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Mittelstädts Märchen: Viel mehr als Wein- und Ungarn-Experte

Maximilian Mittelstädt galt in Berlin als Synonym für Mittelmaß. Seine Entwicklung in Stuttgart ist ein Glücksfall auch für den Bundestrainer. Der Problemlöser steht vor einem besonderen EM-Heimspiel.
Maximilian Mittelstädt
Die jahrelange DFB-Baustelle auf der linken Außenbahn ist mit Mittelstädt derzeit behoben. © Tom Weller/dpa

Mit bestem ungarischen Rotwein kennt sich Maximilian Mittelstädt jetzt aus. «Eine sehr, sehr gute Flasche», habe er ausgesucht und seinem ehemaligen Trainer und langjährigen Förderer Pal Dardai als Dank nach Berlin gebracht, erzählte er im Teamcamp der Fußball-Nationalmannschaft. «Ganz hervorragend» habe der edle Tropfen geschmeckt, antwortete der für Rotwein - und Zigarren-Genuss - bekannte ungarische Ex-Coach aus der Hauptstadt. 

Weitere Geschenke können im Hause Dardai am Mittwoch nicht erwartet werden. Mittelstädt muss die Ungarn-Beziehungen vor seinem ganz persönlichen EM-Heimspiel in Stuttgart (18.00 Uhr/ARD/Magenta TV) gegen die Magyaren ruhen lassen. Dardai wird als Tribünengast seinen Sohn Marton beim Gegner anfeuern und nicht seinen Fußball-Zögling Mittelstädt. 

Für die deutsche Nationalmannschaft geht es um den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale. Für Mittelstädt geht es darum, in seiner neuen schwäbischen Heimat der unglaublich anmutenden Story ein Kapitel hinzuzufügen. In zwölf Monaten vom traurigen Berliner Bundesliga-Absteiger zu - laut Bundestrainer Julian Nagelsmann - einem der international vier besten linken Außenverteidiger. 

Entwicklung «ein Wahnsinn»

Wie geht das? «Es ist schon Wahnsinn, wie schnell sich alles entwickeln kann. Ich habe auch hart dafür gearbeitet, auch in den Jahren, als es nicht so lief. Ich habe nicht daran gezweifelt, dass ich die Qualität habe. Ich habe immer an mich geglaubt», erzählte Mittelstädt. 

Zum Abschlusstraining am Dienstag kam Mittelstädt in seinen neongelben Laufschuhen an der Seite von Chris Führich und Waldemar Anton. Deniz Undav ist der vierte Stuttgarter im EM-Kader. Das Quartett ist der Beleg für den kollektiven Stuttgarter Aufschwung. 

Zwei Flaschen Wein mit VfB-Logo suchte Mittelstädt noch für den weiteren Berliner Trainerstab aus. Auch sein jetziger Vereinscoach Sebastian Hoeneß und Nagelsmann hätten einen guten Tropfen verdient. Der eine ermöglichte die Entwicklung, der andere erkannte sie. Und Mittelstädt sieht Parallelen. «Beide sind junge, moderne Trainer, die einen guten Draht zur Mannschaft haben», sagte der 27-Jährige. Sein erfolgreicher Start im Nationaltrikot in diesem Jahr sei ihm auch durch die ähnliche Mentalität der Trainer erleichtert worden. 

Rausbolzen nicht sein Ding

«Es ist nicht nur im taktischen Bereich, sondern auch im persönlichen Bereich. Beide wollen Fußball spielen, wollen Ballbesitz haben, wollen offensiven Fußball», sagte Mittelstädt. Mit einer Taktik, in der man «nur hinten drinsteht und die Bälle rausschlägt», hätte er sich nicht so gut als Linksverteidiger im DFB-Dress eingefunden, vermutet er. 

Im März war er von Nagelsmann erstmals für die DFB-Elf berufen worden. Er überzeugte gegen Frankreich beim 2:0 als Gegenspieler von Ousmane Dembélé. Drei Tage später schoss er gegen die Niederlande beim 2:1 sein erstes Länderspieltor - und «Major Tom» erklang als Torjingle-Premiere für ihn. Interpret Tom Schilling präsentierte das Video zu Mittelstädts EM-Nominierung. «Es war eine coole Idee, ich habe mich sehr gefreut darüber.», sagte der Neu-Stuttgarter. 

Schnäppchen aus Berlin

500.000 Euro zahlte der VfB für Mittelstädt im Sommer 2023. Ein Schnäppchen, wie sich zeigen sollte. «Ein Lehrling bleibt immer Lehrling.» Das war das Gefühl, das Mittelstädt bei seinem Jugendclub hatte. In der Abstiegssaison war er auch unter Dardai oft nur noch Ersatz. 

In der Nationalmannschaft war der Mann mit dem starken linken Fuß in allen Spielen unter Nagelsmann in diesem Jahr in der Startelf. Er zeigte auch beim 5:1 gegen Schottland eine gute Leistung. Die jahrelange DFB-Baustelle links hinten ist derzeit behoben. Und Mittelstädt träumt schon von einem weiteren EM-Heimspiel. Am 14. Juli. EM-Finale im Olympiastadion. In Berlin.

© dpa ⁄ Arne Richter und Klaus Bergmann, dpa
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