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Sieben Migranten gestorben - 15 Jahre Haft für Schleuser

Auf der Flucht vor der Polizei verunglückt ein Schleuserauto. Sieben Menschen sterben. Jetzt ist der Prozess gegen den Fahrer zu Ende gegangen. Die entscheidende Frage für das Gericht: War es Mord?
Urteil erwartet nach tödlichem Schleuserunfall
Prozesses gegen mutmaßlichen Schleuser

Die Insassen des Wagens hatten angefangen, das islamische Glaubensbekenntnis zu beten - «weil sie sich dem Tode nahe fühlten». Kurz danach krachte der hoffnungslos überladene Kleinbus mit tödlicher Geschwindigkeit in die Leitplanke. Ein sechs Jahre altes Kind wurde aus dem Auto geschleudert, blieb auf dem Grünstreifen liegen und starb, als es dann vom Auto getroffen wurde. 

Es sind erschütternde Szenen, die der Vorsitzende Richter Volker Ziegler am Landgericht Traunstein schildert, als er den angeklagten Verantwortlichen nach dieser Todesfahrt zu 15 Jahren Haft verurteilt. Das Gericht verhängt die Strafe unter anderem wegen Einschleusens mit Todesfolge, eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge und fahrlässiger Tötung und berücksichtigt dabei auch weitere Schleuserfahrten des Angeklagten.

Richter: «Gott hier nicht der Verantwortliche»

«Es war allein ihre Entscheidung, Sie haben dieses Manöver durchgeführt», sagt Ziegler. «Die Geschleusten, die Toten und Überlebenden hatten Sie gebeten, anzuhalten», betont er. «Deswegen war Gott hier nicht der Verantwortliche - sondern Sie sind nach unserer Bewertung allein dafür verantwortlich.» Auf Gott hatte der Angeklagte sich in seinem letzten Wort bezogen, in dem er betonte, seine Tat zu bereuen, und beteuerte, das alles nicht gewollt zu haben. 

Der im syrischen Damaskus geborene Mann, der zuletzt in Österreich lebte, hatte zugegeben, im Oktober vergangenen Jahres mit 22 Migranten aus der Türkei und aus Syrien auf der Autobahn 94 auf dem Weg von Österreich nach Bayern gewesen zu sein - in einem Kleinbus, der für neun Insassen ausgelegt ist und laut Gutachtern mit einer halben Tonne überladen war.

«Das ist eine Menschenverachtung»

Einige Mitfahrende mussten im Kofferraum knien, wo sechs Menschen auf insgesamt anderthalb Metern kauerten. Der Angeklagte habe möglichst viele Leute in dem Wagen unterbringen wollen, um möglichst viel an der einen Fahrt zu verdienen, sagte der Richter. Er habe «skrupellos das Leben der Mitfahrer aufs Spiel gesetzt». «Da zeigt sich auch der Charakter des Angeklagten», sagt der Richter. «Das ist eine Menschenverachtung.» 

Auf der Flucht krachte der Wagen mit hoher Geschwindigkeit in die Leitplanken. Das Fahrzeug überschlug sich und blieb auf dem Dach liegen - sieben der Migranten starben, darunter das sechsjährige Kind.

Auch für die Verletzten und Hinterbliebenen hatte der Unfall dramatische Folgen. Einer der Verletzten hat das Bewusstsein nach Gerichtsangaben bis heute nicht wiedererlangt und wird lebenslang ein Pflegefall bleiben. Ein weiterer ist so schwer behindert, dass er voraussichtlich niemals wieder wird arbeiten können. 

Die Staatsanwaltschaft hatte lebenslange Haft wegen siebenfachen Mordes und 15-fachen versuchten Mordes gefordert und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Damit wäre eine Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen gewesen.

«Gretchenfrage»: War es Mord?

Ob der Angeklagte wegen Mordes schuldig zu sprechen ist, das sei «die Gretchenfrage», hatte sein Anwalt in seinem Plädoyer gesagt. «Für mich liegt hier ein fahrlässiges Handeln vor», sagte er. «Wir haben einen Verkehrsunfall, einen ganz tragischen Verkehrsunfall.» Er hatte in seinem Plädoyer zwölf Jahre Haft für seinen Mandanten gefordert.

Mord sah das Gericht nicht. Es sei durchaus möglich, dass der Angeklagte davon ausging, mit seinem waghalsigen Manöver erfolgreich sein zu können - und dass er aus «Selbstüberschätzung» grob fahrlässig gehandelt habe, hieß es in der Urteilsbegründung. Direkt nach dem Urteil ließ der Angeklagte über seinen Dolmetscher mitteilen, er wolle gegen die Entscheidung Revision einlegen. Richter Ziegler riet ihm, dies erst noch mit seinem Anwalt zu besprechen.

© dpa ⁄ Britta Schultejans, dpa
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