Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU), mehrere Grünen-Minister und Mitglieder der Fraktion haben das Partei-Urgestein Jürgen Trittin verabschiedet. Merkel bedauerte in ihrer Rede nach Angaben von Teilnehmern in Berlin, dass es 2013 nicht zu einer schwarz-grünen Koalition gekommen ist. Sie betonte auch, der Versuch zur Bildung eines Jamaika-Bündnisses aus CDU/CSU, Grünen und FDP 2017 sei weder am Zwei-Prozent-Ziel bei den Verteidigungsausgaben noch an den Grünen und schon gar nicht an Trittin gescheitert. Nach dem Ziel der Nato-Staaten sollen die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung steigen.
Trittin hatte im Dezember angekündigt, sein Bundestagsmandat niederzulegen. Anfang Januar schied er nach rund 25 Jahren aus dem Parlament aus. Von 1998 bis 2005 war er Umweltminister. Merkel war Trittins Vorgängerin in diesem Amt von 1994 bis 1998. Er füllte auch Ämter als Partei- und Fraktionschef aus. In den vergangenen Jahren trat Trittin vor allem als Außenpolitiker in Erscheinung. Im Juli feiert er seinen 70. Geburtstag.
Merkel wirkte gut gelaunt, ihre Rede wurde immer wieder mit Applaus und auch Lachern honoriert. Die Veranstaltung am Abend im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus des Bundestags war nicht öffentlich, auch Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt war dabei. «Als Bundesumweltminister hinterließ Jürgen Trittin Spuren, die bis heute nachwirken», sagte die frühere Kanzlerin. Sie lobte auch seine Fähigkeit zum Kompromiss.
Trittin betonte in seiner Rede ebenfalls den Wert von Kompromissen, auch zwischen Regierung und Opposition. Die Fähigkeit dazu sei ein Grund, weshalb Deutschland in Europa ein Anker der Demokratie sei.
Trittin: Einladung an Merkel ist ein Signal
Zur Einladung für Merkel sagte Trittin dem «Tagesspiegel», er und die beiden Fraktionschefinnen Britta Haßelmann, Katharina Dröge hätten ein Signal setzen wollen, dass Demokratinnen und Demokraten unterschiedlicher Parteien respektvoll miteinander umgehen könnten. «Das ist wichtig in einer Zeit, in der die Demokratie von ihren Gegnern angegriffen wird. Ich habe 16 Jahre Opposition gegen Frau Merkel gemacht, dennoch respektieren wir einander.» Er sagte über sie: «Frau Merkel redet einem nicht nach dem Mund, hat aber den Witz für eine spannende Rede. Es hat mich sehr gefreut, dass sie zugesagt hat.»
Außenministerin Annalena Baerbock bezeichnete Trittin als jemanden, «der in stürmischen Zeiten da ist und sich nicht wegduckt». Sie nannte ihn «eine der herausragenden Persönlichkeiten nicht nur der grünen Politik, sondern (der) Politik insgesamt». Baerbock bescheinigte Trittin analytische Schärfe und Selbstreflexion und «vor allen Dingen auch die Fähigkeit, trotz aller Angriffe sich nicht abhärten zu lassen, sondern immer offen zu sein für die Sicht von anderen».
Vizekanzler Robert Habeck würdigte den 69-Jährigen als mutigen, streitbaren und immer überzeugten Kämpfer für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Gerechtigkeit. Es sei gut, dass Trittin auch parteiübergreifend Respekt bezeugt werde. Trotz harter Auseinandersetzungen in der Sache wüssten Politiker, dass am Ende alle aus Überzeugung heraus fürs Gemeinwohl stritten. «Und deswegen freue ich mich besonders, dass Angela Merkel ihm die Ehre gibt. Und ich weiß, dass er sich darüber auch freut. Das ist doch ein schönes Zeichen.»
Özdemir über Trittin: Mit allen Wassern gewaschen
Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) sagte auf die Frage, was er von Trittin gelernt habe: «Mit allen Wassern gewaschen sein.» Auch er lobte die «schöne Geste», dass man parteiübergreifend Respekt füreinander habe. Die Unterschiede zwischen den demokratischen Parteien seien jeweils viel kleiner als zu den «Deutschlandhassern, Putin-Fans und Erdogan-Fans», die das Land verrieten und verkauften.
Umweltministerin Steffi Lemke sagte, Trittin habe für den Umwelt-, Natur- und Klimaschutz viel geleistet. Ausgezeichnet hätten ihn «große Stringenz, große Eloquenz und auch Härte».