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Pistorius warnt vor hybrider Gefahr aus Moskau

Die Vereinten Nationen in New York bieten eine Bühne, auf der die Ukraine und Russland öffentlich streiten. Präsident Selenskyj schickt einen Diplomaten dorthin, der in Deutschland gut bekannt ist.
Verteidigungsminister Boris Pistorius mit VR-Brille
Ukrainischer Diplomat Andrij Melnyk
Ukraine-Krieg - CIA-Direktor Burns bei Selenskyj in Kiew

Verteidigungsminister Boris Pistorius warnt vor einer hybriden Bedrohung Deutschlands durch mehr oder minder verdeckte russische Kriegsführung auf Geheiß von Kremlchef Wladimir Putin. «Putin greift hybride an, und Deutschland ist dabei besonders im Fokus. Er kennt uns gut, Putin weiß, wie er Nadelstiche bei uns setzen muss», sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe. 

Das Bundesverteidigungsministerium definiert hybride Kriegsführung als «Kombination aus klassischen Militäreinsätzen, wirtschaftlichem Druck, Computerangriffen bis hin zu Propaganda in den Medien und sozialen Netzwerken». Ziel der Angreifer sei es, «nicht nur Schaden anzurichten, sondern insbesondere Gesellschaften zu destabilisieren und die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Offene pluralistische und demokratische Gesellschaften bieten hierfür viele Angriffsflächen und sind somit leicht verwundbar.»

Pistorius betonte, es sei wichtig, dass sich Deutschland hierfür wappne. «Wir müssen uns vorbereiten, um uns Putins Bedrohung selbstbewusst entgegenstellen zu können. Wenn wir die Bedrohung ignorieren, weil sie uns Unbehagen bereitet, wird sie nicht kleiner, sondern größer.» Es gehe um Angriffe auf Infrastruktur und Energieversorgung, um Aktivitäten in Nord- und Ostsee sowie Regelverstöße im Luftraum. 

«Hinzu kommen Kampagnen in den sozialen Medien, die Beeinflussung von Wahlkämpfen und die Finanzierung von Stimmen, die wie AfD und BSW behaupten, uns ginge es nicht um den eigenen Schutz, sondern wir würden auf einen Krieg mit Russland zusteuern», sage Pistorius. Das gehöre alles zu Putins Strategie, unsere Gesellschaft zu verunsichern und auseinanderzutreiben. «Wir müssen alles dafür tun, um zu verhindern, dass Putins Strategie aufgeht.»

Selenskyj droht mit Vergeltungsangriffen auf russisches Gebiet

Russlands seit fast drei Jahren andauernder Angriffskrieg gegen die Ukraine ging unterdessen mit nächtlichen Luftangriffen weiter. Die ukrainische Luftwaffe ortete in der Nacht auf Sonntag zahlreiche russische Kampfdrohnen am Himmel. Russische Flugzeuge warfen Gleitbomben auf die Gebiete Donezk und Cherson ab. Der ukrainische Generalstab berichtete von vielen Gefechten entlang der Front in der Ukraine. Im russischen Grenzgebiet Kursk versuchten die Moskauer Truppen mit aller Macht, die ukrainischen Soldaten zu vertreiben.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj drohte mit weiteren Attacken auf Militäreinrichtungen in Russland als Vergeltung für russische Luftangriffe. «Wir werden auf jeden Fall weiterhin russische militärische Ziele mit Drohnen und Raketen angreifen», sagte er in einer Videoansprache. Dabei setze die Ukraine mehr und mehr selbst produzierte Waffen ein. Es gehe gegen «die Militärbasen, die russische militärische Infrastruktur, die für diesen Terror gegen unser Volk genutzt wird».

Mit Terror meinte er die jüngsten russischen Luftangriffe auf Kiew, Cherson und andere Städte. In der vergangenen Woche habe Russland mehr als 550 Gleitbomben, fast 550 Kampfdrohnen und mehr als 20 Raketen verschiedener Typen gegen die Ukraine eingesetzt, schrieb Selenskyj im sozialen Netzwerk X.

Ukrainische Drohnen trafen am Samstag Wohnhäuser in der russischen Millionenstadt Kasan, etwa 1100 Kilometer von der Ukraine entfernt. Im westrussischen Gebiet Orjol habe ein Drohnenschwarm eine Treibstoffanlage in Brand gesetzt, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass in der Nacht zu Sonntag. Weitere Drohnen seien über der Region Brjansk abgeschossen worden, bevor sie Schaden anrichten konnten, hieß es unter Berufung auf die Regionalverwaltung. Die Angaben beider Kriegsparteien lassen sich in der Regel kaum unabhängig überprüfen.

Freundliche Worte für CIA-Chef Burns in Kiew 

Selenskyj empfing in Kiew den scheidenden Direktor des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, und dankte ihm für seine Unterstützung. «Wir werden uns sicher wiedersehen, und wir werden bestimmt sehen, dass dieser Krieg mit einem echten und dauerhaften Frieden endet», schrieb der Präsident am Samstag auf der Plattform X. 

Der Spitzendiplomat Burns (68) hat in den USA unter demokratischen und republikanischen Regierungen gedient - unter anderem als Botschafter in Russland und als Vizeaußenminister. Als CIA-Chef besuchte er im November 2021 Moskau und kam mit der Überzeugung zurück, dass Putin die Ukraine angreifen werde. Erkenntnisse der USA über den russischen Truppenaufbau halfen Kiew, auf den Einmarsch im Februar 2022 vorbereitet zu sein. Auch für die spätere Verteidigung des Landes gegen die russische Invasion waren und sind die Geheimdiensterkenntnisse der USA essenziell.

Botschafter Melnyk vertritt Ukraine bei UN

Der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, soll neuer Vertreter seines Landes bei den Vereinten Nationen in New York werden. Selenskyj gab die Versetzung des derzeitigen Botschafters in Brasilien bekannt, der den bisherigen UN-Vertreter Serhij Kyslyzja ablösen wird.

Als Botschafter in Berlin hatte Melnyk die Bundesregierung ungewöhnlich offen und scharf kritisiert wegen der seiner Meinung nach zu zögerlichen Waffenhilfe im Abwehrkampf gegen Russland. Im Oktober 2022 kehrte er nach Kiew zurück und wurde Vizeaußenminister. Im Juni 2023 wechselte er dann als Botschafter nach Brasilien. In New York wird der scharfzüngige Diplomat unter anderem auf den russischen UN-Botschafter Wassili Nebensja treffen.

© dpa
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