Frischer Dung. Spuren im Wüstensand der Namib. Weit kann das Spitzmaulnashorn nicht sein. Die Wildhüter Stefanus Ganuseb (42) und Fritz Hoeb (45) sind zu Fuß unterwegs, ausstaffiert mit Ferngläsern und einer Kamera, im Regelfall begleitet von einem bewaffneten Polizisten.
Dann entdecken sie das männliche Jungtier, «Arthur» genannt, auf einer fernen Kuppe. Das Team prüft die Windrichtung, um nicht gewittert zu werden, und pirscht sich heran. Bei maximal hundert Metern ist eigentlich Schluss, doch «Arthur» kommt heute näher. Er merkt nichts und frisst friedlich weiter: saftige Halme von Wolfsmilchsträuchern. Später dokumentieren die Männer die Sichtung per Fotos und Formular für ihre Wildschutz-Organisation Save the Rhino Trust.
«Das Hauptziel von Save the Rhino Trust ist der Schutz der Spitzmaulnashörner vor Wilderern», stellt Lesley Karutjaiva klar. Der 47-Jährige ist der Leiter der Basis in Palmwag, einem Dorf im Nordwesten Namibias. In der örtlichen Lodge starten Beobachtungstouren zu Rhinozerossen.
Was die Teilnehmer nicht wissen: Ohne Save the Rhino Trust gäbe es hier in freier Wildbahn womöglich keines der seltenen Tiere mehr. So profitiert der Tourismus vom Einsatz der Organisation, die ein Areal von 25.000 Quadratkilometern abdeckt. Karutjaiva schätzt den Bestand auf annähernd 200 Nashörner und bedauert, dass es keine staatliche Finanzhilfe für die Arbeit gibt.
Umstrittene Enthornung
«Wir bekommen nichts», sagt er und setzt hinzu: «Wir haben nur sechs Fahrzeuge. Das reicht nicht für solch ein riesiges Gebiet.» Der Staat stellt lediglich die Polizeibegleitung der Patrouillen. Sämtliche Kosten – ob für Ranger, Ausbildungsprogramme oder die Enthornung der Tiere – werden über Spendengelder abgedeckt.
Karutjaiva hält die Enthornung, wie sie auch bei «Arthur» vorgenommen worden ist, für ein zweischneidiges Schwert. Prinzipiell soll sie Nashörner unattraktiver machen für Wilderer, denn ein 3,5-Kilo-Horn kann auf dem Schwarzmarkt über 200.000 US-Dollar einbringen. «Doch es ist ein Nachteil für die Nashörner selbst, denn sie können sich nicht mehr gegen Raubtiere verteidigen», erklärt Karutjaiva.
Zudem garantiert die Enthornung keinen kompletten Abschreckungseffekt. «Wilderer nehmen alle Teile, selbst wenn sie noch so klein sind», so Karutjaiva, der eine traurige Statistik heranzieht. Seit 2012 sind 35 Nashörner der Wilderei zum Opfer gefallen. «Wir brauchen mehr Spenden, um einen besseren Job zu machen und mehr Personal einzustellen.»
Für ihn und seine Berufskollegen ist die derzeitige Dürre in Namibia eine Katastrophe – denn die Behörden haben landesweit ein gewisses Kontingent an Wildtieren zum Abschuss freigegeben. Ob dahinter tatsächlich der Gedanke steht, die an Hunger leidende Bevölkerung mit Fleisch zu versorgen, ist umstritten. Ebenso könnte es um Abschusslizenzen für reiche Freizeitjäger aus dem Ausland gehen, mutmaßen Tierschützer.
Konflikte Mensch-Elefant
Etwa 200 Straßen- und Pistenkilometer südöstlich von Palmwag kümmert sich die Organisation Elephant-Human Relations Aid um den Schutz sogenannter Wüstenelefanten. Auch hier sind Touristen die Nutznießer und dürfen die Teams bei Ausfahrten begleiten. Auch hier gibt es kein Geld vom Staat.
Der Terminus «Wüstenelefant», räumt Wildhüter Taiwin Garöeb ein, sei nicht ganz korrekt: «Es sind Elefanten, die sich dem Wüstenklima angepasst haben. Sie können lange Wege bis zum nächsten Wasserloch zurücklegen», sagt der 30-Jährige. Das aber hat in der Vergangenheit schon zum Abschuss vieler Dickhäuter geführt.
Denn ein durstiger Elefant kennt keine Gnade bei Farmern und Siedlern, die sich wiederum wehren. Also muss man Vorsorge treffen: «Wir bauen Schutzwälle an Wasserstellen und separate Dämme abseits von Dorfgemeinschaften», so Regionalmanager Charles Moloto - quasi um Tier und Mensch voreinander zu schützen.
Demut vor den Dickhäutern
«Wenn ich einem Elefanten begegne, empfinde ich Demut», sagt Wildhüter Garöeb, der bei den Aktionen tatkräftig mithilft. Wie er kämpfen seine fernen Kollegen von «Save the Rhino Trust» in Wüsten und Savannen um den Fortbestand gefährdeter Arten.
«Für uns ist das ein gefährlicher Job, aber ich liebe es, im Busch zu sein», sagt Ranger Ganuseb. Dabei leuchten seine Augen. Er und all die andern, die sich bedingungslos für den Schutz der Tierwelt einsetzen, sind die stillen Helden der Wildnis.
Links, Tipps, Praktisches:
Reiseziel: Namibia liegt im Südwesten Afrikas.
Reisezeit: Beste Reisezeit ist Ende Juni bis Ende November; die meisten Niederschläge fallen von Oktober bis April.
Anreise: Ab Frankfurt an Main wird Windhoek, die Hauptstadt Namibias, direkt angeflogen.
Einreise: Die Einreise bis zu 90 Tagen ist visumfrei.
Unterkunft: Es gibt eine breite Spanne von einfachen Gasthäusern (ab 25 Euro/Übernachtung im Doppelzimmer) über Mittelklassehotels (um 70 Euro/DZ inkl. Frühstück) bis zu Spitzen-Lodges in privaten Wildreservaten (um 1.000 Euro/DZ inkl. Mahlzeiten und Safaris).
Gesundheitshinweise: Es gibt keine Pflichtimpfungen. Je nach Region ist laut Auswärtigem Amt eine Malaria-Prophylaxe ratsam.
Währung: Ein Euro entspricht 19,8 Namibia-Dollar (N$; Stand: 4.09.2024). Am besten tauscht man Geld nach der Ankunft in den Wechselstuben am Flughafen von Windhoek. In Hotels und Restaurants kann man gewöhnlich per Kreditkarte bezahlen.
Touren/Aktivitäten: In Palmwag können auch Nicht-Gäste in der Gondwana Palmwag Campsite und Lodge halbtägige Nashorn-Touren buchen; Preis 3.285 N$ pro Person, umgerechnet rund 165 Euro. Eine Tour zu den Wüstenelefanten reserviert man über die Website von Elephant-Human Relations Aid; Preise pro Person: 750 N$ halber Tag (38 Euro), 1.500 N$ ganzer Tag.
Einmal vor Ort: Namibia wartet mit einigen Reise-Highlights auf. Zu den touristischen Klassikern zählt der Nationalpark Etosha, der eine vielfältige Tierwelt bietet. Auf knapp 23.000 Quadratkilometern sind die Chancen zur Beobachtung an Wasserlöchern am größten, die Pisten können in Eigenregie befahren werden. Quartiere geben diverse Camps. In der Wüste Namib sieht es mancherorts aus, als hätte es Steine geregnet. Der Sternenhimmel ist sehr klar. Städtereisende finden in Swakopmund an der Küste architektonische Spuren der deutschen Kolonialära Deutsch-Südwestafrikas. Das Sanddünengebiet Sossusvlei, südöstlich von Swakopmund, zählt zu den weltweit höchsten. Namibias bekanntester Geisterort Kolmanskop erinnert an den Diamantenboom, der Anfang des 20. Jahrhunderts einsetzte. Geführte Touren auf Deutsch oder Englisch werden angeboten.
Zeitverschiebung: Zur deutschen Winterzeit ist Namibia eine Stunde voraus (MEZ + 1 Std), im Rest des Jahres gibt es keinen Zeitunterschied.
Weitere Auskünfte: Fremdenverkehrsamt Namibia