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Armutsgefährdung: Jedes siebte Kind und Jugendlicher bedroht

Millionen Kinder und Jugendliche sind von Armut und Ausgrenzung bedroht. Insbesondere der Bildungsabschluss der Eltern spielt dabei eine Rolle.
Jedes siebte Kind ist armutsgefährdet
Kinder von Akademikern sind deutlich seltener armutsgefährdet als Kinder von Eltern mit Hauptschulabschluss (Symbolbild). © Felix Kästle/dpa

Rund jedes siebte Kind und jeder siebte Jugendliche war im vergangenen Jahr armutsgefährdet. Etwa 2,1 Millionen unter 18-Jährigen entspreche einer Armutsgefährdungsquote von 14 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Die Quote war dabei gegenüber dem Vorjahr leicht rückläufig, 2022 waren noch 15 Prozent der Minderjährigen armutsgefährdet.

Armut ist laut Bundesamt ein mehrdimensionales Phänomen und kann sich nicht nur in finanziellen, sondern auch in sozialen Faktoren niederschlagen. Im Jahr 2023 war demnach sogar knapp jede oder jeder vierte unter 18-Jährige in Deutschland von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.

Insbesondere der Bildungsabschluss der Eltern spiele eine Rolle, erklärten die Statistiker. «Die Armutsgefährdungsquote von unter 18-Jährigen, deren Eltern über einen niedrigeren Bildungsabschluss wie einen Haupt- oder Realschulabschluss ohne beruflichen Abschluss verfügten, lag 2023 in Deutschland bei 36,8 Prozent», hieß es. Bei Eltern mit mittlerem Bildungsabschluss wie Abitur oder einer Berufsausbildung waren rund 14,3 Prozent der Kinder gefährdet. Hatten die Eltern einen höheren Bildungsabschluss wie einen Meistertitel oder ein absolviertes Studium, lag die Quote nur noch bei 5,8 Prozent. 

Entwicklung ist kein Grund zum Aufatmen 

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hält die aktuellen Zahlen hingegen für eine «massiv alarmierende Nachricht». Kinderarmut stagniere im Großen und Ganzen. In einem so wohlhabenden Land wie in Deutschland könne es nicht sein, dass jedes vierte Kind diese Hypothek im Kinder- und Jugendalter zu tragen habe, sagte Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der dpa. Er forderte dringlichst politische Maßnahmen: «Kein Kind ist allein in Armut, sondern das ist immer im Familienkontext. Das heißt, wir brauchen auch eine Verbesserung der Einkommenssituation von Familien insgesamt.»

Die Wirtschaftswissenschaftlerin Irene Becker wertete die Zahlen auf den ersten Blick als positive Entwicklung. Politische Stellschrauben wie Inflationsausgleichszahlungen oder die Erhöhung des Mindestlohns 2022 könnten sich positiv auf die Quote ausgewirkt haben. Dennoch verweist sie auf den realen Einkommensrückgang, gerade bei armutsgefährdeten Familien: «Wer direkt an der Armutsschwelle lebt, hat quasi weniger als real, weniger als 2020», sagte sie. «Also die ganzen Maßnahmen und Eingriffe und Versuche der Politik da gegenzusteuern, haben eben diesen Preisauftrieb in 2022 nicht gänzlich abfedern können.» 

Gerade im «Armutsbereich» sei es für Familien besonders schlimm, «weil diese Menschen eben keine Polster haben, wo sie mal auf Ersparnisse zurückgreifen können, um die Preissteigerung abzufedern.» das bedeute letztlich real weniger Lebensmittel oder andere alltägliche Dinge - auch für die Kinder und Jugendlichen in diesen Familien. 

Deutschland im Vergleich im Mittelfeld

Als armutsgefährdet gilt, wer über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung verfügt. Im Jahr 2023 lag dieser Wert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1314 Euro netto im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren waren es 2759 Euro netto im Monat.

Das Bundesamt geht von Armut oder sozialer Ausgrenzung aus, wenn eines oder mehrere der drei Kriterien Armutsgefährdung, erhebliche materielle Entbehrung oder Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung vorliegen. Es orientiert sich damit an einer europaweiten Vorgabe, was die Daten vergleichbar macht. 

Demnach liegt Deutschland mit seinem Anteil von 23,9 Prozent Betroffenen zwar unter dem europäischen Schnitt von 24,8 Prozent - aber hinter Staaten wie Slowenien (10,7 Prozent), Tschechien (15,0 Prozent), Dänemark (15,3 Prozent) oder Kroatien (17,3 Prozent). Weitaus schlimmer ist die Situation beispielsweise in Rumänien, wo der Anteil betroffener Kinder und Jugendlicher bei 39 Prozent liegt. Auch Spanien (34,5 Prozent) oder Frankreich (26,6 Prozent) liegen demnach hinter Deutschland. 

 

 

 

 

 

© dpa
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