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Belgischer Riss zwischen Fans und Spielern

Das erste Ziel bei der EM ist erreicht, den belgischen Anhängern ist das aber nicht genug. Vor dem Hit gegen Frankreich ist die Stimmung gereizt. Trainer Tedesco hadert auch mit anderen Umständen.
Belgische Fans
Belgiens Fans zeigen sich nach der Gruppenphase unzufrieden. © Marijan Murat/dpa

Er habe eigentlich nur eine Botschaft an die Fans, sagte Domenico Tedesco: «Wir brauchen sie.» Belgiens Fußball-Nationalmannschaft trifft im Achtelfinale in Düsseldorf am Montag (18.00 Uhr) auf Titelanwärter und Vizeweltmeister Frankreich - wegen der großen Namen ein echter Knaller bei dieser EM.

Doch von Vorfreude ist bei den Roten Teufeln und ihrem Trainer wenig zu spüren. Im Gegenteil: Die Stimmung ist gereizt, ein Großteil der Anhänger verärgert. Dass die Belgier die K.o.-Phase erreicht haben - aus Sicht der Fans schön und gut. Gemessen an den Ansprüchen aber auch das Mindeste. Sie wollen mehr sehen von ihrem hochdekorierten Kader um Mittelfeld-Star Kevin De Bruyne von Manchester City.

Laute Pfiffe nach Remis gegen Ukraine

«Alles ist möglich», sagte Tedesco mit Blick auf den Hit gegen Frankreich. «Wir sind bereit.» Wer den biederen Auftritt seiner Mannschaft beim 0:0 im abschließenden Gruppenspiel gegen die Ukraine gesehen hat, dürfte daran aber zweifeln. Pfiffe und Buhrufe gab es für die belgischen Spieler nach dem wenig erheiternden Vortrag auf dem Rasen. Die Vehemenz der Kritik von den Rängen war durchaus bemerkenswert - und für den Trainer eine Überraschung, wie er einräumte. «Wir müssen die Pfiffe akzeptieren», sagte Tedesco. Seine Spieler würden sie allerdings nicht verstehen.

Ob die Mannschaft diese Pfiffe verdient hat? «Ich denke nicht», sagte Verteidiger Wout Faes. Das Wichtigste sei gewesen, weiterzukommen. Es sei «schade», dass die Kurve so reagiert habe. Man habe daher entschieden, in die Kabine zu gehen. Auf halbem Weg Richtung Fans war De Bruyne nach dem Schlusspfiff wieder umgekehrt. Tedesco und sein Team bildeten auf dem Feld noch einen Kreis, ehe sie in die Kabinen der Stuttgarter Arena gingen. Bei ihrer kurzen Besprechung störte sie noch eine Kamera - wie so Vieles an diesem Tag.

Anreise, Laserpointer - Tedesco hadert

Es sei offenbar «alles erlaubt», fauchte Tedesco. Bei der Anfahrt der Belgier zum Stadion habe es eine gewaltige Verzögerung gegeben. «Wir sind ohne Blaulicht von der Polizei hierher eskortiert worden, die Straßen waren vollkommen frei, sie sind mit 20 oder 25 Km/h gefahren und an jeder Ampel stehengeblieben», berichtete der 38-Jährige. Das sei doch «unglaublich.»

Die Polizei Stuttgart konterte die Beschwerde. Man habe frühzeitig darauf hingewiesen, dass 40 Minuten Anreisezeit zu knapp kalkuliert seien und 60 Minuten vorgeschlagen. «Das wurde vom belgischen Verband abgelehnt», sagte Polizeisprecher Frank Belz den «Stuttgarter Nachrichten« und der «Stuttgarter Zeitung». Zudem sei «aus polizeilicher Sicht während der Begleitung des belgischen Busses nichts ungewöhnlich verlaufen».

Während der Partie fuchtelten Fans dann auch noch mit Laserpointern herum, irritierten dadurch unter anderem Belgiens Offensiv-Ass De Bruyne. Seine Mannschaft habe schon mit Widerständen zu tun bei diesem Turnier, gab Tedesco zu verstehen. Er erinnerte auch noch mal an das erste Gruppenspiel gegen die Slowakei (0:1), in dem das aberkannte Tor von Sturmtank Romelu Lukaku zum vermeintlichen Ausgleich für Diskussionen gesorgt hatte. Trotz allem seien die Belgier weitergekommen. Er sei daher «wirklich stolz» auf seine Spieler, so der Coach.

Kein Titel für die Goldene Generation?

Viel fehlte am Ende nicht, genau genommen nur ein ukrainisches Tor, und die Belgier hätten sich wie bei der WM 2022 in Katar schon nach der Vorrunde verabschiedet. Womöglich ist der Ärger ihrer Fans auch mit einer gewissen Sorge zu erklären. Der Sorge, dass die goldene Generation dieser Mannschaft um De Bruyne (32), Lukaku (31), Verteidiger Jan Vertonghen (37) oder den aktuell angeschlagenen Axel Witsel (35) ihre Karriere irgendwann ohne großen Nationalmannschaftstitel beendet und eine neue Riege an Hoffnungsträgern erst noch heranwachsen muss.

Er habe auf Clubebene viel gewonnen, in seiner Karriere aber auch schon oft «schwierige Momente» gehabt, erklärte De Bruyne. Es sei «nicht einfach, so etwas zu durchleben.» Man müsse wissen, wie man damit umgeht. An den Anhang richtete der Kapitän die gleiche Botschaft wie sein Trainer: «Wir brauchen die Fans. Wir brauchen sie gegen Frankreich.»

© dpa ⁄ Christoph Lother und Maximilian Wendl, dpa
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