Bei den Kommunalwahlen in acht Bundesländern hat sich bis zum Sonntagabend anders als bei den Europawahlen noch kein klarer Trend abgezeichnet. Die AfD konnte in Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg nach Zwischenständen deutlich zulegen, unterlag aber in Stichwahlen in Thüringen. Die Auszählung für Kommunalparlamente ist wegen der Möglichkeit, mehrere Stimmen zu verteilen, deutlich komplizierter und kann sich über mehrere Tage hinziehen.
Bei den Stichwahlen um Landratsposten in Thüringen ist die AfD leer ausgegangen. In keinem der neun Landkreise, in denen AfD-Kandidaten den zweiten Wahlgang erreicht hatten, reichte es für einen Sieg. Der Rechtsextremist Tommy Frenck stand bei der Stichwahl im Südthüringer Landkreis Hildburghausen nach Auszählung von 120 der 127 Stimmbezirke bei 31,0 Prozent, der Freie-Wähler-Kandidat Sven Gregor bei 69,0 Prozent. Frenck wurde bundesweit bekannt, weil er eine Reihe großer Neonazi-Konzerte organisiert hatte.
AfD im Aufwind
Bei den Kreistags- und Stadtratswahlen in Sachsen-Anhalt deutete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen CDU und AfD an. Nach Auszählung von rund der Hälfte der 2597 Wahlbezirke lag die AfD mit landesweit rund 29 Prozent der Stimmen vor der CDU mit 27,6 Prozent. Vor allem die AfD konnte im Vergleich zur letzten Kommunalwahl 2019 deutlich an Stimmen gewinnen. Linke, SPD, FDP und Grüne verloren dagegen teils deutlich.
Auch bei den Kommunalwahlen in Brandenburg steht die AfD erstmals vor einem Sieg. Nach Auszählung von drei Viertel der Stimmen kam die AfD landesweit auf rund 28 Prozent - das wären über 12 Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren. Die CDU verbesserte sich nach Auszählung von drei Viertel der Stimmen leicht auf rund 19 Prozent, sie hatte 2019 noch vorn gelegen.
Ähnlich ist die Tendenz in Mecklenburg-Vorpommern: Nach Auszählung von 1100 der knapp 2000 Kommunalwahlbezirke erreichte die AfD 27 Prozent der Stimmen. Damit würde die Partei ihren Stimmenanteil im Vergleich zur vorhergehenden Kommunalwahl verdoppeln. Bei leichten Verlusten erreichte die CDU zur Halbzeit der Stimmauszählung etwa 24 Prozent.
Grüne verlieren in Baden-Württemberg
Erfurts langjähriger SPD-Oberbürgermeister Andreas Bausewein muss sein Dienstzimmer im Rathaus nach 18 Jahren räumen. Der 51-Jährige verlor am Sonntag die Stichwahl um das Oberbürgermeisteramt von Thüringens Landeshauptstadt gegen seinen CDU-Herausforderer Andreas Horn, der 64,2 Prozent der Stimmen erhielt. Bausewein, der bereits beim ersten Wahlgang Ende Mai hinter Horn lag, kam nach Daten des Landeswahlleiters auf 35,8 Prozent der Stimmen.
Bei den Gemeinderatswahlen in Baden-Württemberg müssen die Grünen einer SWR-Prognose zufolge in den drei größten Städten des Landes zwar mit Verlusten rechnen. Sie fallen aber in Stuttgart, Karlsruhe und Mannheim nicht so stark aus wie bei den Europawahlen. Die CDU kann in Stuttgart und Mannheim laut Prognose stärkste Kraft werden, in Karlsruhe halten die Grünen voraussichtlich diese Position trotz Verlusten.
Insgesamt waren rund 22,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt aufgerufen, ihre Stimme für die künftige Besetzung von Kommunalparlamenten, Landratsämtern oder Rathäusern abzugeben. Im Stadtstaat Hamburg wurde über die Mandate für die Bezirksversammlungen abgestimmt. In Thüringen konnten zudem rund 1,3 Millionen Bürger in den Stichwahlen ihre Stimme abgeben.
Stimmungstest für Landtagswahlen
Die Wahlen gelten ebenso wie die Europawahl als Stimmungstest für die Parteien - vor allem in Brandenburg, Sachsen und Thüringen, wo im Herbst Landtagswahlen stattfinden. Allerdings kandidieren in Gemeinderäten oder in kleineren Städten häufig auch Vertreter von Bürgerinitiativen und anderen Vereinigungen, die etablierten Parteien spielen dadurch bisweilen nur eine untergeordnete Rolle.
Im Fokus stand unter anderem die Frage, ob die AfD ihre derzeitigen Umfragewerte in konkrete Wahlsiege umwandeln konnte. Mit genauen Ergebnissen wird zum Teil aber erst in einigen Tagen gerechnet. Schneller geht es in der Regel bei Bürgermeister- und Landratswahlen.
Gewählt wurde in den acht Ländern zuletzt vor fünf Jahren. In fünf von ihnen konnten Bürger bereits ab 16 Jahren, sonst ab 18 Jahren abstimmen. In Baden-Württemberg als einzigem Bundesland konnten 16-Jährige sogar selbst gewählt werden. Abstimmungsberechtigt bei Kommunalwahlen sind auch EU-Bürger mit Wohnsitz in den jeweiligen Städten und Gemeinden. In Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, sind die Kommunalwahlen erst für 2025 angesetzt. Die Wahlbeteiligung liegt bei Kommunalwahlen ebenso wie bei den Europawahlen in der Regel deutlich unter der von Bundestagswahlen.