In der kommenden Woche könnten die Wahlen in Frankreich sich auch an der Börse auswirken. Die Veränderung der politischen Landschaft, auf die Umfragen hindeuten, hat weit über Frankreich hinausreichende Bedeutung.
«Die rechtsextreme und populistische Partei Rassemblement National (RN) unter Marine Le Pen führt in den Umfragen deutlich, während sich gleichzeitig eine starke linke Allianz formiert hat», beschreibt Metzler-Chefvolkswirt Edgar Walk die Lage. «Beide Lager wollen Reformen zurückdrehen und mehr soziale Wohltaten verteilen, was das aktuelle Defizit von etwa 5,0 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf besorgniserregende 9,0 Prozent erhöhen könnte.»
Das Misstrauen der Investoren wächst
Das würde nicht ohne Echo an den Finanzmärkten bleiben. Die Schwäche der französischen Börse und die Entwicklung am Anleihemarkt haben bereits einen Vorgeschmack geliefert. Das Misstrauen der Investoren sei gewachsen. «Diese sind - mit mehr als 50 Prozent gehaltener französischer Staatsanleihen - überwiegend ausländische Gläubiger, die bei schlechter Nachrichtenlage die Anleihen schneller abstoßen als inländische Gläubiger.» Marktverwerfungen wären daher möglich.
Doch nicht nur die Wahlen im Nachbarland sind für Turbulenzen gut. Auch die US-Präsidentschaftswahlen werfen ihre Schatten voraus. Das gilt umso mehr, als nach dem jüngsten TV-Duell die Frage nicht mehr nur «Biden oder Trump» lautet. Denn nach dem Auftritt des amtierenden US-Präsidenten, der Fragen nach seinem gesundheitlichen Zustand kräftig angeheizt hat, halten Experten einen kurzfristigen Kandidatenwechsel bei den Demokraten für nicht mehr ausgeschlossen. Hiermit aber würde in den US-Wahlkampf zusätzliche Unsicherheit geraten und damit etwas, was den Börsen normalerweise nicht gut bekommt.
Kapitalmarktstratege: Der Markt ist überkauft
Anleger könnten die Unwägbarkeiten zum Anlass nehmen, bei den heiß gelaufenen US-Technologiewerten Kasse zu machen. Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets wertet die Entwicklung beim US-Halbleiterhersteller Micron als Warnsignal. «Weiter dynamisch steigende Umsätze und Gewinne und laut Unternehmen ausverkaufte Speicherchips reichten den Investoren nicht, sie verkauften die Aktie», so Molnar. «Wenn gute Nachrichten an der Börse nicht mehr ankommen, ist der Markt überkauft.»
Damit stehen die Vorzeichen für den Dax alles andere als gut. «Nach neun Prozent Plus im ersten Halbjahr und einer bislang nur leichten Korrektur könnte es für den Markt schwer werden, sich dem Sommerloch zu entziehen», prognostizierte Molnar. «Erst recht, wenn auch an der Wall Street die Zeichen zur Abwechslung mal auf Verkauf stehen.»
Warnsignale der heimischen Wirtschaft
Hinzu kommen Warnsignale der heimischen Wirtschaft. Die Volkswirte der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) werten den jüngsten Ifo-Geschäftsklimaindex keineswegs als einmaligen Ausrutscher, sondern als schlechtes Omen. «Vermutlich ist die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal nahe der Stagnation und auch für das dritte Quartal fehlt ebenfalls die Fantasie für bessere Zeiten», so die LBBW.
Die vergangene durchwachsene Börsenwoche beendete der Dax mit Gewinnen. Die Kaufbereitschaft hielt sich aber in Grenzen: Zum Handelsschluss notierte der deutsche Leitindex noch 0,14 Prozent höher bei 18.235 Punkten, nachdem er einmal mehr an der Widerstandszone bei 18.350 Punkten gescheitert war. Auf Wochensicht verzeichnete der Dax einen Gewinn von 0,4 Prozent, wogegen die Bilanz für den Juni negativ ausfiel.
Neue Inflationsdaten nächste Woche
Für Akzente in der kommenden Woche könnten zudem Inflationsdaten zu Wochenbeginn sorgen. «Grundsätzlich bleibt der Inflationstrend in Deutschland wie im Euroraum insgesamt abwärtsgerichtet, was der EZB im weiteren Jahresverlauf weiteren Leitzinssenkungsspielraum geben sollte», merkte Robert Greil, Chefstratege der Privatbank Merck Finck, dazu an.
Auch aus den USA gibt es einige wichtige Impulsgeber. So stehen die ISM-Einkaufsmanagerindizes für Juni und das Protokoll der jüngsten Notenbanksitzung auf dem Programm. Sie dürften auf Hinweise für die künftige US-Geldpolitik abgeklopft werden, ebenso wie der wichtigste Hinweisgeber am Ende der Woche, der Arbeitsmarktbericht für Juni.