auf 50 Euro pro Monat zu begrenzen. Rhein sprach von einem wichtigen Zeichen. Die Bezahlkarte solle ab dem Sommer an den Start gehen, wenn die Ausschreibung für den Dienstleister beendet sein wird. 14 von 16 Bundesländern hatten sich Ende Januar auf ein gemeinsames Vergabeverfahren für die Bezahlkarte geeinigt. Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehen eigene Wege. Bremen und Thüringen schlugen allerdings in einer Protokollerklärung statt monatlich 50 Euro bar einen «Bargeldkorridor von 50 bis 120 Euro» wegen unterschiedlicher regionaler Voraussetzungen vor. Rheinland-Pfalz wandte sich vor diesem Hintergrund gegen «eine starre Festlegung» auf 50 Euro.

Grenzkontrollen stoßen bei Ministerpräsidenten auf Zustimmung

Die Länderchefs begrüßten die im Oktober eingeführten zusätzlichen Kontrollen an der Grenze zu Tschechien, Polen und der Schweiz. In dem Beschluss heißt es, die Bundespolizei nutze die Binnengrenzkontrollen schon jetzt dazu, Flüchtlinge, die aus einem anderen EU-Mitgliedstaat einreisten, entsprechend den rechtlichen Möglichkeiten zurückzuweisen. Der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs seien der Auffassung, dass die EU-Rückführungsrichtlinie bei einer Neufassung so abgefasst werden sollte, dass Zurückweisungen weiter «in einer praktikablen Weise erfolgen können».

Rhein: Voraussetzung für Abschiebung in andere Länder schaffen

Rhein forderte den Bund auch auf, zügig die Voraussetzungen für die geplanten Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan zu schaffen. Die Länder begrüßten die Ankündigung von Scholz, schwere Straftäter und terroristische Gefährder beispielsweise auch in Länder wie Syrien oder Afghanistan abzuschieben und auch Ausweisungsregelungen bei Billigungen terroristischer Straftaten zu verschärfen, sagte er. «Wir bekennen uns als Länder ausdrücklich zu unserer Verantwortung, die wir bei dem Thema natürlich auch haben, bei Abschiebungen», sagte er. Aber um abschieben zu können, brauchten die Länder Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern.

Keine Einigung zwischen Bund und Ländern zu Pflichtversicherung

Der Forderung der Länder nach einer bundesweit geltenden Pflichtversicherung gegen Hochwasser- und andere Elementarschäden gab die Bundesregierung unterdessen nicht nach. «Die aus dem Länderkreis geforderte Pflichtversicherung würde das Wohnen in Deutschland teurer machen, eine große Bürokratie nach sich ziehen und den Staat nicht aus der finanziellen Haftung nehmen», begründete der federführend zuständige Bundesjustizminister, Marco Buschmann (FDP), die ablehnende Haltung der Regierung.

Es solle weitere Gespräche geben. Nach den Vorstellungen der Länder sollen die Unternehmen jedem Hauseigentümer, der sich gegen Elementarschäden versichern will, einen Vertrag anbieten müssen. Bisher finden Hausbesitzer für Gebäude in stark hochwassergefährdeten Gebieten teils keine Versicherung, die das hohe Risiko übernehmen will. Nur etwa die Hälfte der privaten Gebäude in Deutschland ist elementarversichert.

Scholz sieht Fortschritte: «Wir machen Deutschland schneller»

Fortschritte sah Scholz in der Zusammenarbeit von Bund und Ländern für schnellere Genehmigungsverfahren. Inzwischen seien 80 Prozent der Vorhaben aus dem Deutschlandpakt für Planungs- und Genehmigungsbeschleunigung umgesetzt oder in Umsetzung, sagte er nach dem Treffen. «Wir machen Deutschland schneller».

© dpa ⁄ Michael Fischer, Anne-Beatrice Clasmann, Basil Wegener und Carsten Hoffmann, dpa
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