Ein Crash mit Lando Norris hat Max Verstappen beim Formel-1-Rennen in Österreich den fast schon sicher geglaubten Sieg gekostet und zu einer Eiszeit mit dem angefressenen McLaren-Piloten geführt.
«Das ist unglaublich», schimpfte Verstappen am Boxenfunk, nachdem er am Ende auch noch eine Zehn-Sekunden-Zeitstrafe aufgebrummt bekommen hatte und als Fünfter ins Ziel gefahren war.
Der durch die Kollision mit dem auch von einem verpatzten Boxenstopp eingebremsten Niederländer aus dem Rennen geworfene Norris reagierte mit versteinerter Miene. «Ich hatte etwas mehr erwartet von Max», sagte der Engländer schmallippig.
Russell ist der Profiteur
Nutznießer des Crashs zwischen Formel-1-Weltmeister Verstappen und Norris in der 64. Runde war George Russell. Der britische Mercedes-Pilot schaffte überraschend den zweiten Triumph seiner Karriere. «Ich habe es schon auf den Bildschirmen gesehen», sagte Russell zum harten Zweikampf. Als es dann krachte, konnte er noch vorbeifahren und kam als Erster ins Ziel. «Das Team hat einen großen Job gemacht», sagte Russell. Zweiter wurde nach einem in der Schlussphase atemberaubenden Rennen Norris' McLaren-Teamkollege Oscar Piastri. Ferrari-Fahrer Carlos Sainz wurde Dritter.
Haas-Routinier Nico Hülkenberg fuhr als Sechster wieder in die Punkte. «Geile Sache, unerwartet, ich habe gekämpft wie ein Löwe», sagte der Rheinländer freudestrahlend. «Das werden wir ordentlich feiern.»
Unnötige Härte zwischen Titelrivalen
Im Ziel sprachen dann alle über den Crash der Titelanwärter. «Das war von beiden Fahrern unnötig hart. Das hätte man anders auflösen können», sagte Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko bei Sky. Naturgemäß sah er kein Vergehen bei Verstappen, die Rennkommissare urteilten aber anders und belangten den dreimaligen Champion. «Was hätte ich tun sollen?», klagte Verstappen. Red-Bull-Teamchef Christian Horner sagte zu Verstappen: «Das war unglaublich unglücklich für uns, aber du hast dein Bestes versucht.»
Für Norris war das Rennen vorzeitig beendet, er hat nach dem elften von 24 Saisonläufen nun 81 Punkte Rückstand auf WM-Spitzenreiter Verstappen.
Schon wieder Pech für Leclerc
Bei hochsommerlichen Temperaturen von 30 Grad und mehr verteidigte Verstappen seine Spitzenposition am Start und enteilte schon in den ersten Runden ohne Mühe. Rund 21 Stunden zuvor hatte er im Sprint noch Probleme und musste die Angriffe von Norris und Piastri im McLaren mit seinen Manövern abwehren und kontern. Trotzdem gewann er das Kurzrennen über 100 Kilometer und verdiente sich acht WM-Punkte.
Im Hauptrennen konnte zu Beginn niemand mithalten, für Ferrari-Star Charles Leclerc lief es dabei besonders schlecht. Der Sieger des Großen Preises von Monaco musste nach einer Berührung mit Piastri nach der ersten Runde an die Box und den Frontflügel wechseln lassen. Der 26-Jährige fiel ans Ende des Feldes zurück und arbeitete sich mühsam wieder vor, während Norris nicht entscheidend näher an Verstappen herankam.
Verstappen hatte zu Beginn des Wochenendes auf der Hausstrecke seines Arbeitgebers noch über leichte Abstimmungsprobleme geklagt. In der Qualifikation für den Grand Prix fand sein Team am Samstagnachmittag aber offenbar die perfekten Einstellungen, um die Konkurrenz einmal mehr abzuhängen. Der Red-Bull-Ring ist eine von Verstappens erklärten Lieblingsstrecken. Schon vor diesem Jahr war er der Rekordsieger auf der Piste.
In der Schlussphase wird es turbulent
Ein spannendes Rennen an der Spitze bekamen die Fans, tausende kamen aus den Niederlanden angereist, lange nicht zu sehen. Einzig Norris konnte halbwegs mithalten, lag nach 20 von 71 Runden aber trotzdem rund sechs Sekunden zurück. Auch 30 Umläufe später hatte sich an dem Bild nichts geändert - doch dann wurde es chaotisch.
20 Runden vor Schluss beklagte sich Verstappen am Funk, dass seine Reifen stark abgebaut hatten. An der Box patzte sein Team dann und brauchte lange 6,5 Sekunden, bis er wieder losfahren konnte. «Es zeigt, man kann sich nicht den geringsten Fehler leisten. Dann wird es eng», sagte Marko. Es sei das erste Mal in diesem Jahr gewesen,«dass ein Boxenstopp daneben ging».
Plötzlich war Norris nur noch 1,3 Sekunden zurück und konnte kurzzeitig sogar überholen. Nach dem Manöver in Runde 59 holte sich Verstappen die Spitze aber sofort wieder zurück. Es wurde weiter hart gegeneinander gefahren - zu hart. In der 64. Runde kam es dann zu einer folgenschweren Berührung der beiden Kumpels, nach der sie ihre Positionen ganz vorn verlieren sollten.
Für Norris war Schluss. Verstappen hingegen rettete sich noch an die Box und konnte weiterfahren, er bekam aber eine Zeitstrafe für den Crash. Die Spitze übernahm in der turbulenten Schlussphase Russell vor Piastri und Sainz. Verstappen tat alles, um noch ein besseres Ergebnis zu erreichen, schaffte es aber nur noch auf Rang fünf.