Vor dem Hintergrund hoher Flüchtlingszahlen wird mit zum Teil komplizierten Begriffen rund um das Thema Asyl und Migration hantiert. Das steckt dahinter:
Asylanträge
Menschen beantragen politisches Asyl, wenn es in ihrer Heimat zu riskant für sie geworden ist. Wer Schutz in Deutschland sucht, meldet sich unter anderem in Aufnahmeeinrichtungen, Ausländerbehörden und Ankunftszentren. Nach dem Rekordjahr 2016 mit fast 750.000 Anträgen gingen die Zahlen zurück.
Zuletzt stiegen sie zunächst wieder: 2022 haben in Deutschland etwa eine viertel Million Menschen einen Asylantrag gestellt, im vergangenen Jahr waren es über 350.000. In diesem Jahr haben bis Ende Mai fast 113.000 Menschen Asyl in Deutschland beantragt - rund 103.000 davon waren Erstanträge. Die meisten Antragsteller stammen derzeit aus den Ländern Syrien, Afghanistan und Türkei. Wer endgültig abgelehnt wird, soll Deutschland in der Regel wieder verlassen.
Es gibt jedoch viele Ausnahmen: So werden Duldungen oder Aufenthaltserlaubnisse erteilt, wenn die Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist, aus familiären Gründen oder im Zusammenhang mit Beschäftigung. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 sind mehr als eine Million Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Sie müssen wegen besonderer EU-Schutzregelungen in der Regel keinen Asylantrag stellen, ihre Integration in den deutschen Arbeitsmarkt wird angestrebt.
Sichere Herkunftsstaaten
Nach Artikel 16a des Grundgesetzes gelten Länder, in denen «weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet», als sichere Herkunftsstaaten. Aktuell gilt das für die Staaten der Europäischen Union, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Ghana, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Moldau, Senegal und Serbien. Die Annahme: Wer aus einem dieser Staaten stammt, dem droht in seiner Heimat kein ernsthafter Schaden. Der Asylantrag wird deshalb in der Regel als offensichtlich unbegründet abgelehnt.
Migrationsabkommen
Dem Bundesinnenministerium zufolge sollen Abkommen mit anderen Ländern dazu dienen, unerlaubte Einwanderung zu verringern und gleichzeitig legale Einwanderung zu ermöglichen. Im Dezember 2022 etwa wurde ein solches Migrationsabkommen mit Indien geschlossen. Das Gesamtkonzept umfasst den Ausbau wirtschaftlicher Zusammenarbeit, Technologie-Transfer, Visa-Erleichterungen, Qualifizierungsmaßnahmen für den deutschen Arbeitsmarkt, Jobbörsen und im Gegenzug die Zusammenarbeit bei der Rückkehr ausreisepflichtiger Menschen.
Geld- und Sachleistungen
Um zu verhindern, dass Asylbewerber Geld in ihre Heimat überweisen, sollen Geflüchtete Leistungen über eine sogenannte Bezahlkarte erhalten. Eine entsprechende Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes ist am 16. Mai 2024 in Kraft getreten. Es schreibt allgemein vor, dass Asylbewerber, deren Antrag noch geprüft wird, derzeit etwa als Alleinstehende maximal 460 Euro im Monat bekommen. Davon gibt es den größeren Teil für den notwendigen Bedarf: 256 Euro sind für Sachleistungen wie Unterkunft, Kleidung oder Ernährung und 204 Euro für den persönlichen Bedarf als «Taschengeld» vorgesehen.
Die konkrete Ausgestaltung der Bezahlkarte obliege den Ländern, heißt es beim Bund. Im Thüringer Landkreis Greiz etwa, wo seit Dezember 2023 ein Pilotprojekt läuft, bekommen Asylbewerber die Leistungen zur Deckung des notwendigen Bedarfs auf eine regional begrenzte Bezahlkarte gutgeschrieben, das Taschengeld gibt es in bar ausgezahlt. In Bayern sollen dagegen fast alle Leistungen auf die Bezahlkarte kommen, bar auf die Hand gibt es nur noch ein Taschengeld in Höhe von 50 Euro.
Obergrenze
Seit der Zunahme der Flüchtlingszahlen 2015 und 2016 wird immer wieder darüber diskutiert, wie viele Flüchtlinge deutsche Städte und Gemeinden aufnehmen können. Der damalige CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer forderte vehement eine Obergrenze von 200.000 Personen, die pro Jahr aufgenommen werden könnten. Sein Nachfolger Markus Söder (CSU) erneuerte die Forderung im Landtagswahlkampf 2023. Zuletzt brachte die CDU mit ihrem Chef Friedrich Merz und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer eine solche Obergrenze ins Spiel.
Aus Sicht der UNO-Flüchtlingshilfe wird der Begriff «Obergrenze» instrumentalisiert, «um Ängste oder Vorurteile gegenüber Flüchtlingen zu schüren». Die UN-Organisation kritisiert zudem: Damit werde der Eindruck erweckt, Migrationszahlen unabhängig von der tatsächlichen Situation der Flüchtenden begrenzen zu können.
Grenzkontrollen
EU-Bürger können sich innerhalb der Europäischen Union (EU) eigentlich frei bewegen. Nur in Ausnahmefällen dürfen Länder vom Schengener Grenzkodex abweichen und wieder stationäre Kontrollen einführen. Deutschland macht eine Bedrohung seiner inneren Sicherheit geltend und kontrolliert seit Herbst 2015 an der deutsch-österreichischen Grenze mit dem Ziel, Schleuserkriminalität zu bekämpfen und die irreguläre Migration zu begrenzen.
2023 wurden stationäre Kontrollen auch an den Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz angeordnet. Für die Zeit der Fußball-EM in Deutschland sind an allen deutschen Schengen-Binnengrenzen Kontrollen angemeldet. Für die Prüfung des grenzüberschreitenden Verkehrs an den Außengrenzen sind die EU- und Schengen-Länder zuständig. Unterstützt werden sie von Frontex, der europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache.
Schleierfahndung
Vom Wegfall der Grenzkontrollen innerhalb der EU profitieren immer wieder Kriminelle. Deshalb kommt seit Mitte der 1990er Jahre die Schleierfahndung verstärkt zum Einsatz. Dabei dürfen Polizisten Passanten oder Reisende ohne konkreten Verdacht anhalten, durchsuchen und deren Personalien kontrollieren. Schleierfahnder kommen an Grenzposten, aber auch an Flughäfen, Bahnhöfen und in Fernzügen sowie auf Autobahnen und anderen großen Straßen zum Einsatz. Ziel ist es, grenzüberschreitende Kriminalität und die unerlaubte Einreise in die Bundesrepublik zu verhindern. So steht es im Bundespolizeigesetz.
Rückführung und Abschiebung
Mit Rückführung ist eine erzwungene Rückkehr in das Herkunftsland gemeint. Das geschieht laut Bundesinnenministerium, «wenn die pflichtgemäße Ausreise in der gesetzten Frist nicht freiwillig erfolgt ist». Die UNO-Flüchtlingshilfe erklärt, dass Rückführung und Abschiebung juristisch gesehen dasselbe bedeuten. Im Vergleich zur Abschiebung werde der Begriff Rückführung jedoch stärker mit Sicherheit und Gesetzeskonformität assoziiert, so die Organisation.
Gemeinsames Europäisches Asylsystem (Geas)
Seit 1999 arbeitet die EU daran, einheitliche Schutz- und Aufnahmenormen zu vereinbaren. Asylsuchenden soll in der gesamten EU unter gleichen Bedingungen internationaler Schutz gewährt werden. Nach jahrelangem Streit wurde im Mai 2024 eine umstrittene Asylreform der EU beschlossen. Darin wird die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten mit einem «Solidaritätsmechanismus» neu geregelt. Die Reform sieht außerdem schnelle Asylverfahren an den Außengrenzen und einen deutlich härteren Umgang mit Menschen aus Ländern vor, die als relativ sicher gelten.