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Weiter Heringsfang an Ostseeküste auf Sparflamme erlaubt

Die deutsche Ostseefischerei liegt am Boden. Fischer wie Ralph Krehl in Vorpommern entgehen nach einer EU-Entscheidung aber einem Schlag. Er klagt ohnehin weniger über die EU als über Robben.
Fischer in Norddeutschland
Fischer in Norddeutschland
Fischer in Norddeutschland
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Angler an der Förde

In Stahlbrode östlich von Stralsund ist Berufsfischer Ralph Krehl der letzte seiner Art. 26 seinen sie mal gewesen. «Jetzt bin ich alleine. Naja, wie überall.» Von ehemals 50 Tonnen erlaubter Fangmenge Hering sei ihm noch eine Tonne geblieben. «Es ist wenig.» Immerhin darf er nach einem neuen Beschluss auf EU-Ebene auch im kommenden Jahr Hering fischen. Das war bis Dienstag nicht sicher.

Während die gezielte Heringsfischerei wegen des schlechten Zustandes des Bestandes in der westlichen Ostsee weitgehend eingestellt ist, dürfen Ostseefischer mit kleinen Booten und passivem Fanggerät wie Stellnetzen Heringe noch gezielt fangen. Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, diese Ausnahme abzuschaffen. Eine Mehrheit der EU-Staaten sprach sich aber für eine Verlängerung aus. Anfang der Woche hatten sich die zuständigen EU-Minister in Luxemburg beraten.

Der Leiter des Thünen-Instituts für Ostseefischerei in Rostock, Christopher Zimmermann, sagte, man sei froh über die Verlängerung. «Froh auch deswegen, weil es biologisch gar keinen Unterschied mehr macht.» Die noch erlaubten Fangmengen seien dafür ohnehin schon zu gering. Die Abschaffung hätte ihm zufolge den Niedergang der hiesigen Küstenfischerei weiter beschleunigt.

Fischereiverband begrüßt Entscheidung

Deutschlands Fischereiminister Cem Özdemir (Grüne) erklärte, «in den Verhandlungen haben wir hart um die Zukunft unserer krisengeschüttelten Küstenfischer gekämpft und erreicht, dass ihre wirtschaftliche Grundlage erhalten bleibt». Laut Verband der Deutschen Kutter- und Küstenfischer können dank der Entscheidung wenigstens einige Betriebe bei der Versorgung regionaler Märkte ihren Beitrag leisten.

Umwelt- und Naturschutzverbände kritisierten hingegen die festgesetzten Fang- und Beifangmengen als weiterhin zu hoch. Svane Bender, Bereichsleiterin bei der Deutschen Umwelthilfe, forderte, der Umweltzustand der Ostsee müsse grundsätzlich verbessert werden. «Denn zusammen mit dem zu hohen Fischereidruck, machen den Fischen auch Verschmutzung, Sauerstoffmangel und Zerstörung von Lebensräumen zu schaffen.» 

Anzeichen für Bestandserholung bei West-Hering

Für den Dorsch, der zusammen mit dem Hering als sogenannter Brotfisch lange wichtig war für das Auskommen deutscher Ostseefischer, wurde entschieden, dass kommendes Jahr knapp 22 Prozent weniger in der westlichen Ostsee als Beifang - etwa beim Schollenfischen - in den Netzen landen darf, verglichen mit 2024. «Das spielt eigentlich auch keine Rolle mehr, weil nur ein Drittel davon überhaupt angelandet wird», sagte Zimmermann. 

Die Bestände in der Ostsee stehen wegen des Klimawandels, Überfischung und Nährstoffeinträgen stark unter Druck. Die erlaubten Fangmengen wurden in den zurückliegenden Jahren drastisch gesenkt, beziehungsweise der gezielte Fang ganz untersagt. Im Gegensatz zum Dorsch der westlichen Ostsee gibt es beim West-Hering Anzeichen einer Bestandserholung.

Sorge hat Zimmermann um den Sprottenbestand in der Ostsee. Hier sinkt die erlaubte Fangmenge um rund 30 Prozent. «So wie die Beschlüsse jetzt gefasst wurden, ist ziemlich klar, dass der Sprottenbestand im nächsten Jahr weiter überfischt wird.» Das sei aber eher ein politisches Problem, weil Russland zuletzt die Fangmengen erhöht habe, wenn die EU diese gesenkt habe.

Fischer klagen über Robben

Die ihm zugeteilte Herings-Fangmenge muss sich Krehl gut einteilen. «Jeden Tag zwei, drei Kisten vielleicht.» Wie viele Fischer hat er ein weiteres Standbein. Er betreibt einen Fischladen, wo er etwa geräucherten Fisch verkauft. Die Rohware dafür kauft er an. «Von der Fischerei, wie gesagt, kannst Du nicht leben.»

Grund der Misere sind laut Krehl aber nicht nur die Fangbeschränkungen. Er sagt sogar: «Hering ist reichlich da.» Man bekommt die Fische seiner Aussage nach aber nicht. «Seit die Robben hier sind, ist das ganz aus.» Die Meeressäuger fressen die Heringe Krehl zufolge aus seinen Stellnetzen. «Man weiß nicht, was man machen soll.»

Mit Blick auf sinkende Populationen müssten Robben oder Kormorane immer öfter zu unrecht als Sündenböcke herhalten, sagte Katharina Brundiers vom Naturschutzbund Deutschland. Das entbehre jeglicher Faktenlage. Auch die Debatte um Fangmengen sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein. «Es ist nun an der Zeit, die Scheindebatten zu beenden und für eine echte Trendwende in Nord- und Ostsee zu sorgen.» Der Nabu forderte etwa Fangmethoden, die Beifang vermeiden und wirksame Meeresschutzgebiete mit mindestens der Hälfte nutzungsfreier Fläche.

© dpa ⁄ Christopher Hirsch und Marek Majewsky, dpa
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