Das Spiel des VfL Wolfsburg gegen den FC Bayern München ist längst der Clásico des deutschen Frauen-Fußballs. Nur die Rollen haben sich den vergangenen Jahren geändert. «Bayern ist der Favorit, ist auch in diesem Spiel der Favorit. Auch wenn ich gerne Spannung erzeugen möchte», sagte Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot. Natürlich würden seine Spielerinnen und er alles tun, um zu gewinnen. «Und trotzdem ist für mich diese Grundkonstellation komplett klar.»
Sein Bayern-Kollege Alexander Straus weist den Favoriten-Part zurück - obwohl seine Spielerinnen in der Liga seit 44 Spielen nicht verloren haben. «Irgendwann werden auch wir Probleme bekommen», sagte der Norweger. «Denn dies ist ein Sport, bei dem zwei Teams gegeneinander spielen. Wenn jeder das Ergebnis kennt, wäre das Interesse an unserem Sport viel geringer.» Es werde eine große Herausforderung sein. «Ich denke, dass sie eine großartige Mannschaft haben.»
Seit Jahren lautet die Titelfrage: Wolfsburg oder Bayern?
Die Wolfsburgerinnen und die Münchnerinnen dominieren seit mehr als zehn Jahren den deutschen Frauen-Fußball. Seit 2013 gewannen entweder der Club aus Niedersachsen oder der Verein aus dem Süden die Meisterschaft. Siebenmal lag in dieser Zeit der VfL vorn, fünfmal der FC Bayern - allein in den vergangenen vier Jahren dreimal.
Seit 2015 belegten die beiden Vereine in der Schlusstabelle abwechselnd die Plätze eins und zwei. Zudem gewannen die VfL-Fußballerinnen zehnmal nacheinander den DFB-Pokal. Auch in diesem Jahr im Finale gegen den FC Bayern.
Die Bedeutung des Spiels am Samstag (17.45 Uhr) zeigt sich nicht nur im Umzug der Wolfsburgerinnen vom AOK-Stadion in die wesentlich größere Volkswagen-Arena. Auch das Medieninteresse übersteigt das in der Frauen-Bundesliga übliche: Die ARD überträgt live, ebenso Magenta und DAZN. 17.000 Zuschauerinnen und Zuschauer erwartet der VfL Wolfsburg.
Der Druck liegt auf dem VfL
Dass Stroot sein Team als Außenseiter sieht, hat nicht nur damit zu tun, wie der FC Bayern in den vergangenen Jahren gegenüber den Wolfsburgerinnen erst auf- und sie dann überholt hat. Wie stark die Bayern-Frauen sind, bewiesen sie zuletzt am Mittwoch bei ihrem Auftakt in der Champions League mit dem 5:2 gegen den FC Arsenal aus London.
Stroots Bescheidenheit hat auch mit der aktuellen Situation des VfL zu tun. Zum Start in die Champions League gab es am Dienstag ein 0:1 bei der AS Rom. In der Bundesliga sind die Niedersächsinnen vor dem sechsten Spieltag schon fünf Zähler hinter dem Rivalen aus Bayern. Bei einer Niederlage würde der Abstand auf acht Punkte wachsen.
Einen Grund für den durchwachsenen Saisonbeginn sieht Stroot in dem veränderten Kader. «Wir befinden uns rein hierarchisch, rein führungstechnisch in einer Umbruchsaison», sagte der 35-Jährige. Hinter den Führungsspielerinnen mit Svenja Huth und Alexandra Popp müssten sich die Strukturen finden.
Die Meisterschaft werde aber nicht an den ersten Spieltagen entschieden. Das sei ein langer Weg und habe vielleicht eine andere Dynamik bekommen, «weil es nicht von vornherein so sortiert ist, wie vielleicht in den vergangenen Jahren», betonte er.
Bayern München mit anderen Möglichkeiten
Gegner FC Bayern zählt er zu den Top-Vereinen in Europa wie den FC Barcelona oder den FC Chelsea aus London - sportlich wie wirtschaftlich. Stroot nannte als Beispiel den Wechsel von Nationalspielerin Lena Oberdorf (22) von Wolfsburg nach München. «Das ist ein Transfer, den nur vier, fünf Vereine in Europa machen.»
Die Bayern hätten Möglichkeiten, Top-Spielerinnen zu halten plus Top-Spielerinnen an den Verein neu zu binden. «Das ist etwas, was der FC Bayern noch mal auf einem hohen Niveau stabilisiert hat.» Dort wolle der VfL wieder hin und die Möglichkeiten dazu entwickeln. «Da gehen wir auch nicht vom Gaspedal.» Der aktuelle Zustand sei aber nun mal so, wie er ist.
Sportlich traut er den Konkurrentinnen aus dem Süden einiges zu. «Die Bayern haben eine Mannschaft, die ins Halbfinale und sogar ins Finale der Champions League einziehen kann.» Stroot ist dennoch von seinem Team überzeugt: «Wir wissen, wir werden die Qualität haben, am Ende der Saison dort zu stehen, wo wir wollen.»