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Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Monatelang gingen wegen einer innenpolitischen Blockade in den USA keine amerikanischen Waffen an die Ukraine. Das hatte Folgen auf dem Schlachtfeld. Die News im Überblick.
Selenskyj und Biden
Joe Biden und Wolodymyr Selenskyj bei einem Treffen in Paris. © Evan Vucci/AP

US-Präsident Joe Biden hat sich bei seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj für den monatelangen Stopp von Waffenlieferungen aus den USA entschuldigt. Er bitte um Verzeihung für die lange Ungewissheit über weitere Hilfen, sagte Biden bei einem Treffen mit Selenskyj in Paris. Beide befinden sich derzeit zu mehrtägigen Besuchen in Frankreich. Biden kündigte ein neues Militärpaket für Kiew im Umfang von 225 Millionen Dollar (rund 208 Millionen Euro) an und versicherte Selenskyj, Amerika werde die Ukraine «nicht im Stich lassen».

Mit Blick auf die lange innenpolitische Blockade der US-Finanzhilfen für Kiew sagte Biden, einige «sehr konservative» Abgeordnete hätten diese im Parlament aufgehalten. Aber inzwischen sei das Problem gelöst. Die Ukraine sei ein «Bollwerk» gegen die Aggression Russlands, und die USA hätten eine Verpflichtung, Kiew zu unterstützen. «Ich versichere Ihnen, die Vereinigten Staaten werden an Ihrer Seite stehen», betonte er. «Wir sind voll und ganz dabei.»

Die USA sind der wichtigste Verbündete und größte Waffenlieferant Kiews. Nach Angaben des Pentagons haben die USA der Ukraine seit Kriegsbeginn militärische Hilfe im Umfang von mehr als 51 Milliarden Dollar bereitgestellt oder zugesagt.

Das neue Militärpaket, das Biden in Paris ankündigte, beinhaltet nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums unter anderem Raketen für Hawk-Flugabwehrsysteme, Munition für die Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars sowie Stinger-Flugabwehrraketen und Artilleriemunition mit den Kalibern 155 und 105 Millimeter. Die USA sind derzeit vor allem bemüht, die Luftabwehr der Ukraine zu stärken und das Land nach der Lieferpause schnell mit neuer Munition zu versorgen. Die Mittel aus diesem Paket, wie auch aus vielen anderen, kommen aus den eigenen Beständen des US-Militärs, um die Lieferung zu beschleunigen.

Neue Kampfjets für die Ukraine

Bei seinem Besuch in Frankreich anlässlich der Gedenkfeiern zur Landung der Alliierten in der Normandie vor 80 Jahren hat Sekenskyj neue Zusagen für die Lieferung von Kampfjets erhalten. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kündigte am Donnerstagabend in einem Fernsehinterview in Caen an, der Ukraine Mirage-Kampfjets zu überlassen. Wie viele Jets des Typs Mirage 2000-5 das von Russland angegriffene Land erhalten werde, teilte er zunächst nicht mit. Man sei dabei, eine Koalition mit Partnern zu bilden. Die Kampfjets sollten es der Ukraine ermöglichen, ihren Boden und Luftraum zu schützen, sagte Macron den Sendern TF1 und France 2. Der französische Staatschef kündigte zudem an, ab dem Sommer würden ukrainische Piloten ausgebildet. Auch eine Brigade mit 4500 ukrainischen Soldaten wolle man schulen.

Die Mirage-Kampfflugzeuge sind in die Jahre gekommen und sollen nach und nach durch die neueren Rafale-Jets ersetzt werden. Die Fertigung der Mirage-Jets begann Anfang der 1980er Jahre, es folgten verschieden Versionen des Fliegers. Die Mirage 2000-5, von denen nun mehrere Maschinen an die Ukraine geliefert werden sollen, galt als eines der besten Mehrzweckkampfflugzeuge der 90er Jahre. Sie können von der Ukraine unter anderem für den Einsatz der französisch/britischen Marschflugkörper des Typs Scalp/Storm Shadow verwendet werden. Diese werden bisher von umgebauten Suchoi 24 sowjetischer Bauart abgefeuert und haben eine Reichweite von etwa 290 Kilometern.

Frankreich berät zudem mit Partnern über die Entsendung von Militärausbildern in die Ukraine. «Wir wollen aus Gründen der Effizienz eine Koalition haben und mehrere unserer Partner haben bereits ihre Zustimmung gegeben», sagte der französische Staatschef Emmanuel Macron nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Paris. «Wir werden die kommenden Tage nutzen, um eine größtmögliche Koalition zu finalisieren, die berufen ist, auf die Bitte der Ukraine einzugehen.» Macron betonte, diese Bitte sei legitim. Es sei unter gewissen Umständen deutlich effizienter und praktischer, auf ukrainischem Boden auszubilden.

«Wir befinden uns nicht im Krieg mit Russland, wir wollen keine Eskalation, aber wir wollen alles tun, was in unserer Macht steht, um der Ukraine zu helfen, Widerstand zu leisten», sagte Macron. «Ist es eine Eskalation, wenn die Ukraine uns bittet, mobilisierte Soldaten auf ihrem Boden auszubilden? Nein, das bedeutet nicht, Menschen, europäische oder verbündete Soldaten an der Frontlinie einzusetzen», sagte Macron.

Putin: Russland denkt nicht über Atomschlag nach

Russland denkt nach Worten von Präsident Wladimir Putin im Konflikt mit dem Westen wegen der Ukraine nicht über einen Atomschlag nach. Sein Land werde Nuklearwaffen nur in Extremsituationen einsetzen, aber diese gebe es bislang nicht, sagte Putin beim Internationalen Wirtschaftsforum in der russischen Ostsee-Metropole St. Petersburg. «Wir haben keine Notwendigkeit, über das Thema nachzudenken.» Russland könnte Atomtests unternehmen, aber auch dafür gebe es einstweilen keine Notwendigkeit. Der Kremlchef sagte indes, dass die russische Nukleardoktrin ein «lebendiges Instrument» sei, das sich entsprechend der Umstände ändern könne.

Man solle nicht ohne Not von Atomkrieg sprechen, sagte Putin und stellte sich damit als besonnen dar im Gegensatz zum Moderator der Diskussion, Sergej Karaganow. Der altgediente russische Politikexperte hat in der Vergangenheit für einen Atomschlag Russlands geworben, um den Westen stärker abzuschrecken. Bei der Veranstaltung versuchte Karaganow erneut, den Kremlchef in diese Richtung zu drängen.

Einen großen nuklearen Schlagabtausch mit den USA werde es seiner Meinung nach nicht geben, sagte Putin. Er zog aber den US-Atomschirm für die europäischen Verbündeten in Zweifel: Die USA würden sich kaum in einen strategischen Atomkrieg verwickeln lassen als Antwort auf russische Zweitschläge gegen Europa, sagte der Kremlchef.

In der Ukraine werde Russland seine Kriegsziele durch ein langsames, geplantes Vorrücken erreichen, sagte Putin. Ein schnellerer Vormarsch würde das Leben russischer Soldaten riskieren. In dem Angriffskrieg seit mehr als zwei Jahren hat Moskau aber mehrfach durch den Hinweis auf sein Atompotenzial versucht, westliche Staaten von einer Unterstützung der Ukraine abzuhalten. Putin wiederholte seine Drohung, als Reaktion auf westliche Waffenhilfe an die Ukraine russische Waffen an anti-westliche Staaten zu liefern.

Ukrainischer Angriff auf Luhansk: Russland meldet Tote

Auf die von Russland besetzte ostukrainische Großstadt Luhansk gab es übereinstimmenden Berichten zufolge einen größeren Angriff der ukrainischen Armee. Laut dem ukrainischen Gouverneur des Luhansker Gebiets, Artem Lyssohor, galt der Beschuss Kasernen und Depots auf dem Gelände der ehemaligen Militärfliegerschule im Osten der Stadt sowie einem Treibstofflager. Zunächst nicht überprüfbar waren russische Angaben, denen zufolge dadurch mindestens drei Zivilisten getötet und mehr als 30 verletzt wurden. Der ukrainische Gouverneur schrieb, zivile Opfer seien ausschließlich auf den Einsatz der russischen Flugabwehr über der Stadt zurückzuführen.

Das russische Militär hat eigenen Angaben nach vier von fünf Raketen aus US-amerikanischer Produktion abgefangen. Auch das war nicht unabhängig verifizierbar. Luhansk liegt gut 80 Kilometer von der Frontlinie entfernt.

Dutzende Drohnenangriffe auf Ukraine

Russland griff die Ukraine nach Angaben aus Kiew in der Nacht mit 53 Kampfdrohnen und fünf Marschflugkörpern an. Die Marschflugkörper sowie 48 Drohnen hätten zwar von der Luftverteidigung abgeschossen werden können, teilte die ukrainische Luftwaffe am Morgen auf Telegram mit. Doch nahe der Hauptstadt brach dennoch ein Brand in einer Industrieanlage aus. Auch am Vormittag dauerten die Löscharbeiten weiter an, wie der Zivilschutz mitteilte. Über mögliche Opfer war zunächst nichts bekannt.

Neben Kiew waren unter anderem auch die Regionen Odessa, Dnipropetrowsk und Cherson von den nächtlichen Angriffen betroffen.

© dpa
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