Der Präsident des Weltwirtschaftsforums, Borge Brende, blickt trotz der aktuellen deutschen Konjunkturflaute zuversichtlich auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. «Ich bin optimistischer für Deutschland, weil es eine industrielle Basis und Erfahrung hat», sagte Brende der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Dieses Wissen kann leicht von einem Bereich der Industrie auf neue übertragen werden. Es steckt in den Köpfen der Menschen, in den Organisationen und Institutionen.»
Deutschland galt schon einmal als kranker Mann Europas
Bereits jetzt investiere Deutschland mehr in neue Geschäftsfelder wie Halbleitertechnologien, Cloud- und Datencenter. Zudem habe das Land schon einmal vor rund 20 Jahren als kranker Mann Europas gegolten und habe daraufhin mit einer Reihe struktureller Reformen zur Wettbewerbsfähigkeit zurückgefunden.
Derzeit indes stehen die Zeichen auf Stagnation. Während die globale Wirtschaft in diesem Jahr um mehr als drei Prozent wachsen soll, haben die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Prognose für Deutschland jüngst auf 0,1 Prozent für das laufende Jahr reduziert.
Bei Investitionen nicht nachlassen
Das liege auch an den Nachwirkungen der einstigen Abhängigkeiten von russischem Gas oder dem chinesischen Markt, betonte Borge. Die Strompreise in Deutschland sind nahezu doppelt so hoch wie in den USA. «Für Industrien, die in hohem Maße auf Elektrizität als Inputfaktor angewiesen sind, ist es deshalb kurzfristig schwierig.»
Deutschland habe aber bereits etwa mit Flüssiggas Energie-Alternativen gefunden und exportiere inzwischen wieder mehr in die USA als nach China.
Gleichwohl müsse das Land aufpassen, bei den Investitionen nicht nachzulassen. Während andere Länder aufgrund hoher Schulden derzeit kaum Spielraum dafür hätten, seien die deutschen Haushaltsbeschränkungen in Form der Schuldenbremse selbst auferlegt. Das mache es schwieriger, in Infrastruktur oder Forschung und Entwicklung zu investieren oder auch Start- und Risikokapital zur Verfügung zu stellen. «Denn es besteht kein Zweifel, dass in den USA mehr Kapital für Start-ups zur Verfügung steht als bei uns in Europa.»