Mit der Auszählung eines Wahlkreises in Schottland steht das Ergebnis der britischen Parlamentswahl endgültig fest. Das Mandat für Inverness, Skye and West Ross-shire geht an Angus MacDonald von den Liberaldemokraten, die damit nun 72 Abgeordnete stellen, so viele wie noch nie. Die Stimmen mussten wegen statistischer Unklarheiten zweimal nachgezählt werden. Das Ergebnis bedeutet eine weitere Enttäuschung für die Schottische Nationalpartei (SNP). Sie schickt nur noch 9 Abgeordnete ins Unterhaus (House of Commons) in London. Zuvor waren es 48.
Das SNP-Resultat ist auch ein herber Rückschlag für die Befürworter einer Unabhängigkeit von Großbritannien. Der schottische Regierungschef John Swinney hatte darauf gesetzt, die Loslösung voranzutreiben, wenn seine Partei in Schottland die meisten Mandate holt. Die Strategie ging nach hinten los: Die SNP verlor zahlreiche Wahlkreise, vor allem an die sozialdemokratische Labour-Partei, deren Chef Keir Starmer neuer Premierminister ist.
Labour ist mit 412 Abgeordneten im Unterhaus (House of Commons) in London vertreten. Die Konservativen des abgewählten Premierministers Rishi Sunak kommen auf 121 Sitze, so wenig wie nie zuvor. Die rechtspopulistische Partei Reform UK von Brexit-Vorkämpfer Nigel Farage zieht mit fünf Mitgliedern erstmals ins Parlament ein. Die Grünen und die walisische Unabhängigkeitspartei Plaid Cymru halten jeweils vier Mandate.
Mehr als die Hälfte der insgesamt 650 Abgeordneten sitzt zum ersten Mal im Unterhaus. Mit 40 Prozent ist der Frauenanteil so hoch wie noch nie. Den scherzhaften Titel «Baby of the House» für den jüngsten Parlamentarier trägt der 22-jährige Sam Carling von der Labour-Partei.
SNP hat viel Vertrauen verloren
Das schlechteste SNP-Ergebnis seit 2010 sei «sehr, sehr schwierig und schädlich» für seine Partei, sagte Swinney. «Ich muss zugeben, dass es uns in diesem Wahlkampf nicht gelungen ist, die Menschen von der Dringlichkeit der Unabhängigkeit zu überzeugen.» In Umfragen liegen Befürworter und Gegner einer Loslösung von Großbritannien noch immer gleichauf.
Kommentatoren betonten, andere Themen seien für die Menschen in Schottland bei dieser Abstimmung wichtiger gewesen. Zudem hat die SNP viel Vertrauen verloren. Der Ehemann der langjährigen Regierungschefin Nicola Sturgeon, der für die Parteifinanzen verantwortlich war, ist in eine Affäre um den Missbrauch von Spendengeldern verwickelt. Sturgeons Nachfolger Humza Yousaf verkrachte sich mit den Grünen, die als Kooperationspartner an der Regierung beteiligt waren, und trat nach nur gut einem Jahr zurück.