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Deutschland und Usbekistan wollen Migration besser steuern

Das Migrationsabkommen mit Usbekistan ist nur ein kleiner Baustein bei dem Vorhaben der Ampel, die Zuwanderung besser zu steuern. Es hat aber möglicherweise einen nützlichen Nebeneffekt.
Kanzler Scholz in Usbekistan
Kanzler Scholz in Usbekistan

Zum Auftakt seiner Zentralasien-Reise hat Bundeskanzler Olaf Scholz mit Usbekistan eine engere Zusammenarbeit bei der Steuerung der Migration nach Deutschland vereinbart. Ein Abkommen dazu wurde bei seinem Besuch der fast 3.000 Jahre alten Handelsstadt Samarkand an der Seidenstraße unterzeichnet. Es soll den Zuzug von Fachkräften insbesondere im Pflege- und Gesundheitsbereich und die Rückführung von Usbeken ohne Bleiberecht in Deutschland erleichtern.

Bei letzterem Punkt geht es allerdings nur um 203 Personen (Stand 31. Juli). Das sind weniger als 0,1 Prozent aller 225.000 ausreisepflichtigen Migranten in Deutschland. Insgesamt leben 13.700 Usbeken in Deutschland. Vielleicht kann das Abkommen aber helfen, Straftäter über Usbekistan nach Afghanistan abzuschieben. 

«Dies ist nicht der Vertrag, der eine große Veränderung mit sich bringen wird, wenn man das Gesamtszenario (...) betrachtet», sagte der Kanzler. Er verwies aber darauf, dass Schritt für Schritt weitere Vereinbarungen nach diesem Muster folgen würden. 

Zentraler Bestandteil der Ampel-Migrationspolitik

Abkommen mit einzelnen Herkunftsländern sind ein zentraler Bestandteil der Migrationspolitik der Ampel-Regierung. Erst am vergangenen Freitag wurde in Berlin ein Migrationsabkommen mit Kenia unterzeichnet, mit Indien, Georgien, Marokko und Kolumbien gibt es solche Vereinbarungen schon länger. 

Mit Moldau und Kirgistan sind die Verhandlungen bereits weit fortgeschritten, und auch mit den Philippinen und Ghana laufen Gespräche. Die Abkommen basieren immer auf zwei Säulen: Abschiebung von Personen ohne Bleiberecht und Anwerbung von Fachkräften für den deutschen Arbeitsmarkt.

Abschiebungen nach Afghanistan über Usbekistan offen

Usbekistan ist als Nachbarland Afghanistans auch eins der Länder, das bei der Abschiebung von Straftätern dorthin helfen könnte. Es sei aber noch unklar, «ob und mit welchem Zeithorizont sich das praktisch materialisiert», heißt es aus Regierungskreisen. In dem Abkommen ist zwar grundsätzlich die «Durchbeförderung» von Staatsbürgern dritter Staaten geregelt. Aber eine konkrete Vereinbarung dazu enthält es nicht.

Deutschland schiebt seit Ende August wieder Straftäter in das von den islamistischen Taliban regierte Afghanistan ab. Der erste Flug wurde mit Hilfe von Katar organisiert. Scholz sagte auf eine Frage nach möglichen Abschiebungen über Usbekistan nur, dass es «vertrauliche Gespräche über Kooperationen in vielen Bereichen» gebe. 

«Perle des Orients»: Kulturprogramm zum Auftakt

Seinen Besuch in Samarkand, auch «Perle des Orients» genannt, begann Scholz mit einem Gang über den Registan, einen der prächtigsten Plätze Asiens. Dort besuchte er auch die Tilla-Kori-Moschee aus dem 17. Jahrhundert. Die Stadt gehört seit mehr als 20 Jahren zum Unesco-Weltkulturerbe.

Das Land mit seinen gut 36 Millionen Einwohnern öffnet sich seit Jahren stärker dem Westen. Unter dem Präsidenten Schawkat Mirsijojew hat es eine Vielzahl liberaler Reformen durchgezogen, Teile seiner Staatswirtschaft privatisiert und so auch Investoren angelockt. Allein in diesem Jahr wird ein Wirtschaftswachstum von über fünf Prozent erwartet – auch dank der engen Handelsbeziehungen zu China und Russland.

Der russische Präsident Wladimir Putin hat Usbekistan erst im Mai besucht und Investitionen angekündigt, bei denen Scholz kaum mithalten kann: Er sagte Hilfe für den Ausbau einer Gas-Pipeline und die Errichtung mehrerer Wasser- und Atomkraftwerke zu.

Zentralasien-Gipfel in Kasachstan

Am Montag reist Scholz weiter nach Kasachstan, in das größte und wirtschaftsstärkste Land Zentralasiens. Dort ist ein Gipfeltreffen mit allen fünf Staaten der zwischen Russland und China gelegenen Region geplant, zu denen auch noch Kirgistan, Turkmenistan und Tadschikistan zählen. Scholz will die Beziehungen zu diesen Ländern ausweiten und hat dazu vor einem Jahr in Berlin mit ihnen bereits eine strategische Partnerschaft mit den Schwerpunkten Wirtschaft, Energie, Klima und Umwelt vereinbart. Diese soll nun mit Leben gefüllt werden.

Die fünf zentralasiatischen Staaten haben zusammen knapp 80 Millionen Einwohner und damit etwas weniger als Deutschland. Ihre Fläche ist aber elfmal so groß wie Deutschland und entspricht ungefähr dem Gebiet der gesamten Europäischen Union mit ihren 27 Mitgliedstaaten. Lange Zeit stand die Region aus deutscher Sicht im Schatten der beiden Großmächte China und Russland, auf die sich das Interesse der deutschen Wirtschaft konzentrierte.

Der russische Angriff auf die Ukraine hat das geändert. Russland fällt als lange Zeit wichtigster Energielieferant Deutschlands aus. Und die wirtschaftliche Abhängigkeit von China soll vor allem wegen der schlechten Erfahrungen mit Russland nun ebenfalls verringert werden. Die Bundesregierung will deswegen in Afrika, Lateinamerika und Asien bestehende Partnerschaften zu weniger wirtschaftsstarken Ländern vertiefen und neue Partner finden.

Rohstoffreichtum und Menschenrechtsverletzungen

In den zentralasiatischen Staaten sind die Rohstoffvorkommen für Deutschland besonders interessant. So versorgt Kasachstan als wirtschaftsstärkstes Land der Region jetzt schon die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt mit Öl und gleicht die Kappung der russischen Lieferungen aus. Die Bundesregierung ist zudem an den Gasvorkommen in der Region interessiert. Kasachstan verfügt aber auch über Uran, Eisenerz, Zink, Kupfer oder Gold und gilt als potenzieller Partner für die Produktion von Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien gewonnen wird.

Die autoritär geführten Staaten der Region stehen allerdings wegen Menschenrechtsverstößen international in der Kritik. Das gasreiche Turkmenistan etwa gilt als eine abgeschottete Diktatur ähnlich wie Nordkorea. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch forderte Scholz vor der Reise auf, Missstände offen anzusprechen. «Die Bundesregierung kann nicht so tun, als seien engere Beziehungen zu Zentralasien ohne eine deutliche Verbesserung der Menschenrechtslage in der Region möglich», sagte Regionaldirektor Hugh Williamson.

© dpa ⁄ Michael Fischer und Ulf Mauder, dpa
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