Das Oberste Gericht der USA hat aus Versehen eine mutmaßliche Entscheidung zu einem Abtreibungsfall veröffentlicht - und dann schnell wieder von seiner Webseite gelöscht.
Die zuständige Abteilung habe «versehentlich und kurzzeitig» ein Dokument hochgeladen, teilte die Sprecherin des Supreme Court, Patricia McCabe, mit. McCabe betonte, dass das Urteil in dem Fall noch nicht veröffentlicht sei und «zu gegebener Zeit» publiziert werde. Ob es sich bei dem Dokument um das Urteil gehandelt hat, ging aus dem Statement des Gerichts nicht hervor. Medienberichten zufolge war dem Dokument aber eindeutig zu entnehmen, dass das Gericht Abtreibungen in Idaho in medizinischen Notfällen erlauben will.
In dem Fall geht es um die Rechtmäßigkeit eines strikten Abtreibungsverbots in dem konservativen Bundesstaat. In Idaho sind Abtreibungen nur in wenigen Ausnahmefällen erlaubt, etwa wenn das Leben der Mutter - nicht aber ihr gesundheitliches Wohlergehen - in Gefahr ist. Nach Auffassung der Regierung von US-Präsident Joe Biden sind Notaufnahmen aber verpflichtet, Abtreibungen in medizinischen Notfällen durchzuführen. Daher hat sie gegen das Gesetz geklagt. Die Anhörung zu dem Fall fand im April statt. Aktuell veröffentlicht der Supreme Court in regelmäßigen Abständen die Entscheidungen zu den in dieser Sitzungsperiode verhandelten Fällen.
Dass dem Supreme Court ausgerechnet bei einem Abtreibungsfall eine solche Panne passiert, erinnert an den Leak vor rund zwei Jahren. Damals hatte das Magazin «Politico» einen vertraulichen Entwurf der Urteilsbegründung des Gerichts veröffentlicht, wonach der Oberste Gerichtshof sein Grundsatzurteil zu Abtreibungen von 1973 kippen wollte. Das Gericht hatte die Echtheit des Dokuments bestätigt, aber betont, es handle sich nicht um die finale Entscheidung. Am Ende kam es genauso: Im Juni 2022 hob das Gericht das Recht auf Abtreibung in den USA auf.