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Euphorie und Enttäuschung: Calhanoglus Hamburg-Rückkehr

Hakan Calhanoglu ist das Herz des türkischen Nationalteams. Vor allem seinetwegen erreicht die Türkei das EM-Achtelfinale. Dennoch endet sein denkwürdiger Abend bitter.
Hakan Calhanoglu
Leistungsträger Hakan Calhanoglu wird im Achtelfinale zur zugucken dürfen. © Marcus Brandt/dpa

Ein Tor, ein wichtiger Sieg, eine Gelbe Karte zu viel - und das alles bei seiner Rückkehr nach Hamburg: Hakan Calhanoglu erlebte nach dem 2:1 seiner türkischen Nationalmannschaft gegen Tschechien und dem Einzug ins Achtelfinale der Fußball-EM einen wahren Gefühlsmix aus Euphorie, Enttäuschung und ein wenig Sentimentalität an alter Wirkungsstätte.

«Für seine eigene Nation ein Tor zu schießen, ist etwas Besonderes, etwas Spezielles. Solche Tore bleiben in Erinnerung», sagte der 30 Jahre alte Kapitän der Türken. «Jetzt ist alles möglich.»

Der gebürtige Mannheimer hatte mit seinem Traumtor zum 1:0 den Weg seines Teams zum umjubelten Sieg überhaupt erst geebnet. Erstmals seit 2008 stehen die Türken bei einer EM wieder in der K.-o.-Runde - damals war erst gegen Deutschland im Halbfinale Schluss. Gespielt wird am Dienstag (21.00 Uhr/MagentaTV) in Leipzig gegen Österreich (Calhanoglu: «Mein Geheimfavorit») aber ohne den gesperrten Anführer.

Calhanoglus besondere Beziehung zu Hamburg

Den Achtelfinaleinzug erlebte Calhanoglu ausgerechnet in dem Stadion, in dem er zehn Jahre zuvor als junger Spieler von den Fans des Hamburger SV gefeiert und dann geschmäht worden war. Seinen überraschenden Wechsel zu Bayer Leverkusen trotz Treuebekundungen und laufenden Vertrages verziehen ihm viele HSV-Anhänger lange nicht.

Die Art und Weise seines Abgangs täte ihm heute leid. Er sei damals «nicht gut beraten worden», meinte der mittlerweile bei Inter Mailand zum Weltklasse-Spieler und italienischen Meister gereifte Calhanoglu bei seiner Rückkehr. Von den türkischen Fans in der Hamburger Arena wurde der Kapitän lautstark gefeiert. Die in einem EM-Spiel noch nie dagewesene Kartenflut erwischte aber auch Calhanoglu.

Von der Kartenflut aus dem Achtelfinale gespült

Zwei Rote und 18 Gelbe Karten zückte der bisweilen überfordert wirkende Schiedsrichter Istvan Kovacs. Eine Gelbe sah auch Calhanoglu wegen angeblichen Meckerns. Es war seine zweite Verwarnung im Turnier. Er sei enttäuscht und sprachlos gewesen. «Ich bin als Kapitän meines Teams zum Schiedsrichter gegangen, um mit ihm zu sprechen», sagte Calhanoglu. Auch sein Trainer hatte kein Verständnis für die Verwarnung. «Hakan ist als Kapitän gehalten, Erklärungen zu bekommen», meinte Trainer Vincenzo Montella.

Nun muss Calhanoglu am Dienstag von außen seine Mannschaft unterstützen. Aber Montella wollte nach diesem nach eigener Aussage «historischen Sieg» gegen die Tschechen am liebsten noch gar nicht auf das Spiel am Dienstag schauen. Auch über das 1:6 im Testspiel gegen Team Austria Ende März mochte er nicht sprechen.

Montellas Genugtuung

«Wir wollen heute Abend genießen. Wir haben verdientermaßen gewonnen», sagte der 50-jährige Italiener. Besonders für ihn war der Erfolg vor allem eine Genugtuung. Nach dem 0:3 gegen Portugal hatte es Kritik vor allem für seinen Umgang mit Jungstar Arda Güler von Real Madrid gegeben.

Montella hätte ihn gegen die Portugiesen zu spät ins Spiel gebracht, zudem habe er den 19-Jährigen gemobbt, hieß es. «Es wurde Druck ohne Grund, ohne Anlass von einigen Leuten geschürt, die das Land und die Mannschaft nicht lieben», meinte der Trainer. Es ginge nicht um ihn, «sondern darum, dass die Spieler unter Druck gesetzt werden».

Montella hat jetzt erst einmal Ruhe - zumindest bis Dienstag. «Wir wollen weiter Geschichte schreiben», sagte er. «Ich hoffe, der Einzug in das Achtelfinale befreit die jungen Spieler vom Druck.» Dass ihm gerade der erfahrene Calhanoglu fehlt, weiß er. Montella kennt ihn schon aus seiner Zeit als Trainer bei der AC Mailand. «Er ist ein sehr talentierter Spieler, der alle Positionen im Mittelfeld bekleiden kann», sagte er. Und so ein Tor wie gegen die Tschechen, «können nur ganz wenige Spieler erzielen».

© dpa ⁄ Claas Hennig und Felix Schröder, dpa
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