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Ciao Biene: Italien nimmt Abschied von der Ape

Käfer, Ente und jetzt also auch die Biene: Von Europas Straßen verschwindet ein weiterer Klassiker. Künftig wird nur noch in Indien produziert. Für Nostalgiker gibt es aber etwas Trost.
Papst Benedikt XVI. mit Piaggio Ape
Ape-Kleintransporter
Ape-Kleintransporter
Italienischer Kleintransporter Ape

Sie lärmt. Sie knattert, sie ächzt, sie schneckelt vor sich hin. Anders gesagt: Sie kann eine ziemliche Nervensäge sein. Was jeder bezeugen kann, der im Urlaub auch nur ein einziges Mal versucht hat, auf einer der engen italienischen Straßen an ihr vorbeizukommen. Und doch ist der Herzschmerz groß, wenn es in diesen Tagen heißt, von der Ape Abschied zu nehmen, Italiens legendärem Kleintransporter auf drei Rädern.

Zum Jahresende läuft im toskanischen Stammwerk des Herstellers Piaggio nach mehr als einem Dreivierteljahrhundert das letzte Modell vom Band. Künftig wird nur noch in Indien produziert - und auch nur noch für Asien und Afrika, nicht mehr für Europa. So schließt sich ein weiteres Kapitel Autogeschichte. Nach dem VW-Käfer und der Ente von Citroën erwischt es nun die Ape (auf Deutsch: Biene).

Vespa auf drei Rädern mit Kabine und Ladefläche

Die Zeiten, in denen Autos wie Tiere heißen, sind bald wohl endgültig Vergangenheit. Wobei: Auto ist ein großes Wort. Eigentlich war die Ape nur die Weiterentwicklung der Vespa (Wespe), des italienischen Motorrollers. Die erste Ape lief 1948 vom Band - zwei Jahre nachdem die erste Vespa herausgekommen war. Entwickelt wurde beides von Firmengründer Enrico Piaggio und dem Ingenieur Corradino D'Ascanio. 

Im Grunde war die Ape ein Roller auf drei Rädern mit Fahrerkabine und Ladefläche. Die Idee, ein richtiges Lenkrad einzubauen, gab man bald wieder auf. Es blieb beim Lenker mit zwei Griffen: einer links, einer rechts. Der Komfort war gleich null. Zwei Klappfenster, kein Radio, keine Heizung, ein Motor von anfangs nur 50 Kubik. Mehr als Tempo 40 war nicht drin.

Ideal für die Arbeit auf den Feldern

Dafür konnte sie mehr als 200 Kilogramm Lasten transportieren - ideal für die Arbeit auf den Feldern, zwischen den Olivenbäumen oder in den Weinbergen und auch, um die Ware dann auf den Markt zu bringen. Die Ape war billig, schlicht und kaum kaputtzukriegen. Mehr brauchte es in den Nachkriegsjahren nicht. Der Autohistoriker Giorgio Sarti sagt: «Auto und Lastwagen waren zu teuer, gerade für kleine Unternehmen. Die Ape war die perfekte Lösung.»

Sie blieb das über Jahrzehnte. Mancherorts gehörte die Blechkiste praktisch zum Haus. Sie wurde über Generationen hinweg vererbt. Selbst eine Familie ließ sich in der Ape unterbringen, wenn auch engstens zusammen. Die Kinder fanden dann auf der Ladefläche Platz. Inzwischen liegt der Mindestpreis aber bei mehr als 7.000 Euro.

Heute noch Modelle aus den 1960ern

Vor allem in Italiens Süden sieht man heute noch Modelle aus den 1960er und 1970er Jahren, die zuverlässig ihre Dienste tun. Mit einigermaßen handwerklichem Geschick lässt sich die Ape reparieren. Immer wieder gab es sie auch in Sonderausstattungen: Der deutsche Papst Benedikt XVI. (1927-2022) bekam einst ein Apamobil ganz in weiß.

Aus Großstädten wie Rom oder Mailand ist die Ape inzwischen weitgehend verschwunden - meist findet man sie dort nur noch in der Nachbarschaft von Märkten. Gern wird sie jetzt aber zur Werbung benutzt. Und dann gibt es die Liebhabermodelle: ganz alte, sorgfältigst gepflegt, oder aufgemotzte Versionen.

«Das Schlimme ist, dass ein Stück italienischer Geschichte stirbt»

Die Tuning-Szene im Heimatland der Ape ist groß: tiefer gelegt, umlackiert oder mit leistungsstarken Motoren. Oder als fahrbarer Elektrogrill, als Espressobar und sogar als Openair-Kino mit kleiner Leinwand. Der Südtiroler Sascha Müller hat daraus ein Geschäftsmodell gemacht. Er sagt: «Das Schlimme ist, dass ein Stück italienischer Geschichte stirbt.»

Die Zeitung «La Repubblica» urteilte, dass die Ape perfekt zum italienischen Nationalcharakter zwischen Individualismus und Familiensinn passe. «Man fühlt sich im Fahrerhäuschen allein wohl, mit Ware oder Handwerkszeug im Rücken. Aber man fährt darin auch zu zweit, enger aneinander und mit einem Hauch von Intimität. Oder, allen Vorschriften und Sicherheitserwägungen zum Trotz, zum Feiern mit Freunden.»

Made in India - statt in Italy

Künftig baut Piaggio sein Dreirad jedoch nur noch in Indien - weil die Umweltauflagen der EU zu streng sind und wahrscheinlich auch, weil der Markt in Europa inzwischen zu klein. Im bevölkerungsreichsten Land der Welt mit seinen mehr als 1,4 Milliarden Einwohnern wird die Ape bereits als Elektro-Modell hergestellt und auch mit einem Antrieb aus Erdgas. Heute schon machen die Italo-Transporter den Tuk-Tuks Konkurrenz.

In Italien trösten sie sich einstweilen damit, dass noch einige Hundert Restposten made in Italy verkauft werden. Und mit dem Wissen um den legendärsten aller italienischen Kleinwagen, den Fiat 500. Der klassische «Cinquecento» wird schon seit 1975 nicht mehr gebaut, aber manchmal sieht man ihn auch heute noch auf den Straßen. Auch härteren Gestalten treibt das ein Lächeln ins Gesicht.

© dpa ⁄ Christoph Sator, dpa
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