Binnen einer Woche hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj für den Kampf gegen Russland international viel Unterstützung und milliardenschwere Hilfe bekommen. Nach der Berliner Wiederaufbaukonferenz und dem G7-Gipfel in Italien kann die Ukraine am Wochenende in der Schweiz für einen Frieden nach ihren Vorstellungen werben.
In einem Luxushotel bei Luzern werden Staats- und Regierungschefs sowie hochrangige Vertreter aus rund 90 Ländern erwartet. Für Deutschland kommt Bundeskanzler Olaf Scholz - direkt aus Italien, wo der Gipfel der sieben führenden demokratischen Industrienationen am Samstag offiziell endet.
Putin droht verärgert
Russlands Präsident Wladimir Putin drohte den G7 mit Konsequenzen. Die Staats- und Regierungschefs der USA, Kanadas, Japans, Frankreichs, Großbritanniens, Deutschlands und Italiens hatten beschlossen, dass Zinserträge aus eingefrorenem russischen Vermögen einen Kredit in Höhe von 50 Milliarden US-Dollar (47 Milliarden Euro) abzahlen sollen. Das Geld soll Ende des Jahres bereitstehen und für Waffenkäufe, Wiederaufbau und den Haushalt genutzt werden können.
Putin kritisierte das Vorhaben scharf. Die westlichen Staaten bemühten sich gerade um eine rechtliche Grundlage für ihre Entscheidung, sagte er am Freitag in Moskau. «Aber ungeachtet aller Kniffe: Raub bleibt definitiv Raub», so Putin. Die Entscheidung der G7 werde «nicht ungestraft bleiben».
Friedenskonferenz - ohne Russland und China
Russland sitzt nicht mit am Tisch, wenn die internationale Konferenz in der Schweiz über erste Bausteine eines Friedensprozesses für Ukraine-Krieg beraten will. Aus den USA kommt Vizepräsidentin Kamala Harris. China und andere Länder, die dem Angreifer Russland nahestehen, bleiben dem Treffen fern.
Die Delegationen wollen über Aspekte wie den Getreideexport aus der Ukraine, die Sicherheit des von Russland besetzten Atomkraftwerks Saporischschja und humanitäre Fragen wie den Gefangenenaustausch debattieren. Die Initiative kam von der Ukraine, deren Präsident Wolodymyr Selenskyj dabei sein wird. Er kam am Freitag in der Schweiz an.
Die Hoffnung der Gastgeber: dass eine Folgekonferenz noch in diesem Jahr beschlossen wird - und dann auch Russland teilnimmt. Rasche Erfolge auf dem Weg zu einem Ende des Krieges werden nicht erwartet.
Der Papst gibt ein Debüt und spricht über KI
Beim Gipfel in Italien demonstrierten die G7-Staaten Geschlossenheit gegen Putin und in der Absicht, die Ukraine weiter im Abwehrkampf gegen Russland zu unterstützen. Der Krieg dominierte den ersten Gipfeltag, am Freitag rückten andere Themen wie die schwierigen Beziehungen zu China und wirtschaftliche Sicherheit sowie Migration in den Blick. In dem Luxusresort «Borgo Egnazia» an der süditalienischen Adria-Küste landete zudem ein historischer Besucher: Papst Franziskus nahm als erster Papst in fast 50 Jahren G7-Geschichte an einem Treffen der Runde teil.
Das Kirchenoberhaupt von mehr als 1,3 Milliarden Katholiken mahnte Staats- und Regierungschefs der G7-Staatengruppe und anderer Länder zum vorsichtigen Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI). Franziskus sagte, einerseits begeistere KI wegen ihrer Möglichkeiten, andererseits flöße sie wegen ihrer Gefahren Angst ein. «Es liegt an allen, sie sinnvoll zu nutzen», sagte der Papst. «Und es kommt der Politik zu, die Bedingungen dafür zu schaffen, dass eine solche positive Nutzung möglich und fruchtbar ist.»
Umstrittenes Thema Abtreibung
Heute wurde auch die Gipfelerklärung offiziell verabschiedet. Gastgeberin Giorgia Meloni hatte bereits gestern verkündet, dass man sich geeinigt habe. Die italienische Regierungschefin war es allerdings, die verhinderte, dass die Gruppe in ihrer Erklärung ein klares Bekenntnis zum Recht auf Abtreibung erneuerte. Nun wird lediglich betont, dass Frauen das Recht auf angemessene Gesundheitsdienste habe. Die G7 äußern die allgemeine Absicht, «sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte» (SRGR) fördern zu wollen. Unter reproduktiven Rechten wird dabei beispielsweise verstanden, dass Frauen selbst darüber entscheiden können, wann sie Kinder haben wollen. Das Wort Abtreibung taucht explizit nicht auf.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte sein Bedauern. Sein Land hatte das Recht auf Abtreibung und die Freiheit, über den eigenen Körper zu verfügen, kürzlich in die Verfassung aufgenommen.
Schärferer Ton gegenüber China
Die G7-Staaten richteten schärfere Worte in Richtung China - zum einen als Freund Russlands, zum anderen als schwieriger Wirtschaftspartner des Westens. China müsse die Lieferung von Gütern an Russland einstellen, die auch für militärische Zwecke genutzt werden können, so eine Forderung. Denn die Unterstützung der russischen Verteidigungsindustrie ermögliche es Moskau, seinen illegalen Krieg in der Ukraine fortzusetzen, und habe damit auch erhebliche und weitreichende sicherheitspolitische Folgen.
Zudem werfen die G7 China vor, mit wettbewerbsfeindlichen Praktiken wie Subventionen Überkapazitäten zu schaffen und den Wettbewerb zu verzerren. Dies gefährde die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in den G7-Staaten, auch Arbeitsplätze. China werden indirekt auch weitere Strafzölle angedroht.
«Happy Birthday» Kanzler
Für Bundeskanzler Scholz nahm die schwierige Woche nach dem Europawahl-Ergebnis für seine SPD eine versöhnliche Wendung. Seine G7-Kollegen feierten ihn zu seinem 66. Geburtstag. Einige von ihnen stimmten «Happy Birthday» an.