In Italien hat die rechte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit ihrer Partei Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) die Europawahl klar gewonnen. Die größte Regierungspartei kam nach einer Hochrechnung des Fernsehsenders Rai von Montagmorgen auf 28,9 Prozent - im Vergleich zur Europawahl 2019 ein Plus von mehr als 20 Punkten. Damit liegt sie deutlich vor allen anderen politischen Kräften. Auf Platz zwei landete demnach ein linkes Bündnis um die sozialdemokratische Partei PD mit 24,5 Prozent.
Meloni ließ sich in Rom von Anhängern mit «Giorgia»-Sprechchören bejubeln. «Ich bin stolz auf dieses Ergebnis», sagte sie. Mit Blick auf das schlechte Abschneiden von Regierungsparteien in anderen europäischen Staaten wie Deutschland und Frankreich fügte sie hinzu, Italien habe im Kreis der EU und in der Gruppe der sieben Industrienationen (G7) nun die «stärkste Regierung von allen». Die G7-Staats- und Regierungschefs treffen sich am Donnerstag in Italien zu ihrem alljährlichen Gipfel.
Meloni war bei der Wahl auch Spitzenkandidatin der Fratelli d'Italia, die ihre Ursprünge in der postfaschistischen Bewegung haben. Sie will aber nicht ins Europaparlament wechseln, sondern als Ministerpräsidentin in Rom bleiben. Die 47-Jährige steht seit Oktober 2022 an der Spitze einer Koalition aus drei Rechtsparteien. Mit dem jetzigen Ergebnis dürfte ihr Einfluss auf europäischer Ebene erheblich zunehmen. Dabei geht es auch um die Frage, ob Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) ihr Amt behalten kann.
Meloni-Partei festigt Macht in Dreier-Koalition
Bei der Europawahl 2019 hatten sich die Fratelli, damals noch in der Opposition, mit lediglich 6,4 Prozent zufriedengeben müssen. Mit dem jetzigen Ergebnis festigt die Meloni-Partei auch ihre Macht als weitaus stärkste Kraft der rechten Dreier-Koalition: Die beiden kleineren Partner Forza Italia - gegründet vom inzwischen verstorbenen früheren Regierungschef Silvio Berlusconi - und Lega von Vize-Ministerpräsident Matteo Salvini landeten der Hochrechnung zufolge bei 9,2 Prozent beziehungsweise 8,5 Prozent.
Die Fratelli konnten auch im Vergleich zur jüngsten Parlamentswahl (damals: 26 Prozent) ihr Ergebnis noch einmal verbessern. Meloni wertete dies als Beweis für eine gute Arbeit ihrer Regierung. «Die Wähler haben uns ihr Vertrauen bestätigt», sagte sie. Die linkspopulistische Bewegung Cinque Stelle (Fünf Sterne) unter Ex-Ministerpräsident Giuseppe Conte kommt der Hochrechnung zufolge auf 10,5 Prozent. Das links-grüne Bündnis Alleanza Verdi Sinistra erreichte demnach 6,8 Prozent. Das vorläufige amtliche Endergebnis soll am Vormittag vorliegen.
Wahlbeteiligung unter 50 Prozent
Die Wahlbeteiligung sank in Italien erstmals bei landesweiten Wahlen unter die 50-Prozent-Marke auf etwa 49,7 Prozent. Es gibt 47 Millionen Wahlberechtigte. Das Land - einer der Gründungsstaaten der EU - ist im Europaparlament mit 76 Abgeordneten vertreten. Italien war am Sonntagabend das letzte der 27 EU-Mitgliedsländer, in dem die Wahllokale schlossen. Bis um 23.00 Uhr konnten Stimmen abgegeben werden.