Rund sechs Wochen vor seiner Amtseinführung hat der designierte US-Präsident Donald Trump Gespräche über die Zukunft der Ukraine aufgenommen. Trump meldete sich mit einem Besuch in Paris auf der Weltbühne zurück und kam im Élysée-Palast mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zusammen, um über das Schicksal des von Russland angegriffenen Landes zu reden. Danach forderte er eine Waffenruhe in dem Konflikt und rief Kremlchef Wladimir Putin direkt zum Handeln auf.
Trump wird am 20. Januar als neuer US-Präsident vereidigt. Der Besuch in Frankreich - anlässlich der Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame - war seine erste Auslandsreise seit dem Wahlsieg. Macron empfing ihn in Paris mit einigem Pomp, der sonst amtierenden Staats- und Regierungschefs vorbehalten ist. Trump und Macron setzten sich im Élysée-Palast zunächst zu zweit zusammen, bevor später Selenskyj dazustieß. Selenskyj bezeichnete das - zuvor nicht offiziell angekündigte - Dreier-Treffen als produktiv und gut.
Appell an «Wladimir»
Nach dem Gespräch forderte Trump ein Ende der Kämpfe zwischen der Ukraine und Russland. «Es sollte eine sofortige Waffenruhe geben und Verhandlungen sollten beginnen», schrieb der Republikaner auf der Plattform Truth Social. Russland sei durch große Verluste in der Ukraine in einem «geschwächten Zustand». Auch Selenskyj und die Ukraine wollten eine Einigung, um den «Wahnsinn» zu stoppen. «Ich kenne Wladimir gut», schrieb Trump mit Blick auf den Kremlchef. «Jetzt ist seine Zeit zum Handeln gekommen.» China könne dabei helfen, schob er nach - in Anspielung auf die engen Bünde zwischen Peking und Moskau. «Die Welt wartet!»
Trump brüstet sich regelmäßig mit seinen guten Kontakten zu Putin. Im Präsidentschaftswahlkampf hatte er wiederholt behauptet, er könne den Ukraine-Krieg binnen 24 Stunden beenden, möglichst noch vor seinem Amtsantritt. Wie, das verriet er nicht.
In der Ukraine ist die Angst groß, dass Trump nach seiner Vereidigung die US-Militärhilfe für das von Russland angegriffene Land drastisch zurückfahren und Kiew so eine Niederlage bescheren könnte. Noch sind die USA der wichtigste Unterstützer und größte Waffenlieferant der Ukraine. Auch in vielen EU-Staaten wird befürchtet, dass Trump eine unausgewogene Regelung für eine Waffenruhe durchsetzen könnte, die Russland und Putin faktisch als Sieger des Angriffskriegs dastehen lassen könnte.
Selenskyj: Putin fürchtet Amerika
Der ukrainische Präsident schrieb nach dem Treffen mit Trump auf der Plattform X, sein Land brauche einen sicheren und stabilen Frieden, der es Russland nicht erlaube, erneut anzugreifen. Dafür seien «effektive Garantien» nötig. Die Ukrainer wollten mehr als jeder andere Frieden. Der Krieg könne aber nicht einfach mit einem Stück Papier und ein paar Unterschriften beendet werden, mahnte er. Eine Waffenruhe ohne Garantien könne jederzeit aufgekündigt werden. Putin sei nur durch Stärke aufzuhalten. «Das Einzige, was er fürchtet, sind Amerika und die globale Einheit.»
Reaktion aus Moskau
Die russische Regierung reagierte zurückhaltend. «Präsident Putin hat wiederholt erklärt, dass Russland für Verhandlungen über die Ukraine offen ist und Friedensinitiativen begrüßt», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. So hätten etwa China, Indien, Brasilien und Südafrika und auch die Vereinigten Arabischen Emiraten, Katar und Saudi-Arabien Vorschläge gemacht. Russland habe immer wieder die Bedingungen für ein Ende der Kampfhandlungen genannt. Allerdings müsse Selenskyj sein eigenes Dekret aufheben, das jedwede Verhandlungen mit Russland untersage.
Neues Militärpaket der Biden-Regierung
Die Regierung des scheidenden US-Präsidenten Joe Biden kündigte parallel ein neues gewaltiges Paket mit Militärausrüstung für die Ukraine an - im Umfang von rund 988 Millionen US-Dollar (rund 935 Millionen Euro). Bidens Team ist bemüht, alle bereits vom Kongress gebilligten Mittel kurz vor dem Machtwechsel in Washington noch an Kiew zu übermitteln, bevor Trump im Januar einen neuen Kurs gegenüber der Ukraine einschlagen dürfte.
Buhlen um Trumps Gunst
Auch andere bauen vor für Trumps baldige Rückkehr an die Macht. Der französische Präsident rollte dem Republikaner in Paris den roten Teppich aus und nahm ihn mit einigem Pomp an seinem Amtssitz in Empfang. Das ist ungewöhnlich für ein Treffen mit einem Kollegen, der noch nicht im Amt ist.
Während Trumps erster Amtszeit hatte sich Macron auffallend um eine gute Beziehung zu dem Republikaner bemüht - trotz aller politischer Meinungsverschiedenheiten. Auch nach dessen Wiederwahl ist Macron nun vorn dabei, wenn es darum geht, sich mit Trump gut zu stellen. Für die Europäer steht durch Trumps Rückkehr an die Macht auch sonst viel auf dem Spiel: etwa beim Handel oder Klimaschutz.
Die Notre-Dame-Feierlichkeiten
Am Samstagabend nahmen Macron und Trump - wie auch Selenskyj und diverse andere Staats- und Regierungschefs - an der feierlichen Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame teil. Biden war nicht dort, stattdessen aber seine Ehefrau Jill.
Trump traf sich in Paris auch mit dem britischen Thronfolger Prinz William, der ebenso angereist war wie Vertreter anderer Königshäuser. Der künftige US-Präsident, dem Faszination für protokollarischen Pomp und royalen Glanz nachgesagt wird, fühlte sich zurück im Rampenlicht sichtlich wohl.