Angesichts der durch russische Angriffe verursachten Energiekrise in der Ukraine hat der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Filippo Grandi, vor einem harten Winter gewarnt und um weitere Hilfen geworben. «Energie, Energie, Energie. Ich habe noch nirgendwo eine solche Einmütigkeit gesehen», schilderte Grandi der Deutschen Presse-Agentur seinen Eindruck von Gesprächen mit ukrainischen Offiziellen.
Die Verantwortlichen seien sehr besorgt. Und auch normale Menschen besonders in der ostukrainischen Metropole Charkiw hätten bereits Angst, im Winter ohne Heizung zu bleiben. Gleichzeitig mahnte der UN-Vertreter die internationale Gemeinschaft: «Halten Sie die Unterstützung aufrecht.»
Insbesondere nach den verheerenden russischen Raketenangriffen auf ukrainische Kraftwerke beobachte das UN-Flüchtlingshilfswerk in den vergangenen zwei bis drei Monaten wieder einen leichten Anstieg bei den Flüchtlingszahlen. «Sie sind besorgt, dass sie den Winter oder sogar diese sehr heiße Jahreszeit ohne Strom überstehen müssen», sagte Grandi.
Daher sei gerade die Stromkrise und nicht unbedingt die militärischen Angriffe der Hauptgrund für Ukrainer, Schutz im Ausland zu suchen. Bei russischen Raketen- und Drohnenangriffen wurden seit März Kraftwerkskapazitäten von mehr als neun Gigawatt zerstört. Landesweit gibt es daher seit Mai stundenlange Stromsperren.
Auch viele Rückkehrer in die Ukraine
Die UN beobachtete dabei jedoch auch eine nicht unerhebliche Zahl von Rückkehrern «Die Schätzung ist, dass seit Februar 2022 eine Million Menschen für mindestens drei Monate zurückgekehrt sind», sagte Grandi. Dabei gehe es um Menschen, die nicht nur kurz nach ihrem Haus geschaut haben. Dennoch seien weiterhin etwa 6,5 Millionen Ukrainer außerhalb des Landes.
Damit sei etwa ein Siebtel der ursprünglichen Flüchtlinge wieder im Land. Und den Einschätzungen seiner Organisation nach sei der Rückkehrwille weiterhin hoch. «Weiterhin sagen 60 bis 70 Prozent der in Europa befragten Flüchtlinge, dass sie zurück in die Ukraine wollen», teilte der Flüchtlingskommissar mit. Als Haupthindernisse werden die andauernden Kämpfe, die Energiekrise, aber auch fehlende Einkommensquellen angegeben.
Der russische Großangriff auf die Ukraine im Februar 2022 hat die größte Flüchtlingskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Im Land gibt es den Vereinten Nationen zufolge derzeit gut 3,5 Millionen Binnenvertriebene.