Das Statistische Bundesamt hat seine vorläufige Schätzung bestätigt: Im September sind die Verbraucherpreise mit einer Rate von 1,6 Prozent so langsam gestiegen wie seit über drei Jahren nicht mehr. Vor allem die starken Preisrückgänge bei der Energie haben dafür gesorgt, wie die Bundesbehörde berichtet. Die Zeit der starken Preiserhöhungen auf Waren und Dienstleistungen scheint damit zunächst einmal vorbei. Eine geringere Teuerung war zuletzt im Februar 2021 mit 1,5 Prozent beobachtet worden.
Das Abebben der Inflation ist grundsätzlich eine gute Nachricht für die schwache deutsche Wirtschaft und die Verbraucher, die wegen der Energiekrise und gestiegener Lebensmittelpreise langfristig an Kaufkraft verloren haben. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat mit dem Argument der sinkenden Inflation im September den Leitzins zum zweiten Mal im laufenden Jahr gesenkt. Kredite für Investitionen und Konsumausgaben sollen sich dadurch verbilligen. Auf der anderen Seite sinken die Zinsen für Guthaben.
Forderung nach weiterer Zinssenkung
In der kommenden Woche (17. Oktober) berät der EZB-Rat bei einer auswärtigen Sitzung in Slowenien über die weitere Zinspolitik. Die Ökonomin Silke Tober vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftlichen Hans-Böckler-Stiftung hält weitere Zinssenkungen für notwendig. Die geldpolitische Restriktion schwäche die Wirtschaft und verhindere erforderliche Investitionen. Bei einer sich abschwächenden Lohndynamik sei in den kommenden Monaten und auch im kommenden Jahr im Euroraum mit Inflationsraten nahe an der Zwei-Prozent-Marke zu rechnen. Bei diesem Wert sieht die EZB ihr Ziel der Preisstabilität erfüllt.
Energie ist deutlich günstiger geworden
Energieprodukte waren im September im Schnitt 7,6 Prozent günstiger als ein Jahr zuvor. Dazu gehören unter anderem Kraftstoffe, Heizöl oder Holz. Auch Strom und Erdgas waren günstiger zu haben als vor Jahresfrist. Bei den Nahrungsmitteln beobachteten die Statistiker eine Preissteigerung von 1,6 Prozent. Einzelne Produkte wie Olivenöl (+29,6 Prozent) oder Butter (29,3 Prozent) legten auch deutlich höhere Preissprünge hin. Die sogenannte Kerninflation ohne Energie und Nahrungsmittel ist auf 2,7 Prozent zurückgegangen. Sehr viel teurer als vor einem Jahr waren Dienstleistungen mit einem Plus von 3,8 Prozent. Hier spiegeln sich die vergleichsweise hohen Tarifabschlüsse für viele Berufsgruppen.
Ökonomen erwarten, dass die Inflation in Deutschland zunächst unter der Marke von zwei Prozent bleibt, aber zum Jahresende wieder anzieht. Der private Konsum ist auch eine wichtige Hoffnung für die deutsche Wirtschaft, die weiterhin in einer Rezession steckt. Am Mittwoch hatte die Bundesregierung ihre Konjunkturprognose ins Negative gesenkt. Sie rechnet nun für das laufende Jahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,2 Prozent.