Anderthalb Monate vor seiner Amtseinführung macht der designierte US-Präsident Donald Trump an diesem Wochenende seine erste Auslandsreise seit dem Wahlsieg und besucht Frankreich. Auf Einladung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron wird Trump am Samstagabend in Paris bei der feierlichen Wiedereröffnung der Kathedrale Notre-Dame erwartet. Bereits am Nachmittag wollen sich Macron und Trump im Élysée-Palast für ein bilaterales Gespräch zusammensetzen, wie die französische Seite ankündigte. Im Anschluss wolle Macron dort auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj empfangen.
Die politischen Gespräche
Trumps Anwesenheit bei der Notre-Dame-Zeremonie und die politischen Gespräche am Rande dürften viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ob Handel, Klimaschutz oder Sicherheit: In Europa weiß man sehr genau, wie dramatisch Trump die transatlantischen Beziehungen verändern kann. Noch dazu fällt der Besuch mit einer innenpolitischen Krise in Frankreich zusammen, die Macron erheblich unter Druck setzt. Ob Trump den Besuch in Paris für separate Treffen mit anderen Staats- und Regierungschefs nutzen wird, ist offen. Denkbar wäre etwa, dass er und Macron sich gemeinsam mit Selenskyj zusammensetzen.
Trump hatte im Präsidentschaftswahlkampf wiederholt behauptet, er könne den russischen Angriffskrieg in der Ukraine binnen 24 Stunden beenden - auch dank seiner guten Kontakte zu Russlands Präsident Wladimir Putin. Er brüstete sich bei einer Kundgebung sogar damit, er könne den Konflikt sogar noch vor seinem Amtsantritt beilegen. Wie - das sagte er nicht. Im Wahlkampf signalisierte Trump, dass er im Fall einer Wiederwahl die - bisher gewaltige - Unterstützung der USA mit militärischer Ausrüstung für die Ukraine drastisch zurückfahren oder ganz einstellen würde. Doch lässt er seinen Worten auch Taten folgen?
Die Notre-Dame-Feierlichkeiten
Am 20. Januar wird Trump als Präsident vereidigt und übernimmt die Amtsgeschäfte von Joe Biden. Der Demokrat wird bei der Notre-Dame-Wiedereröffnung nicht erwartet - wohl aber dessen Ehefrau, First Lady Jill Biden. Bei der Eröffnungsfeier am Samstagabend sind auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Großbritanniens Thronfolger Prinz William, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie etliche Staats- und Regierungschefs aus anderen Ländern dabei - darunter die Könige von Marokko und Jordanien, Mohammed VI. und Abdullah II..
Die Kathedrale war bei einem Brand vor fünf Jahren schwer beschädigt und seither saniert worden. Für Macron ist die Wiedereröffnung des Pariser Wahrzeichens ein Höhepunkt seiner inzwischen siebenjährigen Amtszeit. Als der Präsident nach der Brandkatastrophe den Wiederaufbau der Notre-Dame binnen fünf Jahren versprach, hatten viele das für unmöglich gehalten. Bei der national bedeutenden Feier zur Wiedereröffnung auch gleich den künftigen US-Präsidenten zu empfangen, dürfte Macron als besonderen Coup verstehen.
Die politische Krise in Frankreich
Trump trifft nun aber inmitten einer politischen Krise in Frankreich ein, die auch Macron in die Bredouille bringt. Im Streit um einen Sparhaushalt stürzte die Opposition am Mittwochabend die Mitte-Rechts-Regierung des bisherigen Premierministers Michel Barnier. Teile der Opposition fordern seitdem auch Macrons Rücktritt. Nun will der Präsident im Eiltempo einen neuen Premier installieren, der mit den zerstrittenen Lagern im Parlament eine neue Regierung aufstellen muss.
Buhlen um Trumps Gunst
Während Trumps erster Amtszeit hatte sich Macron auffallend um eine gute Beziehung zu dem Republikaner bemüht - allen politischen Meinungsverschiedenheiten zum Trotz. Dabei inszenierte sich der Franzose öffentlich als starker europäischer Gegenpart des wohl mächtigsten Mannes der Welt. Auch nach dessen Wiederwahl ist Macron nun vorn dabei, wenn es darum, sich mit Trump gut zu stellen.
Seit dessen Sieg bei der Präsidentenwahl Anfang November bemühen sich Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, den Kontakt zu Trump wieder aufzubauen, nachdem dieser in seiner ersten Amtszeit außenpolitisch große Verwerfungen ausgelöst hatte. Spitzenvertreter mancher Staaten - wie zuletzt der kanadische Premierminister Justin Trudeau - wurden auch persönlich in Trumps Anwesen Mar-a-Lago im US-Bundesstaat Florida vorstellig.