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Als Außenseiter nach Berlin? Italien mit dem Geist von 2021

Für Italien scheint bei dieser EM alles drin: Vom Vorrunden-Aus in der schweren Gruppe B bis zur Titelverteidigung. Trainer Luciano Spalletti erinnert seine Spieler an deren Verantwortung.
Nicolo Barella
Zieht in Italiens Mittelfeld die Fäden: Nicolo Barella. © Peter Dejong/AP/dpa

Bei der Frage nach dem angeblichen Playstation-Verbot im Teamhotel wurde sogar Luciano Spalletti einmal kurz laut. «Ich habe nichts gegen Spiele», sagte der italienische Nationaltrainer lachend, «aber zu den richtigen Zeiten!» All den Zweifeln und Sorgen rund um sein Team vor dem EM-Auftakt begegnete der 65-Jährige mit Gelassenheit. Dem Spiel am Samstag (21.00 Uhr/ARD und MagentaTV) in Dortmund gegen Albanien blickt er voller Zuversicht und Vorfreude entgegen. «Die Stunden vergehen und es entsteht eine fantastische Spannung, die Glück bringt», sagte er.

Entscheidend in der schweren Gruppe B mit Kroatien und Spanien könnte schon der Auftakt gegen die sehr defensiv ausgerichteten Albaner sein, die in Dortmund mit Tausenden Fans als Unterstützung erwartet werden. «Natürlich ist das eine tückische Partie. Wir haben eine sehr schwere Gruppe», warnte Kapitän Gianluigi Donnarumma.

«Magische Nächte wiederholen»

Drei Jahre nach dem Titelgewinn von Wembley und gut zwei Jahre nach der verpassten WM-Qualifikation gehört Italien in Deutschland nicht zu den Topfavoriten - aber das war auch beim Triumph 2021 so. Zuzutrauen ist dem Team trotzdem viel. «Wir haben eine Mannschaft, die sicherlich unterschätzt wird, aber sehr konkurrenzfähig ist», sagte Ex-Weltmeister Gianluigi Buffon, der Delegationsleiter der Italiener ist. «Wir versuchen, die magischen Nächte zu wiederholen, wir haben den gleichen Geist wie 2021», sagte Donnarumma.

Dennoch begleiten das Team vor dem Turnierstart Zweifel - und das nicht nur wegen der verpassten WM 2022. Der Wettskandal, in den mehrere Nationalspieler verwickelt waren, und Rassismus-Vorwürfe gegen Auswahlspieler Francesco Acerbi überschatteten die Vorbereitung. Immerhin Mittelfeldspieler Nicolò Barella scheint nach langwierigen Muskel-Beschwerden rechtzeitig fit.

Spalletti als Hoffnungsträger

Nach dem überraschenden Abgang von Europameister-Coach Roberto Mancini, der einen millionenschweren Vertrag in Saudi-Arabien unterschrieb, hatte Spalletti nur knapp zehn Monate Zeit, um dem Team seine Vorstellungen zu vermitteln. Er kam als Meistertrainer der SSC Neapel - dementsprechend groß sind die Hoffnungen in Spalletti. «Fahren wir nach Berlin, Lucio», titelte der «Corriere dello Sport» mit Blick auf das Finale im Olympiastadion am 14. Juli. Abwehrspieler Giovanni Di Lorenzo, der Spalletti aus Neapel kennt, lobte: «Er ist ein Arbeiter, er liebt es, auf dem Platz zu sein und den Spielern seine Ideen zu vermitteln.»

Und dann ist da noch die Sache mit der Playstation, die Spalletti kurz aus der Ruhe brachte. «Man kommt zum Nationalteam, um die EM zu gewinnen und nicht, um bei «Call of Duty», zu gewinnen», hatte der Coach vor einigen Monaten gesagt. Stürmer Gianluca Scamacca fehlte im März in seinem Aufgebot, weil er nächtelang Playstation gespielt haben soll. «Er hatte Recht, mich im März nicht zu nominieren, ich hatte das verdient», sagte der 25-Jährige von Atalanta Bergamo, der nun zu den großen EM-Hoffnungen Italiens zählt.

Als «Riesen» gefordert

Von einem kompletten Playstation-Verbot im Teamhotel wollte der Coach aber nichts wissen. «Mich interessiert, dass man nachts schläft», sagte er und ergänzte grinsend: «Wir haben ein Spielzimmer, wo es zwei sehr schöne Playstations gibt, wo alle spielen, wo ich auch gespielt habe.» Wichtig sei, dass die Spieler sich nachts erholten: «Wir brauchen den richtigen Lebensstil, um in den Spielen das Beste aus uns herauszuholen.»

Für Spalletti ist das auch eine Verpflichtung seinen Landsleuten gegenüber. Seine Mannschaft lebe den Traum vieler Kinder, die täglich müde und mit kaputten Knien auf den Bolzplätzen spielten. «Für unsere Landsleute sind wir Helden, sind wir Riesen, für sie müssen wir alles geben», forderte er.

© dpa ⁄ Miriam Schmidt, dpa
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