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Ex-Rebellenführer al-Scharaa wird Syriens Übergangspräsident

Nach dem Sturz von Baschar al-Assad stellt Syriens Übergangsregierung die Weichen für die Zukunft. Nach einer «Siegeskonferenz» werden zahlreiche Entscheidungen verkündet.
Ahmed al-Scharaa
Ahmed al-Scharaa wird Übergangspräsident in Syrien. © Mosa'ab Elshamy/AP/dpa

Nach dem Machtwechsel in Syrien ist De-facto-Herrscher Ahmed al-Scharaa zum Übergangspräsidenten ernannt worden. Wie die syrische Staatsagentur nach einem hochrangigen Treffen politischer und militärischer Funktionäre in Damaskus berichtete, soll al-Scharaa in der Übergangsphase die Aufgaben des Staatschefs übernehmen. 

Al-Scharaa, früher unter seinem Kampfnamen Abu Mohammed al-Dscholani bekannt, führte die sunnitisch-islamistische Organisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die den Sturz von Langzeit-Herrscher Baschar al-Assad maßgeblich herbeigeführt hatte. HTS ging aus der Al-Nusra-Front hervor, einem Ableger des Terrornetzwerks Al-Kaida. Der ehemalige Rebellenführer, Anfang 40, gibt sich seit dem Machtwechsel betont moderat. 

Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Sana wurde al-Scharaa beauftragt, einen legislativen Rat für die Übergangsphase zu gründen, bis eine neue Verfassung ausgearbeitet worden ist. Sana zitierte den Sprecher der Militärallianz, Hassan Abdul Ghani, die Assad im Dezember gestürzt hatte.

Folgenreiche Entscheidungen bei «Siegeskonferenz» in Damaskus

Die De-facto-Herrscher erklärten außerdem, dass sie die Verfassung von 2012 außer Kraft setzen. Das Parlament der alten Regierung wird aufgelöst, ebenso sollen die Streitkräfte neu organisiert werden. Militante Rebellengruppen sollen in die Staatsstrukturen integriert werden. «Dieser Schritt zielt darauf ab, Einheit und Stabilität zu gewährleisten», zitierte Sana den Militärsprecher Abdul Ghani.

Auch mit der alten Regierung verbundene Sicherheitsorgane werden nun offiziell aufgelöst. Die Baath-Partei des gestürzten Machthabers Assad, die ihre Arbeit in Syrien bereits eingestellt hat, sowie ihr angeschlossene Institutionen dürfen demnach nicht mehr tätig sein. 

Die Entscheidungen trafen Vertreter der früheren Aufständischen bei einer sogenannten «Siegeskonferenz». Sie erklärten den 8. Dezember, als Rebellengruppen die Hauptstadt Damaskus praktisch kampflos eingenommen hatten, zu einem neuen Nationalfeiertag.

Kurz nach Bekanntgabe der Neuerungen fuhren Autofahrer hupend durch die Straßen der Hauptstadt und feierten die Entscheidung. «Dies ist der Beginn eines neuen Syriens», sagte Fatima, die am zentralen Umajaden-Platz feierte. «Ich muss abwarten, was die neue Führung in Syrien tun wird», sagte eine Frau, die der alten Regierung nahestand. 

Hoffnung auf Neubeginn - Erwartungen an De-Facto-Herrscher

Vor mehr als acht Wochen hatte eine Rebellenallianz unter Führung der sunnitisch-islamistischen Organisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS) Assad in einer Blitzoffensive gestürzt. Die im Jahr 2011 ausgebrochenen Proteste, die schließlich in einen Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung mündeten, haben das Land bis heute tief gespalten. Dennoch verbinden viele Syrerinnen und Syrer mit dem Machtwechsel die Hoffnung auf einen Neubeginn. 

Mehr als 50 Jahre lang dominierte die Assad-Familie die Politik Syriens mit harter Hand. Baschar al-Assad, dem Russland samt seiner Familie aus humanitären Gründen Asyl gewährte, hinterlässt eine Bilanz schwerer Menschenrechtsverletzungen, darunter der Einsatz von Chemiewaffen, Fassbomben. Weiterhin gibt es Vorwürfe wegen Mord und staatlich angeordnete Folter. 

Menschenrechtler dämpften die Erwartungen an die Übergangsregierung. Sie wollen die De-facto-Herrscher an ihren Taten messen. 

Der frühere Rebellenführer al-Scharaa erklärte in einem Interview, dass die Ausarbeitung einer ersten Verfassung rund drei Jahre dauern könnte und bis zu Wahlen ein weiteres Jahr vergehen würde. 

Bei ersten Besuchen in Damaskus knüpften westliche Regierungen ihre Unterstützung für den Wiederaufbau unter anderem an den Umgang der neuen Regierung mit Minderheiten und Menschenrechten.

© dpa ⁄ Arne Bänsch und Weedah Hamzah, dpa
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